Gemeinschaftshaus: Wie eine Blaupause für Kammerstein

20.1.2017, 05:58 Uhr
Gemeinschaftshaus: Wie eine Blaupause für Kammerstein

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„Wenn ich mir ansehe, dass aktuell die Schützen, die Theatergruppe und die Senioren in Kammerstein auf der Suche nach einem Vereinsheim sind", so Bauer, „und wir zwar kein Wirtshaus am Ort, aber eine Brauerei in der Gemeinde haben, dann müsste da doch etwas gehen“, war der CSU-Politiker überzeugt. Für den Fall einer Initiative versprach er, „intensiv um Fördergelder zu werben“ und das Thema in den Gemeinderat einzubringen. „Die CSU in Kammerstein unterstützt ein Dorfgemeinschaftshaus und wird sich für die Umsetzung stark machen“, kündigte Bauer an.

Südosten statt Nordwesten

Rund ein Dutzend Vertreter aus den Kammersteiner Vereinen waren Volker Bauer parteiübergreifend ans andere Ende des Landkreises gefolgt, von der nordwestlichen Ecke also in die südöstliche. Das Ziel der Delegation: Das Gemeinschaftshaus im 150-Seelen-Ort Euerwang. Bauer hatte die dortigen Schützen im Herbst bei der Einweihung ihres umgebauten Schützenhauses besucht.

„Schon erstaunlich, was selbst in einem so kleinen Ort möglich ist, wenn die Menschen und Vereine im Dorf zusammen anpacken“, kommentierte Gemeinderatsmitglied Jürgen Melzer. Kammerstein sei viermal so groß wie Euerwang. Dennoch mussten in den vergangenen fünf Jahren zwei Gasthäuser und das Schützenhaus schließen. „Das Vereinsleben leidet trotz demographisch guter Situation“, stellte Melzer fest.

Auf der Suche

Auf die Jura-Hochebene folgten Bauer neben Melzer die ehemaligen Gemeinderatsmitglieder Dieter Teufel und Helga Lausecker von der Seniorensportgruppe. Die Schützen waren mit Jörg Zanzinger, Klaus Günzel und Andreas Hummel ebenso vertreten, wie Daniela Böhm, die Gründungsinitiatorin der Theatergruppe Kammerstein. Sie alle suchen aktuell eine neue Heimat in Kammerstein.

Interessiert hörten sie die Ausführungen der beiden Euerwanger Schützenmeister Matthias Mödl und Konrad Meyer. Beide schwören auf die dörfliche Gemeinschaft im ländlichen Raum. „Ohne geht’s nicht“, sagen sie. Als beispielsweise der Wirt des alten Schützenheims altersbedingt ohne Nachfolger aufgab, sprang der Schützenverein ein und betrieb die Wirtschaft kurzerhand ein Jahr lang selbst.

Diese Anpacker-Mentalität half dann auch, als 2002 der Neubau des in die Jahre gekommenen Vereinsheims anstand. Was viele Vereine vor enorme organisatorische und finanzielle Schwierigkeiten stellt, meisterten die Euerwanger in beeindruckender Weise. „Hier haben sich eben alle zusammengetan“, erklärte Andreas Schneider. Der stellvertretende Leiter des städtischen Bauamtes Greding und eingeheiratete Euerwanger griff dem Schützenverein planerisch unter die Arme.

Mit anderen Gruppen

„In Angriff nehmen konnten wir das 260 000 Euro teuere Vorhaben eines Neubaus aber nur, weil wir auf andere Gruppen zugegangen sind“, erklärte Konrad Meyer den Kammersteiner Gästen. Heute haben die Katholische Landjugend, der Pfarrgemeinderat, die Schola, eine Krabbelgruppe und die regional bekannte Theatergruppe des Schützenvereins im Gemeinschaftshaus eine Heimat gefunden. Dementsprechend beteiligten sich unter anderem die Diözese, das Amt für ländliche Entwicklung, der Kulturfonds des Freistaats Bayern, die Stadt und die Kirchenstiftung an der Finanzierung. Beim vor wenigen Wochen abgeschlossenen Umbau der Schießanlage förderte auch der Freistaat Bayern mit 60 000 Euro. „Viel haben wir auch in Eigenleistung und durch Unterstützung örtlicher Bauunternehmen gemacht oder durch örtliche Veranstaltungen finanziert“, erklärte Meyer.

Er und seine Frau haben in dieser Woche ehrenamtlich Wirt-Dienst. Noch so eine Besonderheit. Dem verbliebenen Wirtshaus am Ort wollen sie keine Konkurrenz machen. Aber zwei- bis dreimal die Woche ist der Schankraum bewirtschaftet. Die Vereinsvertreter kommen hier zusammen.

„Euer Haus erinnert an eine WG für Vereine, von der alle etwas haben. Wir brauchen mehr solcher Dorfinstitutionen“, kommentierte Volker Bauer bei der gemeinsamen Vesper der Kammersteiner und Euerwanger. In Euerwang dürfen sich die Aktiven nun auf vermehrte Besuchergruppen freuen. Bauer will das Projekt als „bayernweit vorzeigbar“ seinen Landtagskollegen präsentieren und bei Finanzminister Söder für ein Sonderprogramm „INTERvereinsheim“ werben.

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