Migrationshintergrund als Bereicherung

17.1.2011, 09:02 Uhr
Migrationshintergrund als  Bereicherung

© Schrebel

„Migrationshintergrund ist eine Bereicherung“, hatte die Referentin vollmundig angekündigt. Und behielt Recht, wie sie anhand empirischer Untersuchungen in ihrer Dissertation festgestellt hat und nun ebenso knapp wie unterhaltsam skizzierte.

Dreimal so viele ausländische wie deutsche Kinder erreichen keinen Schulabschluss, beim Hochschulabschluss stehen 31 Prozent Deutsche ganzen 12,8 Prozent an Absolventen mit Migrationshintergrund gegenüber. Wie wichtig deshalb Integration ist, hatte die SPD-Vorsitzende, MdL Helga Schmitt-Bussinger, anhand einiger markanter Zahlen aufblitzen lassen. Andererseits werden viele ausländische Schulabschlüsse hier immer noch nicht anerkannt. Schmitt-Bussinger: „Es kann nicht sein, dass ein polnischer Ingenieur hier als Reinigungskraft arbeiten muss.“

Potenziale fördern, Probleme lösen

Da kam die Einladung an Dr. Nicole Kimmelmann zum Neujahrsempfang der Schwabacher SPD-Frauen gerade recht: „Jeder Mensch ist dazu bestimmt, ein Erfolg zu werden. Die Welt ist dazu bestimmt, ihm diesen Erfolg zu ermöglichen.“ Nach diesem Leitsatz hat die junge Wirtschaftspädagogin schon während ihres Studiums als Berufsbegleiterin umgesetzt. Junge Menschen aus der früheren Sowjetunion, aus islamischen Ländern oder mit jedweden sprachlichen Problemen betreute und begleitete sie, half ihnen, einen Ausbildungsplatz zu finden. Und entdeckte schon damals: „Meist wurden Migranten nur aus der Defizitperspektive betrachtet, ihre Potenziale spielten keine Rolle.“ Wenn man aber ihre Potenziale fördere, können damit auch Probleme gelöst werden – Migrationshintergrund kann eine Bereicherung sein. So können die Mitarbeiter in einem Betrieb, der international und global fit werden will, von der interkulturellen Kompetenz der ausländischen Kollegen nur profitieren. Kimmelmann: „Eine multikulturelle Belegschaft kann sich zum richtigen Gewinn für ein Unternehmen entwickeln.“

Rechenmethoden anderer Länder

Das Wissen aus der eigenen Kultur, ihre sprachlichen Erfahrungen können und wollen junge Menschen beisteuern. Warum also nicht gerade in Schulen die unterschiedlichen Lernbiografien nutzen? Schüler in Dr. Kimmelmanns Matheunterricht haben die Rechenmethoden anderer Länder vorgeführt und miteinander ausprobiert, schwächere Schüler profitierten so von den stärkeren.

Das individuelle Einstellen auf jeden einzelnen ist eigentlich ein ganz trivialer Ansatz, gestand die Referentin, aber er werde „einfach zu wenig umgesetzt“. Die Pädagogin hat ihn auf 630 Seiten ihrer Doktorarbeit behandelt und die frohe Botschaft dieser „Bereicherung“ erklärt. Doch schon ihr kurzer Einblick beim Neujahrsempfang sorgte für rege Neugier bei den Zuhörer(inne)n.

Dass die Nürnberger Wissenschaftlerin spontan zugesagt hat, zum inzwischen 16. AsF-Neujahrsempfang zu kommen, freute AsF-Vorsitzende Carolin Linner ganz besonders. Hatte sie, Linner, doch nach der Lektüre eines Porträts von der jungen Doktorin einfach zum Telefonhörer gegriffen und die Einladung ausgesprochen – und sofort eine Zusage bekommen.

Klangvoller Akzent

Zugesagt hatte auch der Gospelchor der Schwabacher Kantorei mit Klaus Peschik an der Spitze. Die Sängerinnen und Sänger setzten bei dem Empfang nicht nur mit volltönenden Gospels einen klangvollen Akzent, sondern verzichteten wie Dr. Kimmelmann auch auf eine Gage. Carolin Linner und ihre Stellvertreterin Gerda Braun konnten eine dementsprechend runde Summe in das Dach des Stadtkirchenmodells werfen.

„Bereicherung“ war dann auch noch im Foyer geboten: Ein fleißiges Helferinnenteam hatte für Kaffee und Sekt und appetitlich angerichtete Leckereien von süß bis scharf als „Gesprächsgrundlage“ gesorgt.