Jurist und Völkerrechtler kritisiert Freihandelsabkommen

4.4.2014, 10:25 Uhr
Jurist und Völkerrechtler kritisiert Freihandelsabkommen

© dpa

Was dahintersteckt, machte auf Einladung eines Schwabacher Bündnisses der Erlanger Jurist und Völkerrechtler Professor Dr. Markus Krajewski deutlich.

„TTIP“ wird ein Abkommen bezeichnet, das zwischen der EU und den USA Handelsschranken abbauen und Investitionen schützen soll. Es bringe Zusätzliches Wachstum und mehr Arbeitsplätze, sagen die Befürworter. Kritiker sehen darin jedoch „einen Generalangriff auf unsere Demokratie“.

Krajewski fasste die ökonomischen Auswirkungen zusammen: „Wenn ich die Vor- gegen die Nachteile abwäge, dann kann ich nicht erkennen, warum wir dieses Abkommen brauchen.“

Undurchsichtige Gerichte

Seine Hauptkritik richtet sich gegen den geplanten Investitionsschutz. Es sei vorgesehen, unter Umgehung der nationalen Gerichtsbarkeit eigene Schiedsgerichte einzurichten. Sie sollen Staaten verurteilen könnten, wenn sie US-Unternehmen durch neue Maßnahmen unfair oder ungerecht behandeln. „Dazu wird es ein eigenes Regelwerk geben, das zwischen der EU und den USA vereinbart wird“, so Krajewski. Auf diese Weise könnten politische Maßnahmen nationaler Regierungen ausgehebelt werden. „Diese Schiedsgerichtsbarkeit ist intransparent und nicht neutral“, sagte Krajewski. Schon die Besetzung sei völlig undurchsichtig: „Mal ist jemand Schiedsrichter, mal ist er Anwalt.“ Das Verfahren sei nichtöffentlich.

„Die Konzerne werden mächtiger als die Staaten“, kommentierte ein Zuhörer diese Aussichten. Ein anderer sah darin allein „einen Gottesdienst für die Götter Markt und Wachstum“. Ein dritter forderte: „In den Papierkorb damit.“

Gefahren drohen nach Auffassung des Juraprofessors auch für die öffentliche Daseinsfürsorge in Deutschland. Denn das Verhandlungsmandat umfasse auch neue „Marktzugangsmöglichkeiten in allen Sektoren von Dienstleistungen“. Dadurch seien insbesondere lokale Monopole wie etwa Stadtwerke bedroht, so Krajewski.

Er stellte den angeblichen Wachstumseffekten in Europa die Verluste gegenüber. „Mexiko, Kanada und Australien werden die Verlierer sein.“ In Europa hingegen werden zwischen 0,25 bis 0,5 Prozent zusätzliches Wachstum jährlich prognostiziert. Daraus resultieren bis 2027 angeblich zwischen 400000 und einer Million zusätzlicher Arbeitsplätze in der EU. Für Deutschland werden bis zu 200000 neue Arbeitsplätze erwartet.

In der Synagoge hatten sich in ganz überwiegendem Maße die Kritiker des neuen Freihandelsabkommens eingefunden. Das Interesse war so groß, dass sämtliche Plätze auch auf der Galerie belegt waren und einige Zuhörer stehen mussten. Für sie alle gibt es nach Einschätzung von Markus Krajewski noch Hoffnung. Er ermunterte sein Publikum, zahlreich und mächtig das Wort in der öffentlichen Debatte zu erheben: „Denn sie beeinflusst die Verhandlungen. Vielleicht gelingt es auf diese Weise, das Abkommen noch zu verhindern."

Vertagung im Stadtrat

Kritisch ist die Stimmung auch im Schwabacher Stadtrat. CSU, SPD, Grüne und Freie Wähler hatten einen gemeinsamen Antrag formuliert. Das Ziel: Die Stadt solle ihre Ablehnung im Städtetag einbringen und sie auch gegenüber Mandatsträgern und dem Bundeswirtschaftsminsterium ausdrücken.

Allerdings wurde in der jüngsten Stadtratssitzung die Abstimmung mit 19:17 Stimmen vertagt. CSU, FW und FDP wollen „die kommunalpolitische Argumentation konkreter formulieren“, so OB Matthias Thürauf. SPD und Grüne halten das für überflüssig. „Wir sollten uns inhaltlich nicht entmündigen lassen“, sagte Grünen-Fraktionschef Klaus Neunhoeffer.

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