Digitaler Unterricht und Sorge ums Abitur: Schule im Schatten von Corona

20.3.2020, 09:47 Uhr
Digitaler Unterricht und Sorge ums Abitur: Schule im Schatten von Corona

© Fotos: AKG

"Die Lehrer sind da", erklärt Leiterin Ingrid Dröse vom Schulamt Roth-Schwabach, "sie bereiten Unterrichte vor." Überdies müssten Kinder betreut werden, deren Eltern in "systemrelevanten Berufen" arbeiten. "Und das werden immer mehr", so Dröse. Zudem laufe die Schuleinschreibung. Um direkte Kontakte auf ein Minimum zu begrenzen, würden Eltern im Viertelstundentakt einbestellt.

Für den Notunterricht würden einige Schulen auf ihrer Homepage Inhalte anbieten, welche die Schüler abarbeiten könnten. Andere hätten die Bücher mit heim gegeben und Aufgaben erteilt. Nicht wenige würde mit der Internetplattform Mebis arbeiten, die vom Kultusministerium zur Verfügung gestellt wird.

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Mebis steht jedoch in der Kritik. Es hieß am Montag, sie sei "gehackt" worden. Eine erfahrene Realschullehrerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, erklärt, dass Mebis wohl schlicht dem Ansturm nicht gewachsen sei. "Die Seite ist brutal schlecht, unübersichtlich und nicht benutzerfreundlich. Das ist sehr unerfreulich", erklärt sie.

Auf Mebis stünden Videos, Abschlussprüfungen und Kurse, die Lehrer eingestellt haben, erklärt sie. Doch das Einstellen von Inhalten habe Tücken. "Wenn man Kurse hochladen will – das dauert, außerdem braucht jeder Schüler einen eigenen Zugang und man muss alle Namen einzeln eingeben." Sie selbst habe einen anderen Weg gewählt: "Kinder, ihr schreibt jetzt mal auf..." und habe Aufgaben anhand der Bücher erteilt. Außerdem habe sie empfohlen, sich gedruckte Ausgaben der Abschlussprüfungen zu besorgen.

"Unsere Priorität ist es, die Eltern zu unterstützen und zu entlasten", sagt Nikolaus Schöpp, der Chef der Schwabacher Hermann-Stamm-Realschule. "Alles Systeme brechen zusammen, alle Server sind völlig überlastet", klagt er, "die bauen jetzt alle ihre Kapazitäten aus." Die Schüler erhielten ihre Aufgaben per E-Mail, sie hätten die Bücher daheim, auch auf der Schul-Homepage gebe es Aufgaben. Die Schüler könnten anrufen und mit ihren Lehrern sprechen. "Wir sind sehr kreativ", so Nikolaus Schöpp.

Am Schwabacher Wolfram-von-Eschenbach-Gymnasium ist die Schulleitung anwesend, das Sekretariat ist besetzt. "Die Schüler kriegen jeden Tag Aufgaben", erklärt Schulleiter Richard Kifmann. "Wir versorgen sie auf digitalen Wegen mit Arbeitsaufträgen." In der Q12 erhielten die Schüler ihre Aufgaben per E-Mail, alle anderen Jahrgangsstufen würden über ein E-Mail-Verteilsystem versorgt, in das die Fachbetreuer eingebunden seien: "Das ist jetzt ein richtiger Telearbeitsplatz, manche sind von früh bis spät am Rechner. Das ist richtig heftig", so Kifmann.

Was ihm Sorge bereitet, sind die Abschluss-Schüler: "Wie kriegen wir die gut zum Abitur? Alle anderen kriegen wir schon hin", ist Richard Kifmann zuversichtlich. Das Schwabacher Adam-Kraft-Gymnasium hat von Frontalunterricht auf Digital-Unterricht umgestellt. In den Schule gibt es nur noch eine "Stallwache", Schulleiter Harald Pinzner wechselt sich mit seinem Stellvertreter ab. "Wir sind gehalten, die Kontakte herunterzufahren" so Pinzner.

"Immenser Vorlauf nötig"

Dennoch müsse fürs nächste Schuljahr weitergeplant werden, "da ist ein immenser Vorlauf nötig." Er habe, als sich die Anzeichen für Schulschließungen mehrten,, eine Arbeitsgruppe IT eingerichtet. "Wir haben uns bewusst gegen Mebis entschieden und für Lo-Net2. Da haben wir alle Klassen durchgeschleust und allen Lehrern Hilfen zur Verfügung gestellt. Dann haben wir eine hauseigene Hotline eingerichtet. Da sitzen die IT-Fachkräfte dahinter."

An die Schüler sei die Information gegangen, sie sollen sich wieder ausloggen, weil sonst das System überlastet werde. Die Schule verfüge über die E-Mail-Adressen der Kinder. Das AKG sei vom Corona-Virus unmittelbar betroffen. Ein Vater, der gesund sei, habe das Virus offenbar an seinen Sohn übertragen. Dessen Lehrkräfte stünden unter Quarantäne.

Auch am Gymnasium Wendelstein ist die Schulleitung im Dienst "Wir haben schon zu tun, aber in anderer Weise als sonst", so Schulleiter Johannes Novotny´. "Wir haben Mebis als verpflichtendes Portal für Schüler und Lehrer eingeführt. Vom Grundsatz her ist es ein System, das funktioniert", sagt der Schulleiter. "Ich glaube dem Kultusministerium, wenn sie sagen, sie würden ständig die Kapazitäten hochfahren", meint Novotny. Die Schule würde auch andere Kanäle nutzen. Weil in Mebis die E-Mail-Verteilung gesperrt sei, werde der E-Mail-Verkehr ausgelagert. Das Abitur sei um drei Wochen nach hinten verschoben worden. "Wenn nach den Osterferien der Normalbetrieb weitergeht, sind die Prüfungen ab 20. Mai", sagt Novotny.

Am Gymnasium Roth fährt man zweigleisig, wie der stellvertretende Schulleiter Robert Rieß verrät: Einerseits setzt die Schule auf das Mebis-Portal, arbeitet aber auch mit E-Mails an die Schüler. In der elektronischen Post befinden sich Aufgaben, die daheim gelöst und zurückgeschickt werden. Sofern die Abiprüfungen tatsächlich ab 20. Mai laufen, geht es mit Deutsch los, der Entlass der Abiturienten wäre dann laut Robert Rieß am 10. Juli, "nur" zwei Wochen nach dem regulären Termin.

Die staatliche Wilhelm-von-Stieber-Realschule Roth setzt auf die Kombination aus dem Mebis-Portal und anderen Wegen, mit Schülern in Kontakt zu treten und den Lehrstoff durchzubringen. Allerdings gibt es andere Probleme, wie Schulleiter Norbert Valta erklärt: "Wir sind eine Seminarschule und hätten fünf Lehrproben unserer Referendare abnehmen müssen – das war natürlich nicht möglich", so Valta. Wie an den Realschulen die Verschiebung der Prüfungen funktionieren soll, wird laut Valta derzeit im Münchner Kultusministerium diskutiert. Realschuldirektor Valta appelliert derweil an den Zusammenhalt, die Geduld und die Disziplin der Schulfamilie.

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