Neue Bauordnung

Bauen im Raum Roth/Schwabach geht jetzt noch höher und dichter

8.2.2021, 06:00 Uhr
In Schwabach in der Kreuzwegstraße wurde vor einem halben Jahr ein Wohnhaus der Gewo-Bau fertig. Je enger die Bauabstände sein dürfen, umso mehr Platz ist für „Nachverdichtung“.

© Archiv-Foto: Günther Wilhelm In Schwabach in der Kreuzwegstraße wurde vor einem halben Jahr ein Wohnhaus der Gewo-Bau fertig. Je enger die Bauabstände sein dürfen, umso mehr Platz ist für „Nachverdichtung“.

Statt 1,0h gilt seit dem 1. Februar die Norm 0,4h. das heißt, der Abstand zwischen zwei Gebäuden muss nicht mehr so weit sein wie die Höhe des neuen Hauses, sondern nur noch 40 Prozent davon. Für die beiden Wohngebäude, die ein Investor an der Georg-Mayer-Straße nordöstlich der Rother Innenstadt mit insgesamt 44 Wohnungen bauen will, bedeutet das, dass sie deutlich enger aneinanderrücken dürfen.

"Der Antragsteller hat natürlich gewusst, dass die Bauordnung novelliert wird", schmunzelt der Rother Stadtbaumeister Wolfgang Baier. Weiterhin gelte aber der Drei-Meter-Mindestabstand der Gebäude zu Nachbargrundstücken.

So sieht der Plan für zwei geförderte Wohnhäuser in der Georg-Mayer-Straße in Roth aus. Durch die neue Bauordnung dürfen sie näher aneinanderrutschen. 

So sieht der Plan für zwei geförderte Wohnhäuser in der Georg-Mayer-Straße in Roth aus. Durch die neue Bauordnung dürfen sie näher aneinanderrutschen.  © Grafik: Stadt Roth

"Ein typisches Beispiel für Nachverdichtung", nennt er den Bauantrag, der im Bauausschuss einhellige Zustimmung findet, aber trotzdem nicht alle zufrieden macht. "Einerseits wollen wir Bebauung mit Mietwohnungen. Andererseits sind wir mit zwei so großen Blöcken auch nicht wirklich glücklich", kommentiert die Grünen-Stadträtin Jutta Scheffler.

Der Stadtbaumeister glaubt, dass die Neuregelung für die Bautätigkeit in der Stadt "noch spannend wird", denn gerade auf leerstehenden Einzelgrundstücken könne damit – wenn der Drei-Meter-Abstand zum Nachbargrundstück eingehalten wird – kann deutlich dichter und höher gebaut werden. Und von diesen unbebauten Grundstücken ohne Bebauungsplan gibt es in Roth, wie das gerade entstehende Baulückenkataster ausweist, mehr als 400. Nicht betroffen sind alle Gebiete, für die es einen Bebauungsplan gibt. Dort wird die Bebauung gesondert geregelt.

Nicht mehr "zu wuchtig"?

Der Antrag für die beiden geförderten Mietwohnhäuser in der Georg-Mayer-Straße hat den städtischen Ausschuss und die Genehmigungsbehörde übrigens schon einmal passiert, aber damals beschied das Landratsamt noch: "Zu wuchtig".

Jetzt sind die beiden Häuser zwar immer noch viergeschossig, doch das oberste Stockwerk wurde auf allen vier Seiten ein Stück nach innen versetzt, so dass die vierte Etage weniger sichtbar ist. "So macht man das jetzt eben", kommentiert Bürgermeister Ralph Edelhäußer das Vorgehen.

Eine weitere Folge des Antrags, die für die Stadt Roth durchaus positive Seiten hat: Der Antragsteller muss in Abstimmung mit dem Staatlichen Bauamt eine "verkehrliche Untersuchung" vorlegen, denn die Einfahrt von der Georg-Mayer- in die Allersberger Straße (mit einer Fußgängerampel) gilt als rückstauanfällig. Außerdem muss die Frankonia GmbH als Bauherrin auch den Ausbau eines bisherigen Fußweges zur Zufahrtsstraße im Süden des 3000 Quadratmeter großen Geländes "finanziell mittragen", wie Baier erklärt. Edelhäußer ergänzte: "Sonst kämen die Leute gar nicht zu ihrem Grundstück hin."

"Eine gute Sache"

Die novellierte bayerische Bauordnung stößt auch in der Stadt Schwabach und dem Landratsamt Roth, also den beiden Genehmigungsbehörden für Bauanträge, auf positive Resonanz. "Das ist eine gute Sache", fasst Schwabachs Stadtbaurat Ricus Kerckhoff zusammen. Zu den wichtigen Veränderungen gehören drei Punkte: geringere Abstandsflächen, schnellere Baugenehmigungen und, wie Kerckhoff betont, die künftige Möglichkeit digitaler Baugenehmigungen.

Abstandsflächen: Bisher galt, dass in Wohngebieten die volle Wandhöhe als Abstand zum Nachbargrundstück erforderlich ist, künftig müssen es nur noch 40 Prozent sein. Reinhold Neubauer, der Bauamtsleiter am Landratsamt Roth, erklärt das an einem Beispiel: Bei einer Wandhöhe von zehn Metern musste bis bisher auch zehn Meter Abstand sein, jetzt sind es nur noch vier Meter."

Gut oder schlecht? "Das ist eine deutliche Verbesserung für den Bauherren, weil er sein Grundstück besser bebauen kann. Außerdem ist es ein sparsamerer Verbrauch von wertvollem Bauland. Auch Baulücken lassen sich so leichter schließen", sagt Neubauer. Allerdings müsse man abwarten, ob Nachbarschaftskonflikte zunehmen.

"Der Mindestabstand von drei Metern bei Einfamilienhäusern aber bleibt", betont Ricus Kerckhoff. Auch das Planungsrecht der Städte und Gemeinden bleibt gewährleistet. Die neue Regelung, so Kerckhoff, sei "durchaus positiv" und in Schwabach auch schon berücksichtigt worden, etwa bei den Planungen im Drei-S-Werk-Gelände. "Allerdings nur in der Innenwirkung, nicht nach außen." Also nicht zu den Nachbargrundstücken.

Schnellere Baugenehmigungen: "Wenn sich die Baugenehmigungsbehörde drei Monate nach dem Einreichen des Bauantrags nicht meldet oder anders entscheidet, gilt der Antrag automatisch als genehmigt", erklärt Bayerns Bauministerin Kerstin Schreyer (CSU). Klingt nach großem Wurf. Ist es einer? "Ich denke, dass es gar nicht so viele Veränderungen gibt, weil wir bislang schon sehr zügig sind", erklärt Ricus Kerckhoff. "Im Wohnungsbau liegen wir jetzt schon in aller Regel unter den drei Monaten."

Das ist auch im Landratsamt Roth nicht anders. "In der Regel dauern Genehmigungen für ein Wohnhaus vier bis sechs Wochen", sagt Reinhold Neubauer. Allerdings betonen Kerckhoff und Neubauer ebenso deutlich, dass eine Voraussetzung erfüllt sein muss: "Die Crux ist, ob der Bauantrag wirklich vollständig ist. Leider sind das viele nicht. Und das führt zu Verzögerungen", berichtet Neubauer aus der Praxis. "Und auch die neue Drei-Monats-Frist gilt erst ab dem Zeitpunkt, wenn die Bauanträge vollständig sind."

Einen "höheren Druck" für die Behörde werde es aber geben, weil jeder Antrag innerhalb von drei Wochen vorgeprüft werden müsse. Wie sich das aber auf die Genehmigungszeiten tatsächlich auswirke, müsse man abwarten. "Denn wenn die Unterlagen vollständig sind, geht es jetzt schon schnell", bekräftigt Reinhold Neubauer.

Das Kriterium "Schnellere Baerbeitung der Bauanträge" ist für den Hilpoltsteiner Stadtbaumeister Thomas Stark in Kontext mit der Novellierung der Bayerischen Baurodnung unwesentlich. "Bei uns sind Bauanträge immer innerhalb von drei Monaten genehmigt worden. Meistens sogar schon früher." Generell möchte er sich zur Novellierung noch zurückhalten. Erst die Praxis werde zeigen, ob die neue Bauordnung das hält, was sie verspricht", so Stark.

Digitale Baugenehmigungen: "Bisher sind sie nur analog auf Papier möglich", sagt Kerckhoff. Das sei natürlich nicht mehr ganz zeitgemäß. "Nun werden digitale Bauanträge möglich. Die Stadt will diesen Service möglichst bald anbieten", kündigt Stadtbaurat Kerckhoff an. "Ich hoffe, dass das in der zweiten Jahreshälfte der Fall sein kann. Das würde eine weitere Erleichterung und Beschleunigung bringen." Detaillierter will Kerckhoff die neue Bauordnung demnächst im Stadtrat vorstellen. Einen entsprechenden Antrag hat die CSU gestellt.

"Zweischneidiges Schwert"

Für den Hilpoltsteiner Architekten Elmar Greiner ist die Novellierung der Bauordnung ein "zweischneidiges Schwert". Er befürchtet, dass durch eine schnellere Bearbeitung der Bauanträge die "Genauigkeit flöten geht". Und wenn Bauanträge nicht vollständig sind oder korrigiert werden müssen, werde dies so oder so mehr Zeit erfordern.

Dass man mit der Novellierung weniger Flächen verbraucht, glaubt Greiner nicht. Für ihn ist das alles noch viel zu unausgegoren, wie er meint. "Die Absicht ist sicher löblich", beschreibt Greiner die geänderte Bauordnung. Aber nicht alles, was neu ist, ist auch automatisch gut.

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