Nürnbergs bester Straßenfahrer

22.1.2021, 13:40 Uhr
Nürnbergs bester Straßenfahrer

© Archiv: Manfred Marr.

Legendär sind auch seine beiden Teilnahmen an der Tour de France. 1932 war er als 20-Jähriger der bis heute jüngste deutsche Fahrer. 1935 musste er nach einem sehr schweren Sturz ausscheiden. "Der 2. Weltkrieg hat mich um meine besten Rennfahrer-Jahre gebracht" ,bedauerte Georg Umbenhauer oft, nachdem er 1952 mit 39 Jahren seine Karriere beendet hatte.

"Wunderkind des Radsports"

Georg Umbenhauer, der als 14-Jähriger beim RV Union Nürnberg 1886 mit dem Radsport begonnen hatte, wurde 1927 von der Presse als "Wunderkind des deutschen Radsports" bezeichnet. Nachdem er als Jugendfahrer auf Anhieb sämtliche Rennen locker gewonnen hatte, erhielt er vom Verband eine Sondergenehmigung, mit der er an den schweren und sehr langen Rennen der Männer teilnehmen durfte. Im gleichen Jahr gewann er das traditionelle Straßenrennen "Bayreuth-Nürnberg" und kurz danach souverän auch die damals berühmte Fernfahrt "Nürnberg-München-Nürnberg" über mehr als 300 Kilometer.

Nürnbergs bester Straßenfahrer

© Archiv: Manfred Marr.

In den nächsten Jahren startete er eine beachtliche Serie von 60 Siegen bei sehr gut besetzten Rennen. 1931 wurde er in Berlin Deutscher Straßenmeister der Amateure. Bereits mit 19 Jahren – auch das geschah mit einer Ausnahme-Genehmigung – durfte er vorzeitig ins Lager der Berufsfahrer wechseln. Auch hier setzte Umbenhauer seine außergewöhnliche Siegesserie sofort unaufhaltsam fort. So gewann er als jüngster deutscher Profi auf Anhieb "Rund um Frankfurt", den "Großen-Saarland-Preis" und den "Großen Sachsen-Preis"!

Kein Wunder, dass man den jungen Umbenhauer 1932 für die Tour de France nominierte. Auf jeder der 21 Etappen war er einer der wichtigsten und zuverlässigsten Helfer seines Teamkapitäns Kurt Stöpel, der nach drei harten Wochen Zweiter der Tour de France wurde! Eine Superleistung des Berliners und der deutschen Mannschaft, die erst 65 Jahre später von Jan Ullrich übertroffen werden sollte!

Nürnbergs bester Straßenfahrer

Auch bei seiner zweiten Teilnahme an der Tour de France war Georg Umbenhauer 1935 einer der besten Fahrer der deutschen Nationalmannschaft. Vor allem auf den langen und schweren Steigungen der Alpen und Pyrenäen war der inzwischen 23-jährige Nürnberger ganz in seinem Element. Als bester deutscher Bergfahrer lag er aussichtsreich auf den achten Platz der Gesamtwertung, als er bei einer rasanten Abfahrt in den Pyrenäen sehr schwer stürzte. Mit gebrochenem Schlüsselbein fuhr er zwar noch über den 2015 Meter hohen Tournalet-Pass, doch dann brach er zusammen und musste die Tour aufgeben.

Radsportbegeisterte Noris

Im folgenden Jahr war Georg Umbenhauer wieder wie gewohnt ganz groß in Form. Sein schönster Sieg war 1936 bei der Deutschen Straßenmeisterschaft der Profis in Chemnitz. Eine gewaltige Radsportbegeisterung brach 1938 in der Noris aus, als der inzwischen 25-Jährige bei der Deutschland-Rundfahrt die erste Etappe von Berlin nach Zittau gewann, in den folgenden Tagen dreimal als Zweiter aufs Treppchen stieg und am Ende Achter in der Gesamtwertung wurde.

Ganz Nürnberg fieberte ein Jahr später der "Groß-Deutschland-Rundfahrt" entgegen, mit der die Nationalsozialisten 1939 die Tour de France in den Schatten stellen und die Größe des damaligen deutschen Reiches demonstrieren wollten. Die Strecke führte in 20 Etappen über 5049 Kilometer auch durch das heutige polnische Staatsgebiet und durch das damals angegliederte Österreich.

Nürnbergs bester Straßenfahrer

© Archiv: Manfred Marr.

In Nürnberg feierten die Fans ihren Lokalmatador Georg Umbenhauer bereits vor dem Start stürmisch – und der enttäuschte sie nicht. Nach einem Sieg auf der 5. Etappe von Reichenbach nach Chemnitz, die er nach 210 Kilometern sicher vor dem Belgier Sylain Grisolle und dem Franzosen Paul Chaocque gewann, übernahm er das Gelbe Trikot des Spitzenreiters. Drei Wochen lang war der junge Nürnberger dann der überragende Mann der schweren Rundfahrt, die er mit fast zehn Minuten Vorsprung vor dem Schweizer Tour-de-Suisse-Sieger Robert Zimmermann und seinem Nürnberger Lokalrivalen Fritz Scheller gewann! Wenige Wochen danach unterbrach der 2. Weltkrieg den internationalen Sportbetrieb und damit auch die so viel versprechend begonnenen Karrieren der beiden Nürnberger.

Letzte Startmöglichkeiten für Profis waren die damals populären Steherrennen. Nach hartem Training hinter Motoren ging Umbenhauer bei der Deutschen Stehermeisterschaft 1940 am Reichelsdorfer Keller an den Start. Mit seiner kampfbetonten Fahrweise begeisterte er die fränkischen Fans und schaffte sicher die Teilnahme am DM-Finale, bei dem er für die große Überraschung sorgte und hinter dem Kölner Allrounder Toni Merkens (1936 Olympiasieger im Sprint) Zweiter wurde. Damit war er der erste Nürnberger der bei einer Steher-DM auf dem Treppchen stand.

Nach einer 7-jährigen Zwangspause setzte Georg Umbenhauer in den Nachkriegsjahren seine Radsportkarriere als einer der ältesten Fahrer fast nur noch bei Steherrennen, Zweier-Mannschaftsrennen und Sechstagrennen fort. 1952 hängte er nach einem Sturz beim Münchner Sechstagerennen mit 39 Jahren seine Rennmaschine schweren Herzens an den berühmten Nagel. Am 15. Dezember 1970 starb er mit nur 58 Jahren an den Spätfolgen seiner schweren Sturzverletzungen.

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