Goldrichtig: "Magic Joe" bleibt auch am Kap einer von uns

8.3.2020, 06:00 Uhr
Hat sich früher in Wendelstein aufgeregt, später beim HSV und jetzt halt in Südafrika: Josef "Joe" Zinnbauer.

© Axel Heimken Foto: Axel Heimken (dpa) Hat sich früher in Wendelstein aufgeregt, später beim HSV und jetzt halt in Südafrika: Josef "Joe" Zinnbauer.

Wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, den Sportteil des Schwabacher Tagblatts nicht immer ganz genau studieren, dann ist Ihnen diese Meldung möglicherweise entgangen. Josef Zinnbauer, früher Trainer des Hamburger SV, noch früher Spielertrainer des TSV Wendelstein, noch-noch-früher Mannschaftskamerad eines gewissen Kloppo und noch-noch-noch viel früher, 1970 nämlich, in Schwandorf geboren, trainiert jetzt die Orlando Pirates.

Dafür musste der Fußball-Lehrer im Dezember nicht nach Orlando, Florida, USA, fliegen. Sondern nach Johannesburg, Südafrika. Zinnbauer, zuvor zweieinhalb Jahre ohne Trainerjob, krempelte beim Traditionsverein am Kap einiges um und hatte die üblichen Anfangserfolge. Neue Besen kehren gut, heißt es ja gerne in der Branche. Josef Zinnbauer, den sie schon in Wendelstein "Joe" und später in der (noch erfolgreichen) Anfangsphase beim HSV "Magic Joe" gerufen haben, brachte die Piraten jedenfalls wieder auf Kurs und feierte in acht Spielen sieben Siege und ein Unentschieden.

Dann kam es am vergangenen Wochenende zum Stadtderby gegen die Kaizer Chiefs, und das ging blöderweise 0:1 verloren vor 90 000 Zuschauern, weshalb es wahrscheinlich nichts mehr werden wird mit der Meisterschaft.

Zinnbauer war danach natürlich traurig, dafür durfte ein anderer bei diesem in Südafrika ausgerufenen "The battle of the Germans" ("die Schlacht der Deutschen") jubeln. Die Kaizer Chiefs werden nämlich von Ernst Middendorp trainiert.

Middendorp wird zumindest in Bielefeld als "Jahrhunderttrainer" verehrt. Aber weil man nicht genau weiß, ob Bielefeld überhaupt existiert, tauschte auch Middendorp das beschauliche, grüne Ostwestfalen gegen das sonnige, staubige Johannesburg.

Middendorp ist ein Trainer alter Schule. "Joe" dagegen, der jetzt in Johannesburg auch "Jay-Z" genannt wird, war schon immer ein Paradiesvogel in diesem überkandidelten Fußballgeschäft. Als er in den Neunziger Jahren einen Profivertrag beim Karlsruher SC unterschrieb, hatte es der gelernte Versicherungskaufmann bereits zu ordentlichem Reichtum gebracht. Sein früherer Mitspieler Jürgen Klopp hat einmal berichtet, dass Zinnbauer vor und nach dem Training mit zwei Handys gleichzeitig Geldgeschäfte tätigte – während die anderen noch nicht einmal wussten, was ein Handy überhaupt ist. Der Legende nach fuhr er einen Ferrari als Zweitwagen, meldete jüngst die Süddeutsche Zeitung. Das meistgeklickte Youtube-Video zum Suchbegriff "Zinnbauer" ist ein zeitlos schöner Beitrag, den die Redaktion von "Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs" aus dem Archiv holte: der 24-jährige Zinnbauer, wie der im hellgrün-gelb karierten Sakko am Schreibtisch sitzt und quasi nebenbei seinem Traumberuf als Fußballer nachgeht.

Auch wenn ihn die Karriere als Kicker bis zu den Profis und die Karriere als Fußball-Lehrer in weit, weit entfernte Länder geführt hat: Irgendwie wird Magic Joe für uns beim Schwabacher Tagblatt immer gefühlter Wendelsteiner bleiben. So lange wie hier hat er es nämlich bei keinem anderen Verein mehr ausgehalten. Schon als 19-Jähriger kickte er für ein Jahr beim FV Wendelstein, ehe er nach Göttingen weiterzog.

Gegen Ende seiner Karriere als Spieler, von 1998 bis 2004, lief er sechs Spielzeiten lang für den TSV Wendelstein auf – als Spielertrainer. Dann kamen der Henger SV und der VfB Oldenburg, der KSC und der HSV, der FC St. Gallen und die Orlando Pirates.

Zinnbauers nächste Station werden wir im Tagblatt selbstverständlich wieder bekanntgeben. Allerdings müssen Sie da, liebe Leserin, lieber Leser, schon den Sportteil lesen.