Der älteste Verein ist auch nach 150 Jahren zukunftsfest

13.3.2010, 00:00 Uhr
Der älteste Verein ist auch nach 150 Jahren zukunftsfest

Der Liederkranz feiert sein 150-jähriges Jubiläum in diesem Jahr mit zwei festlichen Veranstaltungen, die gut zum würdigen Alter dieses ältesten Wendelsteiner Vereins passen: Am Samstag, 20. März, findet ein ökumenischer Festgottesdienst mit anschließendem Festkommers in der TSV-Halle in Wendelstein statt. Und am Samstag, 17. April, feiert der Liederkranz seinen Geburtstag mit einem Festkonzert in der Schulturnhalle unter dem Motto »Freudenklänge, Festgesänge». Vorneweg lädt im folgenden der Artikel zu einem Spaziergang durch die 150-jährige Geschichte des Chors ein.

Der Vereinschronik nach waren es zwölf sangesbegeisterte junge Männer aus Wendelstein, die just an Silvester 1859 die Idee hatten, einen Gesangverein zu gründen. Wortführer und Ideengeber war der aus Altdorf kommende Glasermeister Johann Liebl, der mit seinen Mitsängern dann am 17. Juli 1860 auch nominell den »Liederkranz» als Männerchor gründete. Als Vorsitzenden gewannen die Sänger die zu dieser Zeit bekannteste Persönlichkeit, den Bürgermeister und Landtagsabgeordneten Wilhelm Jegel (I.). Die Leitung des Chores übernahm zunächst Johann Liebl.

1862 bereits feierte der Liederkranz seine Fahnenweihe und wurde als einer der ersten Gesangsvereine in Franken Mitbegründer des damals neugegründeten »Fränkischen Sängerbunds». 41 Jahre lang blieb Wilhelm Jegel Vorsitzender des »Liederkranz» und übergab den Vorsitz 1901 an seinen Sohn und Bürgermeister-Nachfolger Wilhelm Jegel (II.). Bereits lange vorher hatte der hiesige Kantor Fries die Chorleitung von Johann Liebl übernommen und den Chor bis 1880 dirigiert. Sein Nachfolger wurde der Lehrer Paul Lotter, der den Chor bis 1913 leitete.

Ergänzt wurde der Vereinsvorstand um 1900 durch den stellvertretenden Vorsitzenden Johann Löhlein, Jean Beck als Kassier und Wilhelm Jegel (III.) als Schriftführer. Zum erweiterten Vorstand gehörten zudem Honoratioren wie der Brauereibesitzer Johann Friedrich Lang, Drechslermeister Georg Schweinshaupt, Schneidermeister Georg Hupfer und Wagnermeister Georg Kraus.

1910 wurde das 50-jährige Jubiläum gefeiert, wozu der Verein sogar eine eigene Festpostkarte drucken ließ, um an dieses Ereignis zu erinnern.

Lehrer als Chorleiter

1913 übernahm Georg Buchner von Wilhelm Jegel (II.) das Amt des Vorsitzenden. Gewechselt wurde aber auch im Chor, denn als neuer Chorleiter folgte der Lehrer Georg Lotter auf seinen Vorgänger Paul Lotter. Für beide Chorleiter Lotter wurde 1914 ein Schicksalsjahr, denn Paul Lotter starb 1914 und Georg Lotter fiel als einer der ersten Wendelsteiner Soldaten in Frankreich bereits im August 1914. Wegen des Krieges ruhte das Vereinsleben. Bis 1918 starben weitere Mitglieder im Krieg.

Während Georg Buchner ab 1919 wieder und durchgehend bis 1945 dem »Liederkranz» vorstand, wechselten in der »Weimarer Zeit» und in der Zeit des Nationalsozialismus die Chorleiter mehrmals. 1919 wurde der Lehrer Geiselbrecht Chorleiter, ihm folgten als Dirigenten der Ingenieur Hochdattel und der Hauptlehrer Minnameier. Durch die berufliche Versetzung von Minnameier wurde um 1930 der Hauptlehrer Fritz Krug neuer Dirigent. Als Krug 1943 starb, übernahm Josef Bauer den kriegsbedingt geschwächten Chor und leitete ihn bis zum Kriegsende.

Aus der Not Tugend gemacht

Nach Kriegsende mussten sowohl Georg Buchner wie auch Josef Bauer ihre Ämter im »Liederkranz» abgeben. Bei der ersten Vereinsversammlung 1945 wurden dafür Paul Heller als Vorsitzender und der Lehrer Karl Jordan aus Reichelsdorf als Chorleiter gewählt. Der Wendelsteiner Lehrer und spätere Rektor Heinrich Kohler ersetzte ab 1948 Karl Jordan als Chorleiter, als dieser altersbedingt aufhörte, und für Paul Heller rückte im gleichen Jahr Hans Bauer als Vorsitzender nach.

Gleichzeitig traf der Liederkranz 1948 eine für die damalige Zeit weitreichende Entscheidung: Er öffnete den bisherigen Männerchor auch für sangesbegeisterte Frauen und begründete damit die bis heute währende Tradition des großen »Liederkranz»-Chores als gemischter Chor. Einer der ersten Auftritte dieses neuen Chores war die 90-Jahr-Feier des Liederkranz 1950. Heinrich Kohler blieb bis 1960 Chorleiter und prägte damit sowohl das Fest zum »10-Jährigen» des gemischten Chores 1958 wie auch das 100-jährige Jubiläum des »Liederkranz» 1960 wesentlich mit.

Das Jubiläumsjahr brachte dem »Liederkranz» nicht nur die seltene »Zeltner-Medaille» als Auszeichnung für sein langes Bestehen. Nach der Übernahme des Chores von Heinrich Kohler setzte sich der neue Chorleiter Dr. Alfred Kosel - zugleich damals Dramaturg am Nürnberger Opernhaus - ein ehrgeiziges Ziel: Jährlich sollte mindestens ein öffentliches Konzert stattfinden, an dem sich neben dem Liederkranz auch immer Künstler des Opernhauses und des dortigen Kammerorchesters beteiligen sollten. Bis 1980, als Kosel den Taktstock zurückgab, hatte der »Liederkranz» dadurch viele begeisternde öffentliche Auftritte.

Neben der Zusammenarbeit bei Konzerten über Nürnberg hinaus mit dem Bundesbahn-Orchester oder anderen Chören aus der Region fiel dem Verein ab 1978 eine weitere Aufgabe zu: Der von der Gemeinde Wendelstein um 1975 gegründete »Jugendchor» wurde 1978 in den »Liederkranz» eingegliedert. Die Blüte dieses Nachwuchschores war aber nur kurz, denn 1980 wurde dieser Chor wieder aus Sängermangel aufgelöst.

Bis dahin hatte sich auch der Vorstand personell geändert: Von 1956 bis 1968 hatte Ernst Böhm den Verein geführt und von 1968 bis 1983 war Friedrich Hupfer der Vorsitzende des »Liederkranz».

Erste Chorleiterin

Nach der Verabschiedung von Alfred Kosel als Chorleiter übernahm Rudolf Löw das Dirigentenamt und gab es 1982 an Hans Patho ab, der bis 1986 Chorleiter blieb. Bei der erneuten Suche nach einem Chorleiter wurde dem Liederkranz die in Nürnberg verpflichtete Sopranistin Uta Adler empfohlen und diese Wahl erwies sich als Glücksgriff. Als erste Chorleiterin in der Vereinsgeschichte dirigiert und bildet sie bis heute den gemischten Chor aus und betreut auch seit der Gründung 2001 den vereinseigenen Kinderchor. Als Vorsitzender war inzwischen Manfred Rudolph in die Fußstapfen seines Vorgängers Friedrich Hupfer getreten.

Neben dem eigenen 125-jährigen Jubiläum 1985 waren auch immer die Jubiläen der Patenvereine in Kornburg, Rednitzhembach, Schwand und Oberferrieden schöne Anlässe für Auftritte des »Liederkranz». Und neben den eigenen Konzerten und Gastauftritten gehören auch gesellige Veranstaltungen und Benefizauftritte bis heute zum festen Aktivitätenplan des Chores.

1989 wurde der »Liederkranz» zum eingetragenen Verein und auch die Beteiligung an einer Chor-CD des Sängerkreises Schwabach 1996 war ein Meilenstein in der Vereinsgeschichte.

Als Nachfolger von Manfred Rudolph wurde 2003 Günter Reinhart gewählt, blieb aber nur ein Jahr Vorsitzender. Seitdem führt Rainer Gradl, seit 1998 bereits Vereinskassier, den »Liederkranz» und wird auch im Jubiläumsjahr 2010 von seiner Stellvertreterin Hannelore Ziegler, Schriftführerin Helga Wilde und Vereinskassier Heidemarie Lutz unterstützt. JÖRG RUTHROF