Hypnose als letzter Ausweg

18.6.2009, 00:00 Uhr

Zum Beispiel Daniel Pflaumer. 15 Jahre lang war der 24-jährige Schwabacher, der jetzt in Fürth wohnt, auf keinem Zahnarztstuhl mehr gesessen. Er hatte schlicht panische Angst. Schon wenn er nur an die Frauen und Männer mit dem grünen Mundschutz dachte, «bekam ich Schweißausbrüche und Bauchschmerzen», berichtet er. Und wenn Freunde und Bekannte von ihrem jüngsten Zahnarztbesuch erzählten, wurde ihm Schwarz vor Augen.

Über seine Schwester fand er schließlich zu Elke Bedrich-Weiner. Es hat ihn riesige Überwindung gekostet, einen Termin wahrzunehmen. Aber heute, sechs Monate später, fühlt er sich wie ein neuer Mensch: Bedrich-Weiner hat Daniel Pflaumer in Hypnose versetzt und dann behandelt. Der Patient fühlte sich dabei entspannt, die Angst vor Schmerzen war unbegründet. Inzwischen sind die Zähne saniert, Pflaumer muss nur noch zur regelmäßigen Kontrolle kommen. Überwindung kostet ihn das nicht mehr. «Der schlimmste Moment ist für mich jetzt der, an dem die Hypnose zu Ende ist und ich nach Hause gehen muss.»

Folgen einer «Horror-Stunde»

Wie Daniel Pflaumer hatte auch Heribert Jakob im Laufe der Jahre eine regelrechte Zahnarzt-Phobie entwickelt. Im Gegensatz zu Pflaumer geht sie bei ihm jedoch zurück auf ein einschneidendes Erlebnis. 1981 hatte ihm ein Bundeswehr-Zahnarzt einen Zahn gezogen, der auf Eiter gesessen war. Eine «Horror-Stunde» sei das seinerzeit gewesen, erinnert er sich. Es war so schlimm, dass er fortan um jede Zahnarzt-Praxis einen weiten Bogen gemacht hat. Über zwei Jahrzehnte lang ging das so, Zahnschmerzen hat er einfach mit reinem Alkohol überpinselt.

Dabei ist Jakob ansonsten nicht zimperlich. Als er sich einmal mit einer Säge fast vier Finger abgesägt hat, verband er die Wunde selbst. Das Krankenhaus benötigte er nur, um die Wunden zu flicken. Das Fädenziehen übernahm er dann wieder in Eigenregie.

Jahrelang hat ihn seine heutige Frau Angela gedrängt, den sanften Weg der Zahnheilkunde zu gehen und sich hypnotisieren zu lassen. 2004 hat er schließlich eingewilligt. Die erste Sitzung, erinnert sich Elke Bedrich-Weiner noch heute, sei nicht leicht gewesen. Heribert Jakob saß zu Beginn so verspannt auf dem Stuhl, dass er noch Tage später Muskelkater in den Beinen (!) hatte.

Heute ist Jakob aber ein glücklicher Mensch. Die Panik-Attacken sind Vergangenheit, inzwischen geht er wieder alleine zum Zahnarzt. Und den nächsten Schritt will der bald in Angriff nehmen: «Dann werde ich selbst anrufen und mir einen Termin geben lassen.»

Wer der 1994 gegründeten Deutschen Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose (DGZH) angehören will, der muss mehrere Seminare besuchen und sich jährlich weiterbilden. Elke Bedrich-Weiner fand das Thema so spannend, dass sie diese Zusatzausbildung 2002 absolviert hat. Bereut hat sie es bisher nicht. Sie und rund 1600 Kolleginnen und Kollegen in ganz Deutschland sind ein Rettungsanker für solche Leute, die ansonsten zu keinem Zahnarzt mehr gehen würden.

So wie Marion Eckert. Anders als Daniel Pflaumer und Heribert Jakob hatte sie keine Angst vor dem Zahnarzt selbst, wohl aber vor der Spritze. Hintergrund: Vor vielen Jahren hatte sie ein Betäubungsmittel nicht vertragen und einen Schock erlitten. «Und seither jedes Mal das große Zittern bekommen, wenn ich nur eine Zahnarzt-Praxis von außen gesehen habe.» Jahrelang hat sie gelesen und recherchiert, am Ende ist auch sie bei Elke Bedrich-Weiner gelandet. Dass sie dafür von ihrem Wohnort in der Nähe von Bayreuth eineinhalb Stunden Fahrzeit in Kauf nehmen muss, stört sie nicht: «Ich würde auch einen halben Tag oder einen Tag lang fahren.»

Bei Marion Eckert hat es Bedrich-Weiner geschafft, eine an sich schmerzhafte Wurzelbehandlung ohne Narkose durchzuführen. Und die Patientin ist danach gut gelaunt aufgestanden, hat sich ins Auto gesetzt und ist wieder nach Hause gefahren. Die Zahnärztin setzte bei ihr auf die so genannte Handschuh-Anästhesie. Sie schafft es dabei, dass die Patientin zunächst das Gefühl in den Fingerspitzen verliert, und dieses Taubheitsgefühl dann auf den Kiefer überträgt.

Wichtig: Mit den Show-Hypnosen im Fernsehen will die DGZH und will auch Elke Bedrich-Weiner nichts zu tun haben. Ihre Patienten bestätigen, dass sie während der Hypnose nicht im luftleeren Raum schweben, sondern jederzeit Herr der Situation sind. Der einzige Unterschied zum reinen Wach-Zustand: «Du denkst an etwas schönes und bist total entspannt», sagt Daniel Pflaumer.

Wer sich über die Deutsche Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose e.V. informieren will, kann dies im Internet unter www.dgzh.de tun. Wichtig: Krankenkassen übernehmen die zusätzlichen Kosten für die Hypnose nicht. Sie liegen je nach Dauer zwischen 80 und 150 Euro. Später fallen deutlich geringere oder gar keine Zusatzkosten mehr an, weil die Patienten allmählich lernen sich selbst in Hypnose zu versetzen.