Entzugsklinik statt Gefängnis

20.4.2018, 06:00 Uhr
Das Schöffengericht hat gesprochen: Entzugsklinik statt Gefängnis für den Angeklagten.

© colourbox.com Das Schöffengericht hat gesprochen: Entzugsklinik statt Gefängnis für den Angeklagten.

Mit gesenktem Kopf saß Konrad M. neben seinem Verteidiger Andreas Hauptstock, der nach der Verlesung der Anklageschrift durch Staatsanwalt Nikolaus Forschner erklärte, dass sein Mandant die Tat einräume. Demnach folgte der 42-Jährige am 20. Juni 2017, gegen 21.30 Uhr, am Bahnhof in Schwabach einer Frau auf die Damentoilette, um sie dort zum Oralverkehr zu zwingen.

Aufmerksame Taxifahrer hatten zuvor das auffällige Verhalten des Mannes beobachtet und eine zufällig vorbeifahrende Polizeistreife informiert, die die Frau aus ihrer misslichen Lage befreite. Die Frau, so ein Beamter im Gerichtssaal, hätte sonst keine Chance gehabt, Konrad M. zu entkommen, denn der hatte die Türe der Toilette zugesperrt. Knapp 1,8 Promille wurden bei dem 42-Jährigen auf der Wache gemessen.

Dr. Michael Wörthmüller, Chefarzt der Forensischen Abteilung am Bezirkskrankenhaus Erlangen, berichtete dem Schöffengericht von einem lang anhaltenden Alkoholmissbrauch des Angeklagten. 2009 habe der 42-Jährige wegen Trunkenheit am Steuer seinen Führerschein verloren und ab 2013 sei er auch strafrechtlich in Erscheinung getreten, darunter schon einmal wegen sexueller Nötigung. Da Konrad M. immer wieder Stimmen höre (Kommentare und Beschimpfungen in russischer Sprache) sei er sogar in eine Klinik gegangen, doch sei eine organische Schädigung ausgeschlossen worden.

Wörthmüller sprach sich für eine Verurteilung nach Paragraf 64 Strafgesetzbuch (Unterbringung in einer Entzugsklinik) aus. Die Frage von Anwalt Hauptstock nach der Wechselwirkung zwischen Alkohol und psychischer Erkrankung beantwortete der Psychiater mit einem kurzen "ja", was die Vorsitzende Richterin Dr. Andrea Martin dazu veranlasste, bereits jetzt dafür zu sorgen, dass der Schwabacher "mit einem Arztbrief in der Hand nach Ansbach geht".

Der Staatsanwalt beantragte für die versuchte schwere Vergewaltigung eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. "Die werden aber nur auf dem Papier stehen", sagte Nikolaus Forschner, denn auch er sah die Voraussetzungen für die Anwendung von Paragraf 64 gegeben. Verteidiger Andreas Hauptstock bedauerte, dass bei der früheren Verhandlung gegen Konrad M. die Schwere der Alkoholerkrankung und die psychische Erkrankung seines Mandanten noch nicht erkannt worden seien. Die Allgemeinheit sei vor dem 42-Jährigen zu schützen, weshalb auch er für die Unterbringung plädierte. 18 Monate dauert eine derartige Maßnahme.

Entsprechend der Anträge fiel schließlich das Urteil aus: Zwei Jahre und sieben Monate Freiheitsstrafe wegen schwerer versuchter Vergewaltigung. "Die Gefängnisstrafe spielt aber aufgrund der Aussagen des Gutachters keine Rolle", sagte die Richterin. Stattdessen wird M. im Bezirkskrankenhaus Ansbach behandelt. Andrea Martin betonte, dass sich das Opfer des 42-Jährigen in einem "besonders schutzwürdigen Raum" befunden habe und erinnerte an die einschlägige Vorstrafe des Maschinenführers.

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