Der Mann, der schmückte

17.6.2011, 10:00 Uhr
Der Mann, der schmückte

© Harald Sippel

Am 18. Juni 1861 erblickte Philipp Kittler in Schwabach das Licht der Welt. Sein Vater Emanuel Kittler ist in der Goldschlägerstadt als Hafnermeister tätig. Ein Handwerk, das schon Philipps Großvater ausübte. So ist es nur naheliegend, dass er nach der Schulausbildung im väterlichen Geschäft mithilft.

Von 1877 bis 1880 bildet sich Philipp Kittler auf der Nürnberger Kunstgewerbeschule weiter. 1880/81 ist er in einer Hamburger Ofenfabrik und Kunstwerkstatt für Keramik tätig. Dann kehrt er in seine Heimatstadt zurück. Zusammen mit seinem Vater schafft er einen im Neorenaissance-Stil gehaltenen Ofen, der 1882 auf der Bayerischen Landes-, Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung präsentiert wird. Dieses Kunstwerk wird mit der Silbermedaille prämiert.

Zusammen mit seinem Bruder Bernhard fertigt Philipp Kittler einige Jahre später einen Rokoko-Ofen, der im Wettbewerb der König-Ludwig-Preisstiftung des Bayerischen Gewerbemuseums den ersten Preis erhält. Ab 1889 wird Nürnberg Philipp Kittlers Wohnsitz und Arbeitsstätte. Bis 1891 ist er Teilhaber der Kunsttöpferei und Ofenfabrik Kittler & Co.

in Nürnberg-St.Jobst. Lediglich von 1893 bis 1895 verlässt er Nürnberg, um an der Münchner Kunstakademie Bildhauerei zu studieren.

Fruchtbare Zusammenarbeit

Kaum ist Kittler nach Nürnberg zurückgekehrt, wird der Direktor des Bayerischen Gewerbemuseums, Oberbaurat Theodor von Kramer, auf ihn aufmerksam. Der Architekt ist gerade mit der Planung der Gebäude der II. Bayerischen Landesausstellung, die 1896 in Nürnberg stattfindet, beschäftigt. Innerhalb kürzester Zeit fertigt Kittler für sämtliche Ausstellungsgebäude den Skulpturenschmuck. Dies ist der Auftakt für eine fruchtbare Zusammenarbeit des jungen Bildhauers mit dem bedeutenden Architekten.

Im Repräsentationssaal des ein Jahr später errichteten Neubaus der Landesgewerbeanstalt entsteht der sogenannte „Kinderfries“, den Kittler nach zeichnerischen Entwürfen Kramers modelliert.

Für viele Gebäude der Jubiläums-Landesausstellung, die 1906 in der Nähe des Nürnberger Dutzendteichs stattfindet, fertigt Philipp Kittler

den figürlichen Schmuck. Ein Jahr vorher entstand in Nürnberg das Kulturvereinsgebäude, dessen Architekt ebenfalls Theodor von Kramer war. Für dieses Jugendstiljuwel schuf der Künstler die Eingangsfiguren, welche die Musik und den Tanz symbolisieren sollen. Leider wurde der im Zweiten Weltkrieg stark zerstörte Jugendstilbau 1968 abgerissen. Nur Philipp Kittlers Figuren blieben erhalten. Heute sind sie im Garten der Nürnberger Blindenanstalt in der Bielefelder Straße aufgestellt.

Auf dem Johannisfriedhof

Auch bei Grabdenkmälern arbeitete Philipp Kittler mit dem Architekten von Kramer zusammen. Davon zeugen die Grabmäler der Familien Funk und Brust auf dem Nürnberger Johannisfriedhof sowie das monumentale Grabmal Sigmund Schuckerts in Wiesbaden.

Doch nicht nur mit diesem Architekten arbeitete der Bildhauer zusammen. Fast der gesamte plastische Schmuck am Nürnberger Opernhaus, das Heinrich Seeling erbaute, stammt von Kittler.

Das Innere des Nürnberger Volksbades, ein Werk des Architekten Friedrich Küfner, beherbergt ebenfalls Bildhauerarbeiten des bedeutenden Schwabachers. Zwei der ehemaligen Giebelfiguren des Ostermayrhauses in der Nürnberger Königstraße haben unbeschadet den Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs überdauert. Nicht vergessen werden dürfen auch Kittlers Brunnenschöpfungen, wie der Pomonabrunnen in der Sandreuthstraße, der Minnesängerbrunnen in der Rosenau oder der Symbolbrunnen vor der Friedenskirche in Nürnberg.

„Trauernde Noris“

Zu seinen beeindruckendsten Denkmälern zählt neben dem Ludwigs II. im Theresienhain zu Bamberg die „Trauernde Noris“, die heute im Nürnberger Westfriedhof zu finden ist.

Neben diesen Monumentalwerken fertigte Kittler aber auch Kleinplastiken und Medaillen an. Für die Schwabacher Seifenfabrik Ph. Benj. Ribot entwarf er sogar Seifenfiguren. Für die Firma Rosenthal in Selb modellierte er zwischen 1925 und 1926 insgesamt acht Sportfiguren. Einige dieser Skulpturen wurden auch in Bronze gegossen.

Im „Dritten Reich“ war der Künstler zeitweise verpönt.

Am Textilhaus Käferlein in der Schwabacher Ludwigstraße hat sich ein Sandsteinrelief erhalten, das auf einen Entwurf Kittlers zurückgeht. Es zeigt einen Bauern und einen Handwerker, die gemeinsam Geld in eine Spardose einwerfen. In diesem Gebäude befand sich nämlich von 1936 bis 1960 die Sparkasse.

Im Vergleich zu Nürnberg hinterließ Kittler in seiner Geburtsstadt nur wenige Werke, so eine Gedenktafel für den Lehrer Endres in der Luitpoldschule, die Grabmäler Hüttlinger, Schmauser und Thäter auf dem Friedhof und das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs im Schwabacher Stadtpark.

Jugendstilvilla geöffnet

Trotzdem sollte der Name Philipp Kittler in Schwabach nicht in Vergessenheit geraten. Da es momentan leider keine Möglichkeit mehr gibt, kleine Ausstellungen in der Innenstadt zu präsentieren — die Vitrinen im Foyer der Stadtbibliothek wurden ja beseitigt — hat sich Ulrich Distler kurzfristig dazu entschlossen, am Samstag und Sonntag, 18. und 19. Juni, jeweils von 14 bis 18 Uhr, den Jugendstilsalon im ersten Stock der Villa Stark, Hindenburgstraße 40, zu öffnen. Dort werden einige Sportfiguren sowie Kittlers Trichterleuchter zu sehen sein. Zeitgenössische Fotografien ergänzen die kleine Dokumentation.

Der Mann, der schmückte

© Sippel