Aus Wendelstein: Fairtrade, bio und regional

26.10.2020, 11:38 Uhr
Aus Wendelstein: Fairtrade, bio und regional

© Foto: Norbert Wieser

"Fairtrade" oder "Fair Trade" heißt "fairer Handel" beziehungsweise "fair gehandelt". Darunter versteht man auch, dass der Hersteller eines Artikels für seine Arbeit einen fairen Lohn erhält. Es bedeutet aber auch, dass die Endverbraucher nicht ausschließlich auf den Preis schauen, sondern auch darauf, wie der Artikel hergestellt wurde.

Der Markt Wendelstein verbindet gleich drei Faktoren, nämlich "bio", "regional" und "Fair Trade". Dies bedeutet, dass ein Artikel, den der Markt Wendelstein kauft, idealerweise Bio-Qualität aufweist, in der Region hergestellt worden ist und den Ansprüchen an fairen Handel entspricht. Der Markt Wendelstein ist seit einem Jahr "Fairtrade-Gemeinde". Zeit für eine Zwischenbilanz.

Im Juni 2018 hatte der Marktgemeinderat die Verwaltung einstimmig beauftragt, die Bewerbung des Marktes Wendelstein als "Fairtrade-Gemeinde" vorzubereiten. Im Januar 2019 erfolgte im Marktgemeinderat der offizielle Beschluss für die Bewerbung als Fairtrade-Gemeinde, wiederum einstimmig. Am 14. Mai 2019 wurde die Steuerungsgruppe gegründet. Diese Steuerungsgruppe will und soll den fairen Handel ins Bewusstsein der Menschen rücken. Bürgermeister Werner Langhans ist ihr Sprecher, in der Gruppe sind Vertreter der Wendelsteiner Schulen, Kirchen und Betriebe engagiert.

Alle Kriterien erfüllt

Im Oktober 2019 wurde der Markt Wendelstein offiziell als "Fairtrade-Gemeinde" ausgezeichnet, nachdem er alle notwendigen Kriterien erfüllt hatte. Die offizielle Überreichung der Urkunde fand im Rahmen einer kleinen Feier am 17. Oktober 2019 statt. "Das ist freiwillig erfolgt", erklärt Bürgermeister Werner Langhans, "wir sind da eine Verpflichtung eingegangen. Jetzt geht’s erst richtig los. Wir bleiben dran! Es hat sich etwas entwickelt. Die Leute sind mit Begeisterung dabei."

Aus Wendelstein: Fairtrade, bio und regional

© Foto: Gunther Hess

"Fairtrade-Gemeinde" bedeutet für viele ein Umdenken. Sie müssen alte Gewohnheiten beim Einkauf ablegen. Beim Verfolgen der Fair-Trade-Ziel geht der Markt Wendelstein mit gutem Beispiel voran; er will Vorbild sein.

Die Gemeindeverwaltung hat im Rahmen ihrer "Fair-Trade"-Bemühungen für ihren Bauhof fair produzierte Arbeitskleidung angeschafft. Wendelstein war eine der ersten Gemeinden in Mittelfranken, die fair gehandelte Bauhofkleidung kaufte.

Ferner beschaffte der Markt Wendelstein fair gehandelte T-Shirts für das Jazz-and-Blues-Open. Die neuen Festival-T-Shirts und Polo-Shirts des Jazz und Blues Open haben Bio-Fairtrade-Standard. Dabei ist der Weg zu Fair Trade oft steinig und nicht immer ganz gerade, wie sich an diesem Beispiel zeigt.

Für das Festival wollte die Kulturreferentin petrolfarbene T-Shirts und Polo-Hemden. Doch die waren in Fair-Trade-Qualität nicht zu haben. Also sprach der Bürgermeister ein Machtwort und entschied, dass schwarze Fair-Trade- Bekleidung gekauft wird.Auch fair produzierte Einkaufstaschen und faire Fußbälle besitzt der Markt Wendelstein.

Einzelhandel und Kirchen dabei

Im Bereich des Marktes Wendelstein gibt es derzeit elf Einzelhandelsgeschäfte und drei Gastronomiebetriebe die fair gehandelte Waren in ihrem Sortiment haben. Bei den Kirchengemeinden spielt der Fair-Trade-Gedanke schon seit vielen Jahren eine große Rolle und wird im täglichen Handeln gelebt. Alle Schulen in Wendelstein behandeln das Thema "Fairtrade". Das Gymnasium Wendelstein ist sogar eine zertifizierte "Fairtrade-Schule".

Die neuen Markt-Wendelstein-Stofftaschen sind Fairtrade-Taschen. Sie wurden mit dem Fairtrade-Logo bedruckt. Insgesamt hat der Markt Wendelstein 2000 Taschen bestellt. Außerdem hat die Gemeinde neue Stofftaschen für Gemeindegeschenke anlässlich von Jubiläen aus Fairtrade-Stoff gekauft. Wenn jemand seinen 90. Geburtstag feiert, bekommt er darin eine Decke und ein Kissen.

Die neuen Stofflätzchen für Neugeborene wurden als "Bio-Fairtrade-Artikel" angeschafft. Insgesamt kaufte der Markt Wendelstein 250 rosa und 250 hellblaue Lätzchen.

Es gehe aber auch darum, Kunststoff-Verpackungen zu vermeiden. "Wir machen uns bis ins Einzelne Gedanken", sagt der Bürgermeister dazu. So verwende der Markt Wendelstein als Verpackung für ein Weizenglas ein Säckchen statt Plastikfolie. ",Bio’ und ,regional‘ spielt eine große Rolle". Wir nehmen deshalb Honig nicht aus Peru, sondern vom heimischen Imker", so Werner Langhans.

"Da muss noch etwas passieren"

Der Markt Wendelstein habe auch schon versucht, faire Lebkuchen für seinen Seniorennachmittag zu bekommen. Doch das sei an den Gewürzen gescheitert. "Gebt mir Gewürze", habe der Bäcker Andreas Enßer gesagt. Dazu Langhans: "Da muss noch etwas passieren." Ziel sei es, durch Wettbewerb einen Preis zu bekommen, der akzeptabel sei. Wenn der Markt Wendelstein immer wieder nach fairen Produkten frage, würden sich die Hersteller darauf einstellen.

Die "Fairtrade-Gemeinde" Wendelstein hat sich im April am Sondernewsletter der Fairen Metropolregion für die nachhaltige Beschaffung von Warnschutz- und Arbeitskleidung beteiligt und ist auf der Homepage der fairen Metropolregion bei "guten Beispielen" aufgelistet. Der Beitrag findet sich unter www.fairemetropolregionnuernberg.de/gute-beispiele.

Im Rahmen der "Fairen Woche" sollte am 12. September im Jugendtreff der Film "Tausche T-Shirt gegen Hoffnung" vorgeführt und mit einer Teilnehmerin des Filmteams diskutiert werden. Diese Veranstaltung war jedoch zu kurzfristig angekündigt worden und musste mangels Interesse abgesagt werden. Eine Wiederholung ist allerdings geplant.

Auf der gemeindlichen Homepage ist ein eigener Bereich für Fairtrade eingerichtet. Er liegt unter dem Punkt "Bauen & Umwelt". Seit neuestem gibt es dort einen Einkaufsführer mit allen Wendelsteiner Geschäften, die Fairtrade-Artikel verkaufen.

Neue Friedhofssatzung

Der jüngste und bislang letzte Baustein der Fairtrade-Bemühungen: In die neue Friedhofs- und Bestattungssatzung wurde das Verbot von Grabsteinen und Grabsteinfassungen aus Kinderarbeit aufgenommen.

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