Gebraut wurde es in Nennslingen

Bald gibt es wieder Wendelsteiner Bier

20.6.2021, 07:00 Uhr
Bald gibt es wieder Wendelsteiner Bier

© Petra Gloßner, NN

Nach 30 Jahren Pause - seit 1990/1991 – gibt es wieder „Wendelsteiner Bier“. Davor hatte das Brauhaus Wendelstein für gut 70 Jahre den Gerstensaft gebraut und natürlich auch vermarktet. Verkauft wird das neue „Wendelsteiner Bier“ zum ersten Mal am Montag, 21. Juni, beim „Getränkeritter“, einem Getränke-Markt im Gewerbegebiet, neben der Arbeiterwohlfahrt und dem ehemaligen Rewe-Markt.

Der Start-Zeitpunkt 21. Juni ist mit Bedacht gewählt, denn in Wendelstein wird in „normalen“ Jahren Kirchweih gefeiert am Wochenende nach Johanni (24. Juni). Die Kirchweih ist abgesagt – es lebe die Kirchweih. Zumindest beim Bier. Die Wendelsteiner können sich ein Kerwa-Seidla gönnen.

Es geht Null auf Null auf

Bald gibt es wieder Wendelsteiner Bier

© Archiv: Jörg Ruthrof, NN

„Wenn sich die Sache gut entwickelt, dann gibt es im Herbst ein Dunkles und vor Weihnachten ein Bockbier“, schreibt Markus Gurnig, der das „Wendelsteiner Bier“ auf den Marktbringt. Viel verdient ist damit nicht „Reich werde ich mit der Sache sicher nicht, aber es geht wenigstens Null auf Null auf“, so Gurnig. Das Brauen und Schnapsbrennen hat er während seines Studiums, im Rahmen eines Praktikums, gelernt.

Die Rechte an der Brauerei Wendelstein konnte Gurnig vor einigen Jahren kaufen, sie waren ausgelaufen und vom Vorbesitzer nicht mehr verlängert worden. Gurnig hat jetzt die Rechte an „Brauhaus Wendelstein“ und „Wendelsteiner Bier“.

Es mangelt an Räumlichkeiten

Nun sucht Markus Gurnig eine Möglichkeit, im Dorf eine kleine Brauerei aufzubauen, aber es mangelt schlicht an Räumen. Man bräuchte einen Kühlraum, einen Lagerraum, Brauraum, Geräteraum, die üblichen Sozialräume etc. aber es findet sich nichts. Gurnig wäre sogar bereit, Geld in die Sache zu stecken. Der Markt Wendelstein hätte zwar im alten Flaschner-Anwesen durchaus Räume, die man nach Umbauen nutzen könnte, aber die Gemeinde weiß ja selbst noch nicht, was sie mit dem Gebäude macht, wenn die Wirtsleute vom Flaschner, Marion und Alfred Fruth, in Rente gehen.

Dabei wäre eine kleine Brauerei in dem Traditions-Wirtshaus Wendelsteins ein guter Weg. Markus Gurnig wäre durchaus bereit, die Kontrolle über Namensrechte abzugeben, wenn sichergestellt wäre, dass es wieder kontinuierlich Wendelsteiner Bier gibt.

Rund 20 Probesude angesetzt

Das „Wendelsteiner Bier“ hat Gurnig zusammen mit seinem Freund Jochen Löffler erschaffen. Rund 20 Probesude haben sie angesetzt, bis ein Bier herauskam, das ihnen gefiel und schmeckte. „Das ist so richtig bernsteinfarben“, schwärmt Markus Gurnig. Von alten Wendelsteiner Bier gibt es keine Rezepte mehr. Gebraut wurde beim Ritter-Bräu in Nennslingen. Der Chef, Dietmar Gloßner, hatte seine Brauanlage zur Verfügung gestellt und auch seine restliche Infrastruktur.

Verein seit Februar 2020

In Wendelstein gibt es seit Febraur 2020 den „Verein zur Erhaltung und Förderung der Wendelsteiner Hausbrauerkultur (Wenden-Bräu)“. Der Verein braut lediglich in kleinem Rahmen. Die derzeit gut 30 Mitglieder haben sich eine kleine Brauanlage besorgt und brauen nur für die Mitglieder. „Ich seh’s kritisch. Er macht genau das, was wir in unserer Satzung stehen haben“, sagt der Stellvertretende Vorsitzende Uwe Holm. Er führt den Verein zusammen mit Uwe Ursprung. Das Ziel des Vereins: „Es geht um die Vielfalt.“ Der Verein verfügt ebenfalls nicht über geeignete Räumlichkeiten.

Markus Gurnig sieht sich nicht als Konkurrenz zum Brauverein mit dem „Wenden Bier“. Er ist selbst Mitglied. „Dazu sind auch die Ansätze zu verschieden“, sagt er, „ich denke, da könnten sich sogar Synergieeffekte ergeben – zum Beispiel bei der Nutzung einer Brauanlage.“

„Projekt ist größer als ich allein“

Derzeit kann er vom Alter her noch hinlangen, doch es ist ihm daran gelegen, jemanden zu finden, der nach ihm weitermachen mag. „Ich finde das Projekt ist größer als ich allein“, sagt er, „eine Brauerei im Dorf ist schließlich auch identitätsstiftend, ein Identifikationspunkt.“

Die alte Brauerei in Wendelstein setzte auf das „Wendenmännchen“ als Image-Figur. Kaum ein Produkt des Brauhauses, das ohne den Mann mit dem Stein auf dem „Schönen Brunnen“ auskam. Auch die neue Brauerei verwendet die Figur nun als Image-Träger.

www.wendelsteiner-bier.de. Auf der Seite wird Markus Gurnig in den nächsten Tagen noch eine Bildergalerie freischalten und auch das Rezept vom „Wendelsteiner Kärwa-Seidla“ veröffentlichen. Es gibt ja genug Hobbybrauer im Dorf, vielleicht mag ja einer die Kreation nachbrauen.

Bald gibt es wieder Wendelsteiner Bier

© Archiv: Jörg Ruthrof, Original: Familie Kleiss, NN

Reichhaltige Geschichte des Brauhauses Wendelstein

Georg Andreas Ammon beantragte im Jahr 1813 die Brauerei-Konzession. Damals waren Braustättenbesitzer im Umland bis nach Pyrbaum und Roth und Lauf/Pegnitz befragt worden, die natürlich die neue Konkurrenz in ihren Antwortschreiben ablehnten. Nach Jahren erhielt er schließlich die Genehmigung, Bier in Wendelstein zu brauen.

Nach seinem Tod bleibt die Konzession in der Familie, und der Sohn begann das Bierbrauen in Wendelstein im Jahr 1818. Das erste Wendelsteiner Brauhaus ist das ehemalige Gerichtsgebäude der Reichsstadt Nürnberg. Nach der Brauerei war dort im Schatten der St.-Georgskirche, die Diakonie untergebracht.

„Brauhaus Wendelstein Lang & Maisel“

Bald gibt es wieder Wendelsteiner Bier

© Archiv: Jörg Ruthrof, NN

1908 übergab Friedrich Lang das Brauhaus an seinen Sohn und seinen Schwiegersohn. Unter dem Namen „Brauhaus Wendelstein Lang & Maisel“ wurde es bekannt. Wilhelm Maisel hatte in die Brauer-Familie Lang eingeheiratet. Bis Ende der 1960er Jahre bleibt die Brauerei eine Familien-Brauerei.

Im Laufe der Jahre 1969 bis 1973 wird die Bierherstellung auf das Areal der ehemaligen Brauerei-Keller in der Röthenbacher Straße verlagert. Neben dem Sommerkeller hat die Brauerei dort eine kleine Halle zur Reparatur von Fässern. Das nun nicht mehr genutzte Brauereigelände in der Kirchenstraße verkauft sie an die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Wendelstein.

Mehrfach neue Eigentümer

Bald gibt es wieder Wendelsteiner Bier

© Archiv: Jörg Ruthrof, NN

Die Brauerei wechselt mehrfach den Eigentümer. Wilhelm Forstner, ein Hopfenhändler aus der Hallertau, kauft sie, um einerseits zu diversifizieren und anderseits den Absatz für seinen Hopfen zu sichern. Nach seinem Tod im Jahr 1987 wird die Brauerei an die Patrizier-Brau-AG anfangs verpachtet, später verkauft. Die Patrizier-Bräu rationalisiert den betrieb und stellt schließlich 1990/1991 die Brautätigkeit ein.

Danach gab es kein „Wendelsteiner Bier“ mehr bis 2018. Der Markt Wendelstein hatte in Kooperation mit der Pyraser Landbrauerei eine Bier-Sonderedition auflegen lassen, um an die Gründung des Brauhauses Wendelstein vor 200 Jahren zu erinnern.

„Naturtrübes Wendelsteiner Hefeweißbier“

Die Weißbierbrauerei Hopf in Miesbach/Oberbayern braute bis 2019 einige Jahre ebenfalls Wendelsteiner Bier. Ihr „Naturtrübes Wendelsteiner Hefeweißbier“ verstößt heute natürlich gegen die Namensrechte, die sich die Flachland-Wendelsteiner um Markus Gurnig gesichert haben. Warum es Wendelsteiner Weißbier heißt, ist schnell erklärt. Miesbach liegt in der Region Tegernsee/Schliersee/Berg Wendelstein.

Verwandte Themen


Keine Kommentare