Der Berg als sportliche Herausforderung

11.9.2009, 00:00 Uhr
Der Berg als sportliche Herausforderung

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Stellen Sie sich vor, Sie wollen Deutschlands höchsten Berg, die Zugspitze (2.962 Meter), besteigen. Dazu müssen Sie vom Talort Garmisch bis zum Gipfel einen Höhenunterschied von etwa 2.200 Metern überwinden. Um nach Garmisch zu gelangen, fahren Sie beispielsweise von Schwabach aus ca. 240 Kilometer weit.

Die Ultra-Läufer, die am PTL, einem Teilwettbewerb des «Ultra Trail Tour du Montblanc» teilnahmen, müssen genau diese Distanz, nämlich 240 Kilometer zu Fuß zurücklegen. Allerdings müssen die Läufer auf dieser Strecke 17.500 Höhenmeter im Auf- und Abstieg bewältigen. Die wiederum entspricht etwa acht Besteigungen der Zugspitze, wohl gemerkt hinauf und hinunter. Beim PTL, die Abkürzung steht für «La Petite Trotte à Léon», was mit «Léons kleiner Spaziergang» zu übersetzen ist, handelt es sich um einen Laufwettbewerb der extremen Art. Zum einen stellen schon alleine die Entfernung und die Höhenunterschiede eine außergewöhnliche Herausforderung dar. Zum anderen ist die Strecke nicht markiert, es gibt auf die gesamte Distanz lediglich zwei Verpflegungsstellen, ansonsten müssen sich die Läufer in den Berghütten als zahlende Gäste selbst versorgen beziehungsweise alles Nötige im Rucksack mit sich führen.

Der Schwabacher Ultra-Läufer Gerhard Börner (53) stellte sich nach seiner Teilnahme bei der Erstauflage des Laufs in 2008 (damals verlief die Strecke jedoch völlig anders und hatte eine Distanz von «nur» 190 Kilometern und eine Höhendifferenz von 14.000Metern) dieser Herausforderung bereits zum zweiten Mal. Aus Sicherheitsgründen ist eine Teilnahme als Dreier-Team vorgeschrieben. Börners Team hatte sich den absolut zutreffenden Namen «Take the hard way home» gegeben. Die Partner des Schwabachers waren Helmut Kimmerle aus Karlsruhe und Adel Hassan aus Paris.

Nach dem Start in Chamonix am Fuße des Montblancs, hatten die Teilnehmer ein Zeitlimit von 114,5 Stunden, um nach einer großen Runde durch die französischen, italienischen und schweizerischen Berge und Täler des Montblanc-Massivs wieder am Startort einzutreffen. Das Team erreichte nach rund 113 Stunden, leider ohne den französische Mitläufer, da dieser bereits in der ersten Nacht aussteigen musste, das Ziel.

Die erste Nacht wurde ohne Schlafpause durchgelaufen, insgesamt konnten Börner und Kimmerle während des Wettkampfs nur ca. sieben Stunden schlafen. Die Wetterbedingungen waren in den ersten beiden Nächten katastrophal. Gewitter, Starkregen und Nebel erschwerten die Orientierung erheblich, bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt wurden auf einer Seehöhe von meist um die 2.500 Meter sowohl die physische als auch die psychische Leistungs- und Leidensfähigkeit der Läufer aufs Härteste getestet.

Ab dem Morgen des dritten Tags besserte sich das Wetter, bei teilweise strahlendem Sonnenschein wurden nun die An- und Abstiege über die insgesamt ca. ca. 25 Pässe und Gipfel zu einer schweißtreibenden Angelegenheit. Die Strecke verlief zum überwiegenden Teil auf sogenannten «Single-Trails», schwierig zu gehenden Bergpfaden, zum Teil auch weglos über Block- und Geröllgelände. Von Veranstalterseite wurde lediglich ein Roadbook mit einer Kurzbeschreibung des Wegs, Kartenmaterial und die GPS-Daten zur Verfügung gestellt.

Mehrere steile Anstiege von zum Teil mehr als 2.000 Höhenmetern am Stück führten immer wieder von den Tälern hinauf, es folgten ebenso steile und schwierige Abstiege. Um innerhalb des Zeitlimits zu bleiben, war es notwendig, auch während der Nacht zu laufen. Dabei mussten im Licht von Stirnlampen Blockgelände durchquert und teilweise mit Drahtseilen versicherte Passagen überwunden werden. Der höchste Punkt der Strecke lag mit 3.082 Metern auf dem Gipfel des «Buet».

Eine offizielle Wertung gibt es bei diesem Lauf nicht. Jedes Team, jeder einzelne, welches(r) die Herausforderung übersteht, ist ein Sieger. Von 55 Dreier-Mannschaften erreichte 17 in voller Besetzung das Ziel. Elf, darunter Börner mit seinem Laufkollegen, lediglich zu zweit. Börner überstand dank einer gezielten Vorbereitung, diese extremen Bedingungen ohne nennenswerte Blessuren. In der Trainingsphase diesen Jahres absolvierte er, neben den Läufen vor der heimischen Wohnung, 13 andere Ultra-Läufe oder Marathons mit einer Gesamtdistanz von ca. 820 Kilometern und einem Höhenunterschied von knapp 30.000 Metern.