Glosse: Gott sei Dank gibt es nur eine Stadtkirche

9.6.2019, 05:58 Uhr
Sie ist schon ein majestätisches Bauwerk, die Stadtkirche. Kein Wunder, dass sich viele Wissenschaftler und Nicht-Wissenschaftler mit ihr beschäftigen

© Robert Gerner Sie ist schon ein majestätisches Bauwerk, die Stadtkirche. Kein Wunder, dass sich viele Wissenschaftler und Nicht-Wissenschaftler mit ihr beschäftigen

Selbstverständlich gibt es in Schwabach auch in diesen säkularen Zeiten erfreulich viele Gotteshäuser. Aber glücklicherweise gibt es nur eine Stadtkirche. Gäbe es nämlich mehrere Stadtkirchen, dann würden wir ganz sicher den Überblick verlieren über die ganzen Bildbände, Bücher und Kirchenführer, die auf dem Markt wären.

Schon mit unserer einen Stadtkirche (die mit St. Johannes der Täufer und St. Martin aber wenigstens zwei Namen trägt) ist das ja nicht ganz einfach. Zur Erinnerung: Vor nicht einmal zwei Wochen haben die umtriebigen Stadtführer Klaus Huber und Ulrich Distler ein 60 Seiten umfassendes Bändchen mit vielen Bildern vorgestellt.

Neues Werk, neue Vorstellungs-Show

Kaum hatten die Gäste drei Rosenkränze heruntergerattert (Tschuldigung, diese Form des katholischen Gebets gibt’s eigentlich nur in St. Sebald und St. Peter und Paul), schon standen die Mitglieder des Geschichts- und Heimatvereins vor den Türen der evangelischen Stadtkirche und präsentierte einen neuen Bildband von Schwabachs wertvollstem Bauwerk. Heraldiker Eugen Schöler und Stadtheimatpflegerin Ursula Kaiser-Biburger gehörten zu den profunden Protagonisten der kurzweiligen Vorstellungs-Show.

Natürlich gibt es auch viele ältere Kirchenführer der Johannes- und der Martinskirche. Erinnert sei an dieser Stelle nur an die Schriften von Dr. Kurt Pilz aus den Jahren 1951 und 1979.

Das Standardwerk des Kollegen

Wir dürfen in diesem Zusammengang aber auch ganz bescheiden darauf hinweisen, dass unser Kollege he vor einigen Jahren ebenfalls einmal ein ganzes Buch über die Stadtkirche verfasst hat. Besser gesagt: Es war kein Buch, es ist aus unserer Sicht gewissermaßen das Standardwerk zur Stadtkirche. Kernaussage war, dass das 1495 geweihte Gotteshaus einen romanischen Kern, mehr noch, ein „romanisches Herz“ hat. Richtig spektakulär war seine These, dass der Bau früher einen zweiten Turm hatte.

Um ehrlich zu sein: Die aufsehenerregende Theorie konnte sich in der Fachwelt nie richtig durchsetzen, und das Buch vom fleißigen Kollegen he erwies sich als rechter Ladenhüter, der noch heute die Schränke in den Redaktionsstuben verstopft.

Dabei hatte he durchaus einige Indizien zusammengetragen, die für seine Theorie sprechen. Eine alte Zeichnung zum Beispiel oder ein paar Hinweise an der Mauer. Aber mit Indizien in Kirchenbüchern ist es manchmal halt wie mit Indizien vor Gericht: Manchmal reichen sie, um die Wahrheit herauszufinden, manchmal reichen sie nicht. Im Fall des Kollegen müssen wir festhalten: Sie reichten nicht.

Verwandte Themen


Keine Kommentare