Die Sofi-Brille zum Selberbauen

21.3.2015, 08:32 Uhr
Nicht nur der Tagblatt-Praktikant griff anlässlich der Sofi zu Schere und Kleber: Der experimentierfreudige Hobbyfotograf Reinhard Kaußler bastelte sich eine speziell präparierte Spiegelreflexkamera.

© Foto: Wilhelm Nicht nur der Tagblatt-Praktikant griff anlässlich der Sofi zu Schere und Kleber: Der experimentierfreudige Hobbyfotograf Reinhard Kaußler bastelte sich eine speziell präparierte Spiegelreflexkamera.

Bis wir uns in der Redaktion am Tag vor der Sonnenfinsternis („Sofi“)  einigermaßen sortiert hatten, machte sich der 17-Jährige schon mit Feuereifer daran, unsere Brillen für die „Sofi“ zusammenzubauen. Aus Schubladen, die wahrscheinlich seit 20 Jahren nicht mehr geöffnet worden waren, zog er Tesafilm, Kleber, Schere und Typometer (eine Art Lineal) hervor. Dinge, die bis in die 1990er Jahre unverzichtbare Bestandteile des Redaktionsalltags waren, im digitalen Zeitalter aber höchstens noch fürs Pressemuseum taugen.

Jan brauchte diese seltsamen Requisiten, weil wir Redakteure tags zuvor noch beim Optiker um die Ecke fündig geworden waren – die vermutlich letzten Sofi-Brillen in ganz Deutschland, allerdings zum Selberbasteln.

Dummerweise lag den Brillen-Bestandteilen eine zweiseitige, eng beschriebene Abhandlung bei, was beim Zusammenbau alles zu beachten sei. Der Text bestand, so hatte ich das Gefühl, ausschließlich aus Worten wie „Lebensgefahr“, „Achtung“, „Vorsicht“, „Keinesfalls“ und vielen, vielen Ausrufezeichen. Ich musste spontan an Ikeas Bestseller, das Billy-Regal, denken, dessen schiefe Überbleibsel mich in meinem Keller allabendlich daran erinnern, dass ich handwerklich der vermutlich untalentierteste Zeitgenosse auf dieser Erde bin.

Nun ja, bevor bei mir nach dem Lesen des Sofi-Brillen-Bau-Anleitungsbuchs die Schnappatmung einsetzte, machte sich also der beneidenswerte Jan an die Arbeit. Er ging bemerkenswert strukturiert vor, bastelte sich zunächst einmal einen Prototypen aus Papier, zerstörte beim ersten Ernstfall seine eigene Sofi-Brille (die jetzt aussieht als hätte sie Klitschkos jüngster Gegner 15 Runden lang im Ring getragen). Er kam aber immer besser in Fahrt, jede neue Brille sah etwas besser aus.

Basteln ist nicht jedermanns Sache. Sich mit einer komischen Brille verunstalten auch nicht. So griffen einige Sofi-Neugierige den Tipp von TV-Wissenschaftsikone Rangar Yogeshwar auf: Wer braucht schon Brillen, wenn er Smartphone und Tablet hat? Die Fotos allerdings waren etwas mysteriös.

Basteln ist nicht jedermanns Sache. Sich mit einer komischen Brille verunstalten auch nicht. So griffen einige Sofi-Neugierige den Tipp von TV-Wissenschaftsikone Rangar Yogeshwar auf: Wer braucht schon Brillen, wenn er Smartphone und Tablet hat? Die Fotos allerdings waren etwas mysteriös. © Foto: Wilhelm

Nun mag ich zwar handwerklich furchtbar ungeschickt sein, doch blöd bin ich nicht. Ich stellte mich in der Schlange bei Jan ganz hinten an, und bis ich an der Reihe war, war der junge Mann so versiert, dass meine Sofi-Brille jetzt die 1a-Luxusausgabe ist. Sie hat nicht nur die gestrige partielle Sonnenfinsternis überstanden, sondern wird mir auch noch bei der nächsten im Jahr 2021 und vermutlich auch bei der nächsten totalen deutschen Sofi am 3. September 2081, kurz nach meinem 115. Geburtstag, noch gute Dienste tun. Danach, ich verspreche es, werde ich sie dem Stadtmuseum vermachen. Die nehmen angeblich alles, was sonst keiner mehr braucht.

Ach, und übrigens: Danke, Jan.

Blicke nach oben: Das war die partielle Sonnenfinsternis

 

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