Spekulationen über Schließung

Schock für Angehörige: Regensburger Altenheim macht dicht - Strafanzeige gegen Betreiber

Svenja Strunz

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28.9.2022, 11:20 Uhr
Das Altenheim "Kursana" nahe des Regensburger Hauptbahnhofs schließt. (Symbolbild)

© Hanno Bode via www.imago-images.de Das Altenheim "Kursana" nahe des Regensburger Hauptbahnhofs schließt. (Symbolbild)

Für die Angehörigen, die ihre betagten Verwandten im Betreuten Wohnen des Kursana-Wohnheims untergebracht haben, kam die Nachricht völlig überraschend: Ein Vertreter des Konzerns Kursana teilte ihnen kurzfristig mit, dass das Heim im Castra-Regina-Center schon bald geschlossen wird.

Den Angehörigen wurde eine Frist von gerade Mal acht Wochen mitgeteilt. "Ich und auch andere Betroffene sind der Meinung, dass Bewohner und Angehörige schon längst informiert werden hätten müssen, dass das Heim unter Umständen schließen muss. Das hätte natürlich zur Folge gehabt, dass einige Bewohner beziehungsweise Angehörige schon vorsorglich einen neuen Platz gesucht hätten", betont ein Angehöriger gegenüber der Mittelbayerischen.

Große Belastung für Betroffene

Betroffene stehen nun unter großer Belastung. Sie seien „schockiert, verängstigt und tieftraurig". So zum Beispiel auch Hildegard Schüssler. Laut der BILD ist sie erst im Dezember von München ins Heim gezogen. "Ich habe mir die Wohnung neu eingerichtet. Hier habe ich Verwandte, der Mann meiner Cousine fährt mich zum Einkaufen, hier sind meine Ärzte. Wo soll ich denn jetzt hin?", klagt sie.

Auch Werner und Renate Mayer machen sich große Sorgen. Wie nur wird die Mutter in Zukunft betreut und wie soll sie die veränderten Lebensumstände verkraften? Was die Mayers am meisten stört, ist die mangelnde Kommunikation des Betreibers Kursana. Laut Renate überraschte sie die plötzliche Schließung: "Das war für uns der Horror. Seit Wochen schlafe ich fast nicht mehr vor Sorgen." Wie der BR weiter berichtet, sind die Mayers bereits bei 20 Heimen vorstellig geworden und stehen bei 16 Heimen auf der Warteliste. Offen bleibt, wo ihre Verwandte in sechs Wochen leben wird.

Die 94-jährige Jutta Seghutera und ihre Tochter erstatteten laut dem BR Anzeige gegen den Betreiber bei der Regensburger Staatsanwaltschaft. Der Vorwurf: Körperverletzung.

Außergewöhnliche Situation

Doch nicht nur die Bewohner und deren Angehörige scheinen von der aktuellen Lage nicht begeistert zu sein. Auch für den Patienten- und Pflegebeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Peter Bauer, ist die kurzfristige Schließung nicht zu akzeptieren: "An einen vergleichbaren Vorgang dieser Art kann ich mich in meiner langjährigen Tätigkeit als Sozial- und Gesundheitspolitiker und Beauftragter nicht erinnern."

Wie der BR darauf hinweist, liegt gegen den Betreiber allerdings rechtlich wenig Greifbares vor. Bauer schlägt deshalb vor: "Das zugrunde liegende Mietrecht muss auf den Prüfstand. Kündigungsfristen müssen deutlich verlängert werden". Wenn es nach dem Pflegebeauftragten geht, hat der Gesetzgeber die Pflicht, umgehend tätig zu werden.

Stadt Regensburg droht mit Verfahren

Das Problem ist, dass Pflegeheime der Heimaufsicht unterliegen und somit der Kontrolle der Stadt Regensburg. Laut dem BR habe die für Senioren zuständige Bürgermeisterin Astrid Freudenstein auch bereits Konsequenzen angekündigt. "Die Stadt werde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten, sollte Betreiber Kursana tatsächlich das Seniorenheim Ende Oktober schließen. Dann würde Kursana gegen die gesetzliche Mitteilungsfrist von sechs Monaten verstoßen". Die erhoffte abschreckende Wirkung der angedrohten Strafe zeigt sich jedoch wenig erfolgreich. "Das sind in dem Fall 10.000 Euro. Das ist natürlich jetzt nicht wirklich viel für so eine große Betreibergruppe".

Kursana äußert sich zu Schließung

Viele spekulieren um den wahren Grund der plötzlichen Schließung des Seniorenheims. Während einige glauben, dem Betreiber gehe es ums Geld, teilte Kursana auf eine erste Anfrage des BRs mit, man hätte das Heim in der Nähe des Hauptbahnhofs gerne weitergeführt. Allerdings: "Da der stationäre Wohn- und Pflegebereich der Senioreneinrichtung nicht mehr den baulichen Mindestanforderungen der Verordnung zur Ausführung des Wohnqualitätsgesetzes entspricht, wären für einen Weiterbetrieb umfangreiche Umbaumaßnahmen erforderlich gewesen, über die sich Betreiber und Verpächter nach langen Verhandlungen nicht einigen konnten. Der Verpächter möchte die Einrichtung zukünftig einer anderen Nutzung zuführen", so Kursana in einer ersten Pressemitteilung.

Auch Heimleiter Dieter Schalamon äußert sich laut der Mittelbayerischen zu der Situation: „Kursana wie auch ich persönlich bedauern diese Situation sehr, die für die Senioren und ihre Angehörigen nicht einfach ist. Für die Bewohnerinnen und Bewohner haben wir indes bereits eine gute Lösung gefunden und sorgen für neue, angemessene Unterkünfte“.

Regensburg: Große Probleme im Bereich der Pflege

Wie die Mittelbayerische bereits berichtet hat, gibt es große Probleme im Bereich der Pflege in Regensburg. Spitalmeister Wolfgang Lindner äußert sich dazu wie folgt: "Wir haben täglich zwischen fünf und zehn telefonische Anfragen von Regensburgern, die einen Heimplatz für ihre Angehörigen suchen". Und das bei gerade 78 Pflegeplätzen. Doch wie Lindner betont, hängt alles vom Personal ab: "Wenn wir nicht genügend Personal haben, dann müssen wir Betten sperren – das droht natürlich auch in anderen Pflegeheimen".

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