Goldrichtig: Einkaufswahnsinn am halben Feiertag

19.8.2018, 06:00 Uhr
Ja, da hätte man auch dran denken können: An Maria Himmelfahrt geht´s in den mittelfränkischen Städten immer besonders eng zu. Denn in vielen Umlandgemeinden haben die Menschen frei.

© Eduard Weigert Ja, da hätte man auch dran denken können: An Maria Himmelfahrt geht´s in den mittelfränkischen Städten immer besonders eng zu. Denn in vielen Umlandgemeinden haben die Menschen frei.

Nicht Billy, sondern Bestå: Ein kleines Schränklein und eine neue TV-Bank, mehr habe ich nicht gebraucht in dieser Woche von diesem großen schwedischen Möbelhaus mit den vier Buchstaben. Also habe ich mich nach Feierabend noch ins Auto gesetzt, bin durch die Nürnberger Autobahnbaustellen gezockelt und schließlich in Fürth gelandet.

Dummerweise, und daran hatte ich gar nicht mehr gedacht, war Maria Himmelfahrt. Feiertag in 1700 von 2000 bayerischen Gemeinden. Der Parkplatz war rappelvoll, und gefühlt hatten alle Katholiken aus diesen 1700 Feiertags-Gemeinden Kinder und Kegel ins Auto verfrachtet und waren zum Shopping-Wahnsinn ins protestantische Mittelfranken gekommen.

Kinder rein, Kinder raus

Die jungen Mitarbeiter am Empfang taten mir leid. Sie kamen gar nicht mehr nach mit der Abnahme und der Ausgabe von plärrenden Stöpseln. Die einen wollten ganz offenbar nicht ins Kinderland. Und die anderen wollten nicht mehr heraus. Es grenzt an ein Wunder, dass jeder Erwachsene am Ende wieder das passende Kind zugewiesen bekam. Noch am frühen Abend waren im Bällebad mehr Kinder als Bälle.

Ich dachte bei mir: Hoffentlich hat sich da nicht jemand aus dem Staub gemacht. Schließlich kennt man ja die Geschichten vom nicht mehr ganz so goldigen Hund, der während der Ferien ausgesetzt wird. Kann es wirklich sein, dass Vierbeiner auf Autobahnparkplätzen zurückgelassen werden und nicht mehr so brave Kinder bei Ikea?

Der Möbel-Multi aus Skandinavien hat aber Tags darauf nicht Alarm geschlagen. Es muss also am Ende unter dem Strich null auf null aufgegangen sein.

Endlose Gänge

Außerdem landeten ja nicht alle Kinder im Spielzeug-Paradies. Wer keinen Platz mehr bekam, und das waren sehr, sehr viele, der musste sich mit Mama und Papa bei 30 Grad und einem Sauerstoffgehalt von geschätzt fünf Prozent notgedrungen durch die endlosen Gänge schlängeln, vorbei an Wohnzimmern und Kinderzimmern, an Schlafzimmern und Esszimmern, an TV-Möbeln und Gartenstühlen. Vorbei an Tovsippa und Kallax, an Örtfylld und Mjösa, an Grönild und Bror, an Raklev und Omedelbar, an Vassviken und – endlich – an Bestå.

Ich hätte mich dort gerne auf die Zusammenstellung meiner Schubladenfronten für die TV-Bank konzentriert, wurde aber ständig von nachfolgenden Kinderwagen verscheucht. Der Lärmpegel glich dem eines startenden Düsenjets. Die Mitarbeiterin war jedoch erstaunlich gelassen und hatte meine Wünsche binnen Sekunden in ihren Computer eingetragen und mir die Einkaufsliste ausgedruckt.

Jetzt nur noch schnell ins Parterre und die verpackten Teile aus den Hochregalen ziehen. Doch was heißt schnell? Im Untergeschoss verdoppelte sich der Andrang, weil jetzt 10 000 Kinderwagenschieber mit 15 000 Einkaufswagenschiebern konkurrierten um den knappen Platz in den Gängen. Ein Verkehrsaufkommen wie beim täglichen Dauerstau auf der A 6 vor Schwabachs Haustür.

Nie mehr am halben Feiertag

Eine Stunde später hatte ich meine fünf Pakete beisammen, weitere 45 Minuten später waren sie bezahlt und im Auto verstaut. Auf dem Heimweg habe ich mir zwei Dinge überlegt. Erstens: Bestå gerne wieder – aber nie samstags und keinesfalls mehr an einem 15. August.

Zweitens: Wie schön, wenn das eigene Kind bald volljährig wird und zwar null Bock auf Möbelhäuser hat, aber die Möbel sehr gerne und mit viel Geschick aufbaut (was mir, dem Mann mit den zwei linken Händen, durchaus entgegenkommt).

Zeit zum Sinnieren hatte ich auf der Heimfahrt jedenfalls genug. An den Rampen nämlich stand ich: im Stau.

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