Pakete für den Autokran zurechtgesägt

10.8.2012, 09:48 Uhr

Möglich ist dies, weil jetzt alle Erdgeschoss-Wände frei liegen. Auf der Ostseite des historischen Gebäudes war das Erdgeschoss zum Keller geworden, weil hier für die Rampe der Schwarzachbrücke über die Jahrhunderte hinweg die Straße immer höher gelegt worden war.

In den vergangenen Wochen hatte eine Baufirma eine Bohrpfahl-Wand mit einigem Abstand zum Haus in der Straße gebaut. Nach dem Aushärten des Betons konnten Arbeiter das Erdreich zwischen Bohrpfahl-Wand und Hauswand entfernen. Auch in dem so entstandenen Graben treffen nun die Zimmerer die Vorbereitungen für den Abtransport der Wände.

Dafür zerlegen sie die Steinwände in Autokran gerechte Pakete: Sie schneiden senkrecht etwa vier Meter breite Stücke zurecht und setzen fast ganz unten zu beiden Seiten waagrechte Schnitte. In diese waagrechten Trennschnitte führen sie zu beiden Seiten des jeweiligen Wandsegments Stahl-L-Schienen ein und verschrauben sie durch Stahlstangen mit dem jeweiligen Mauerstück. Die Stabilität in der Senkrechten gewährleisten Holzbalken, die mit weiteren Stahlstangen am oberen Ende zusammen gespannt sind. Ein Autokran kann diese Wandstücke dann mithilfe einer Traverse auf den Transporter hieven.

Ziel dieses aufwändigen Verfahrens ist es, die Wände möglichst originalgetreu samt Putz und eventueller Bemalung in der Mittelalter-Baugruppe des Freilandmuseums wieder aufzurichten. Lediglich die unterste Steinreihe wird noch von Hand abgetragen. In Wendelstein bleiben lediglich die Grundmauern aus Bruchsteinen zurück.

Die leichteren Teile des Fachwerk-Obergeschosses sind bereits in Bad Windsheim eingelagert. Die deutlich schwereren Erdgeschoss-Wände werden ab Montag weggeschafft. Deswegen bleibt die Hauptstraße noch bis nächsten Freitag gesperrt.

Archäologen graben weiter

Sind die Wände weg, beginnt die Arbeit der Bauforscher und Archäologen erneut. Die Ausgrabungen dauern wahrscheinlich bis Oktober oder November. Noch steht nicht fest, wie der Markt Wendelstein anschließend das frei gewordene Grundstück nutzt. Der Bauausschuss des Marktgemeinderats wird sich in seiner September-Sitzung mit dem Thema befassen.

Ralf Rossmeissl, Bauforscher des Fränkischen Freilandmuseums, hat schon einiges über das Wendelsteiner Badhaus herausgefunden. Seinen Forschungen zufolge wurde das Wendelsteiner Badhaus 1440 erbaut und nach der Zerstörung im Markgrafenkrieg 1450 erneut aufgebaut beziehungsweise umfassend saniert. Entdeckt hat er mittlerweile auch die Reste eines ehemaligen Nebengebäudes von 1487, das unter der alten Scheune aus dem 19. Jahrhundert lag.

RestevonGewölben?

Interessant dürfte noch das Erdreich unter dem Badhaus sein. Rossmeissl meint, dass sich vielleicht Reste von ehemaligen Gewölben aus dem 15. Jahrhundert erhalten haben könnten. Er hofft auch auf Tonscherben und andere Funde.

Es sind oft Kleinigkeiten, die große Erkenntnisse bringen. Beim Ausschachten zwischen Hauswand und Bohrpfahl-Wand stießen die Arbeiter auf eine steinerne Wasserrinne. Sie leitete einst Regenwasser nach innen zum Kessel. Auf der Straßenseite des Hauses ist in den unteren beiden Steinreihen jetzt eine Baufuge erkennbar. Sie ist ein Indiz für eine Erweiterung des Hauses. Ferner ist zur Straßenseite hin ein Schürloch zutage getreten. Demnach wurde zumindest zeitweise der Ofen des Badhauses von außen beheizt.

Schon jetzt steht für Ralf Rossmeissl fest: „Das Wendelsteiner Badhaus ist das am besten dokumentierte Badhaus in Süddeutschland. Hier haben wir die meisten Spuren von früher gefunden“.

Baldiger Aufbau

In Bad Windsheim kommen die Teile des Wendelsteiner Badhauses vorerst ins Lager. Laut Ralf Rossmeissl ist vorgesehen, das historische Gebäude innerhalb der kommenden sechs Jahre im Fränkischen Freilandmuseum wieder aufzubauen. Dies bedeutet, dass das Badhaus nicht in der Warteliste steht, sondern vorgezogen wird.

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