Badhaus: Noch ein Jahr bis zur Wiederauferstehung

5.10.2019, 06:00 Uhr
Badhaus: Noch ein Jahr bis zur Wiederauferstehung

© Foto: Gunther Hess

"Das Badhaus bewegt die Gemüter", sagt Herbert May, der Leiter des Fränkischen Freilandmuseums, bei einem Pressegespräch auf der Baustelle. Er erinnerte dabei auch an den "Führungsmarathon" im März 2012, als das Badhaus in Wendelstein abgebaut wurde. Der Wiederaufbau in Bad Windsheim begann 2017.

Im Erdgeschoss Badstube

Die Bauleute des Freilandmuseums in Bad Windsheim Museums stellen das Badhaus so wieder her, wie es in der ersten Phase, um 1450 bis Mitte des 16. Jahrhunderts, ausgesehen hat. Die Bauforschung hat mittlerweile herausgefunden, dass sich in dem aus massiven Steinen (sowohl Bruchsteine als auch Quader) gemauerten Erdgeschoss die Badstube befand. Das Obergeschoss und der Raum unter dem Dach hatten damit wenig zu tun. Es gab innen nicht einmal eine Treppe, die unten und oben verbunden hätte.

Während das Untergeschoss ausschließlich dem Badebetrieb diente, war das Obergeschoss vermietet. Es gab also in dem Haus den Bader (er belegte eine der Wohnungen oben) und die "Beständner", also die Mieter. Es wohnten wohl einmal zehn bis 15 Leute in dem Badhaus. Fünf Wohneinheiten wurden nachgewiesen, drei im ersten Stock und zwei weitere darüber, unter dem Dach.

Nachgewiesen wurden auch verschiedene Handwerke in dem Haus. Ein "Paternosterer" (er stellte aus Knochen Perlen und Knöpfe her), ein Schneider, ein Kissner (Kissenmacher) und der Büttel der Gemeinde (Gemeindediener).

Drei separate Eingänge

Die drei Wohnungen im ersten Stock waren durch drei voneinander getrennte Eingänge erschlossen. Beim Wiederaufbau haben die Bauforscher herausgefunden, dass diese Eingänge früher überdacht waren. So wurde die so genannte Altane rekonstruiert.

Badhaus: Noch ein Jahr bis zur Wiederauferstehung

© Foto: Gunther Hess

Aus der Bauzeit vor 570 Jahren haben sich noch einige gotische Spitzbiber-Ziegel erhalten. Der Rest, rund 8000 Stück, wurde vom Museum neu hergestellt. Auch rund 4000 Backsteine brannten die Museumshandwerker nach. Überhaupt erfolgt die Restaurierung beziehungsweise der Wiederaufbau mit hohem handwerklichem Aufwand. So wurden insgesamt 93 Meter handgesägte Balken hergestellt. Auch den Putz haben die Handwerker selbst hergestellt – mit Kalk als Bindemittel. Die Gefache der Fassade sind mit einem Lehm-Stoh-Gemisch gefüllt. Im Erdgeschoss wurde der mächtige Unterzug und die Säulen, auf denen er ruht, rekonstruiert. Nigelnagelneu hingegen sind die Betonplatte und die weiße (wasserdichte) Wanne, auf beziehungsweise in denen das Badhaus steht.

Wenn man durch die bogenförmige Tür an der Südseite in den Badebereich tritt, kommt links zuerst der Umkleideraum, früher "Abziehstube" genannt. Schon dieser Raum ist beheizt. Links gibt es ein Zimmer, von dem die Bauforscher nicht so recht wissen, was es gewesen sein kann. Sie vermuten, dass hier der Behandlungsraum für den Bader war, denn Bader waren früher auch Wundärzte. Hier soll in einem Jahr eine Dauerausstellung über das Badewesen eingerichtet sein.

Badhaus: Noch ein Jahr bis zur Wiederauferstehung

© Foto: Gunther Hess

Das zweite Zimmer auf der rechten Seite ist das Herzstück des Bads, die Heizkammer. "Hier wurde Holz verbrannt in Massen", erklärte Museumsleiter Herbert May bei der Führung für die Presse. Das Holz sei von links durch eine Türe hereingebracht worden, nicht durch den Haupteingang. Über dem Schür-Raum befindet sich eine kreisrunde Aussparung für einen Kupferkessel, in dem man 600 Liter Wasser erhitzen kann.

Im Anschluss befindet sich in der rechten Haushälfte der Schwitzofen, auf dem die Badsteine erhitzt wurden. Das Bad war früher wohl eher das, was wir heute als Sauna bezeichnen: Man schwitzte darin ordentlich. Auch das Schröpfen wurde im Bad praktiziert. Für Wannenbäder hingegen musste man extra zahlen.

Bader waren keine Quacksalber

Die Quellenlage zum Badhaus ist gut, es hat lange dem Bürgerspital in Nürnberg gehört. Aus den Quellen können Historiker, Restauratoren und Archivforscher die komplexe Baugeschichte des Hauses nachvollziehen. So fanden sie heraus, dass bis 1840 ein Bader in dem Haus lebte. Die Bader waren auch Wundärzte. Viele von ihnen hatten umfangreiche Bibliotheken, sie waren also alles andere als Quacksalber. In einigen Dörfern Frankens gab es sogar noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts Bader, die nicht nur Haare schnitten, sondern auch Zähne zogen, Abszesse öffneten oder eingewachsene Zehennägel entfernten.

Badhaus: Noch ein Jahr bis zur Wiederauferstehung

© Foto: Gunther Hess

Viele Bader legten sich zudem eigene kleine handschriftliche Notizbüchlein an, in die sie verschiedene von ihnen gebrauchte Rezepturen für Pflaster, Salben oder Wundtränke eintrugen. Einige derartige Rezeptbücher sollen später in Auszügen in Ausstellung und Begleitband den Besuchern vorgestellt werden.

Das Badhaus ist das derzeit größte Bauprojekt im Bad Windsheimer Museum. Beim Wiederaufbau ergab sich auch manche Überraschung. So hatten die Forscher beim Abbau große Sorgen gehabt, wie sie die arg verformten Deckenbalken wieder gerade bekommen könnten. Das Problem löste sich während der Lagerung von selbst, die Verformung der Balken bildete sich zurück, sie nahmen ihre ursprüngliche Form wieder an.

Badebetrieb kam zum Erliegen

Im 16./17. Jahrhundert kam der Badebetrieb (nicht nur in Wendelstein) langsam zum Erliegen. Ursachen waren die ab 1500 immer weiter um sich greifende Syphillis (die "Franzosenkrankheit") , der immens gestiegene Holzpreis, Zerstörungen in Kriegen und die sich immer mehr durchsetzende Vorstellung von der durchlässigen Haut. Überhaupt herrschten im Mittelalter noch ganz andere Vorstellungen. Man dachte, der Körper bestehe aus den vier Säften: Schleim, Blut, gelbe und schwarze Galle.

Badforscher Ralf Rossmeissl räumte beim Pressetermin auch auf mit dem Irrglauben, dass es in Badhäusern ziemlich lasterhaft und freizügig zugegangen sei. Die Bader durften kein Essen und Trinken ausgeben, lediglich bei den zwei- bis viermal im Jahr stattfindenden "Seelbädern" für die Armen. Verkauft habe der Bader lediglich Badhüte aus Stroh. Deren Zweck ist heute völlig unklar. Die Badenden seien nicht nackt gewesen, sondern hätten die "Badehr" getragen - eine große Unterhose für den Mann, ein Umhang für die Frau.

Im ersten Stock des Badhauses befindet sich gleich an der Südseite eine "Bohlenstube", wahrscheinlich die Wohnung des Baders. Die Wände sind mit Brettern verkleidet. Den Befunden zufolge war diese Stube einmal rot gestrichen. Hier befand sich wohl auch ein Kachelofen, von denen sich Kacheln aus der Reformationszeit erhalten haben. Links, im Anschluss daran, ist die Küche dieser Wohnung, dahinter ein Schlafzimmer. Für dieses Zimmer haben die Museumshandwerker ein gotisches Bett nachgebaut.

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© Foto: Gunther Hess

Eingeputzt in eine Wand hat sich auch ein historisches Fenster gefunden. Es war dreiteilig, mit einem Teil in der Mitte, der sich zur Seite hin aufschieben ließ. 23 dieser Fenster bauen die Museumshandwerker nun nach. Bei den beiden Wohnungen im hinteren Teil ist noch eine Besonderheit zutage getreten: Die Küche zwischen den beiden Mini-Wohnungen war zweigeteilt, ein Teil für die linke Wohnung, ein Teil für die rechte.

Verkohlte Dachbalken

Die Deckenbalken im ersten Stock zeigen noch deutliche Spuren eines Brandes, der um 1540 im Badhaus wütete. Die Balken brannten zwar und wurden verkohlt, doch sie hielten noch und blieben im Haus. Es war der zweite Brand nach 1449, als das Badhaus komplett niederbrannte und wieder aufgebaut wurde.

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