Kleine Bauernhöfe statt industrielle Massentierhaltung

2.9.2013, 07:00 Uhr
Kleine Bauernhöfe statt industrielle Massentierhaltung

© Wilhelm

"Ich bin eine Fränkin“, sagt sie und erklärt wieso: "Geboren bin ich in Fürth, aufgewachsen in Erlangen, dann habe ich 25 Jahre im Landkreis Ansbach gewohnt und seit März lebe ich in Schwabach.“

Die Stadt gefällt ihr. "Sie ist nicht zu groß und nicht zu klein.“ Und ihr imponiert, wie behutsam die Altstadt saniert wird. Mit ihrem Lebensgefährten ist sie deshalb selbst ins frisch renovierte ehemalige "Vogelbacher“-Anwesen gezogen. Sie genießt die kurzen Wege in der Altstadt.

"Entscheidungshelferin“

Ihr Auto hat sie dennoch behalten. "Weidenbach ist mit dem Bus schwer zu erreichen“, erklärt sie. In dem kleinen Ort bei Triesdorf betreibt sie eine Praxis als "System-Coach“. "Ich bin keine Therapeutin, sondern eine Art Entscheidungshelferin in schwierigen Lebenssituationen. Ich nehme niemandem die Entscheidung ab, sondern zeige Wege auf, wie man sie selbst am besten trifft.“

Eigentlich ist Birgit Raab Diplom-Agrar-Ingenieurin. 1992 hat sie in der Landwirtschaftsschule Triesdorf ihr Examen abgelegt. Vom Seminarraum wechselte sie direkt auf den Bauernhof.

Ihr damaliger Freund, mit dem sie einen 19-jährigen Sohn hat, ist Landwirt. „Wir haben damals den Hof auf ökologischen Landbau umgestellt und zu einem Demeter-Vollerwerbsbetrieb gemacht“, blickt Raab zurück. Nach der Trennung kam die berufliche Neuorientierung.

Politisch aber sind die Themen Landwirtschaft und gesunde Ernährung bis heute ihr Schwerpunkt geblieben. Ab 1998 wurde sie drei Mal als Spitzenkandidatin der Grünen in den Bezirkstag gewählt. Jetzt aber hört sie auf. "Freiwillig“, wie sie betont. "Nach 15 Jahren tut eine Politikpause gut.“

"Wenn’s sein soll, wird’s sein“

Ein für eine Kandidatin ungewöhnlicher Satz. Doch dass sie nahtlos vom Bezirks- in den Bundestag wechselt, das ist eher unwahrscheinlich. Nur CSU oder SPD haben Chancen auf das Direktmandat im Wahlkreis Nürnberg-Süd, zu dem Schwabach gehört. Und auf der grünen Landesliste für die Bundestagswahl steht sie nur auf Platz 19. "Damit ich noch reinkomme, bräuchten wir rund 17 Prozent“, rechnet sie hoch. So weit reicht selbst ihr Optimismus nicht. "Vielleicht klappt es noch als Nachrückerin. Mein Platz ist also nicht aussichtsreich, aber auch nicht ganz aussichtslos. Wenn’s sein soll, wird’s sein. Da bin ich ganz entspannt.“

Kämpferisch wird sie, wenn es um die Zukunft der Landwirtschaft geht. Heftig kritisiert sie die mögliche Zulassung der besonders umstrittenen genmanipulierten Maissorte "Smart Stax“ des US-Konzerns Monsanto in der EU. Die Bundesregierung hat sich in der EU enthalten, weil CSU-Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner dagegen, FDP-Wirtschaftsminister Rösler aber dafür ist. Raab vermisst eine klare Haltung: "Dieses Vorgehen zeigt die Scheinheiligkeit der CSU, die immer vorgibt, gegen Gentechnik zu sein.“

Macht der Verbraucher

Doch gefragt sind auch Verbraucher. "Wie wir einkaufen, entscheidet darüber, welche Betriebe überleben und welche Landwirtschaft betrieben wird. Eine regionale mit kleinen Bauernhöfen oder eine industrielle mit Massentierhaltung und dem Import von Genmais als Futtermittel.“

Für große Aufregung hatte ein Vorschlag der Grünen zur gesunden Ernährung gesorgt: der "Veggy Day“, also ein "vegetarischer Tag“ in Großküchen. "Ich selbst war Vegetarierin. Heute esse ich Fleisch. Zwar wenig, aber dafür achte ich auf Qualität und ordentliche Tierhaltung.“

"Veggy rein freiwillig“

"Mit dem Veggy Day wollen wir niemanden bevormunden. Das wäre rein freiwillig. Weniger Fleischkonsum ist nicht nur gesünder. Wir hätten weniger Massentierhaltung, weniger Importe von Futtermittel wie Soja und weniger Flächenverbrauch für den Sojaanbau etwa in Südamerika. Das wiederum würde auch dem Klimaschutz helfen.“

Wegen des Flächenverbrauchs sieht sie auch den Ausbau der Biogasanlagen in Deutschland "an der Grenze“. Wenn dafür im großen Stil Mais angebaut werde, dann entstehe eine "Fläckenkonkurrenz“. "Und dann sage ich: Teller vor Tank.“

Bei der Energiewende setzt sie mehr auf Wind, Sonne und Einsparungen. Eine neue Regierung mit den Grünen werde die Energiewende energisch vorantreiben. Dass sie die Stromkosten nach oben treibe, stimme nicht. "Durch die erneuerbaren Energien ist der Strompreis an der Leipziger Strombörse gesunken. Doch das wird von den Energiekonzernen nicht weitergegeben“, sagt Raab. Der schwarz-gelben Bundesregierung wirft sie vor, immer mehr Großbetriebe von der EEG-Umlage zu befreien. "Dadurch wird der Strom für die Verbraucher teurer.“

Gerechtere Steuern

Teurer würde es auch für Besserverdienende, wenn die Grünen ihre Steuerpläne durchsetzen könnten. "Wir versprechen nicht das Blaue vom Himmel, sondern legen eine durchgerechnete Finanzierung ohne neue Schulden vor. 37,8 Milliarden Euro wollen die Grünen für die Modernisierung der Infrastruktur auftreiben. 55 Prozent durch Einsparungen, die anderen 45 durch Steuern. So soll etwa der Spitzensteuersatz etwa für Singles ab einem Jahreseinkommen von 80000 Euro von 43 wieder auf 49 Prozent steigen. Aber: "90 Prozent der Leute würden entlastet. Belastet werden diejenigen, die auch etwas mehr abgeben können.“

Keine Kommentare