Der Reiz der malerischen alten Ansichten

5.12.2012, 10:00 Uhr
Der Reiz der malerischen alten Ansichten

© Göll

Zu jedem Foto hat er eine witzige und hintergründige Geschichte zu erzählen, die er in seiner unnachahmlichen, manchmal auch skurrilen Art zu kommentieren versteht. Somit war dieser Abend im Stadtmuseum mehr als gelungen, er war spaßig, spannend und informativ zugleich.

Eine gute Idee war es, die alten Stadtansichten mit aktuellen Fotos vom selben Standort aus zu konfrontieren – falls überhaupt noch möglich. Denn oft stehen neue Gebäude im Weg, oft ist auch der Autoverkehr so stark, dass es für den Fotografen zu gefährlich ist, sich an genau derselben Stelle zu postieren wie der Ur-Ur-Ahne 100 Jahre zuvor. Diese Aufgabe, den alten Aufnahmen mit Akribie nachzuspüren und den genauen Blickwinkel einzufangen, erledigten in den letzten Wochen Antje Boas und Ursula Kaiser-Biburger.

Ein Vorläufer der jetzigen Präsentation fand 1988 statt, als der Gewerbeverein alte und damals aktuelle Stadtansichten in der Sparkasse ausstellte. Der Wert eines ansehnlichen Mittelklasse-Neuwagens steckt in seiner Sammlung von rund 4600 Postkarten und alten Fotos mit historischen Stadtansichten von Schwabach, erzählt Grießhammer. Mehrmals im Jahr fährt er zu einschlägigen Sammler-Messen in ganz Bayern und darüber hinaus.

Alte Leidenschaft

Angefangen hat seine Sammel-Leidenschaft mit einer Ansicht der Königstraße um 1900, die in den 1930er Jahren in den Besitz der Familie kam und jahrzehntelang den Eingangsbereich von Grießhammers Elternhaus schmückte. Das habe ihn seit der Kindheit fasziniert und sein Interesse für das optische Erscheinungsbild der Stadt geweckt, so Grießhammer.

Großen Dank schulde Schwabach den frühen Fotopionieren, vor allem dem Fotografen Richard Hirthe, der die Stadtansichten und baulichen Veränderungen immer wieder dokumentiert und fein säuberlich durchnummeriert habe.

Die Präsentation „Schwabach früher und heute“ im Stadtmuseum gliederte sich in die Abschnitte alte Zollhäuser (von denen nur das an der Alten Linde erhalten ist), Stadttore (die allesamt abgerissen wurden), die Bereiche Wöhrwiese, Bachgasse, Postamt, alte Kreissparkasse und Amtsgericht am heutigen Sablaiser Platz, Ringstraße, Martin-Luther-Platz, Marktplatz, Königstraße, Bahnhofsbereich, Kaserne und das um 1966 im Rahmen einer „sehr intensiven Feuerwehr-Übung“ zerstörte Ausflugslokal Villa Eichwasen, etwa am Standort des heutigen evangelischen Kindergartens.

Um 1900 allein im Bereich des Marktplatzes neun größere Wirtshäuser, in der Königstraße bis zum Zöllnertor noch einmal sechs – ganz zu schweigen von den vielen kleinen Brauereien, erzählte Grießhammer. Gegenüber der Alten Linde, an der Kreuzung Badstraße/Rittersbacher Straße, habe ein Gastwirt einen „Salvator“ (später „Gambrinus“-Biergarten) betrieben, in dem allein eine 35-köpfige Kapelle musizierte.

120 Bedienungen im Bärensaal

Der alte Bärensaal habe zur Kirchweihzeit allein 120 Bedienungen beschäftigt. Um 1905 herum habe das Tagblatt zur Kirchweihzeit volle Seiten mit Inseraten abgedruckt, in denen Wirtshäuser zum Kirchweihtisch oder Fisch-Schmaus einluden. „Die Wirte heute würden sich hinknien, wenn es noch eine solche Nachfrage gäbe“, war Grießhammers Kommentar dazu.

Immer wieder wies Grießhammer anhand der alten Aufnahmen darauf hin, wieviele Kinder damals überall auf der Straße spielten, sei es an der Wöhrwiese oder am Pinzenberg. Und auf die viele Handarbeit, die bei allen möglichen Gelegenheiten anfiel, was viele Arbeitskräfte nötig machte. So zeigt eines der Fotos, dass ein Bauernhof an der Regelsbacher Straße, etwa an der Stelle der damaligen Gärtnerei Engel, zu Erntezeiten allein 15 Männer und Frauen an der mit offenen Riemen angetriebenen Dreschmaschine beschäftigte.

Lust auf mehr

Alles in allem wirklich eine Veranstaltung, die Lust auf mehr macht und geradezu nach einer Fortsetzung oder Dokumentation schreit – also etwa eine Buchveröffentlichung oder eine größere Ausstellung. Hans Grießhammer, Ursula Kaiser-Biburger und Antje Boas kündigten an, spätestens zum großem Stadtjubiläum 2017 solle hier etwas vorliegen.

 

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