Kubanische Klänge beim 22. "Jazz & Blues Open"

30.4.2015, 15:05 Uhr
Kubanische Klänge beim 22.

© Hans von Draminski

Marialy Pacheco ist eine laszive Klavierkatze. Ja, ein virtuos traktiertes Jazzpiano kann sexy sein. Und ja, die alte Latin-Schiene mit Rumba, Samba, Salsa und Co. ist noch längst nicht tot. Bei der 32-jährigen Kubanerin und ihren „Sidekicks“ Juan Camilo Villa am Bass und Miguel Altamar am Schlagzeug wird aus ausgelutscht geglaubten Nummern wie „El Manicero“ feiner, intelligenter Contemporary Jazz.

Marialy Pacheco gibt mit Witz und Phantasie die einfallsreiche Motiv-Vernichterin, die bekannte Melodien förmlich atomisiert, strukturell durchleuchtet und dann neu akzentuiert und rhythmisiert wieder zusammensetzt.

Gewiss kein Stoff für notorische Mitklatscher, zumal das kubanische Trio in der gut gefüllten Jegelscheune ein hörbares Faible für unegale Taktmaße und komplexe Synkopen-Konstruktionen hat.

Wer allerdings den hinterfragten Metajazz Holly Coles mag, ist auch bei Marialy Pacheco, die 2012 als erste Frau den Montreux Jazzfestival Award in der Kategorie „Solo Piano Competition“ abgeräumt hat, richtig.

Joo Kraus erkrankt

Dass Trompetenguru Joo Kraus krankheitsbedingt sehr kurzfristig absagen musste, erweist sich als nachgerade winziger Wermutstropfen, denn Marialy Pacheco hat mit der Sängerin Olvido Ruiz Castellanos einen Joker aus dem Hut gezaubert, der sich hören lassen kann: Olvido Ruiz Castellanos erweist sich als samtstimmige Balladenexpertin, die aus einer Musikerfamilie stammt und dieses Erbe auch zu keiner Zeit verleugnet.

Ihre Mutter Jaqueline Castellanos gilt als lebende Legende des Son – und Olvido Ruiz hat dieses Talent fraglos geerbt. Wenn sie traurige Liebesgeschichten mit leisem Augenzwinkern kredenzt, erreicht sie sehr schnell die Herzen ihrer Zuhörer. Und dann darf auch mitgesummt werden. Ehe zu viel trügerische Urlaubsstimmung aufkommt, holt das Instrumental-Trio sein Publikum mit druckvollen Grooves auf den Boden der Tatsachen zurück.

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