Premiere für bildende Kunst in der Kirche

30.4.2016, 08:01 Uhr
Premiere für bildende Kunst in der Kirche

© F.: Schmitt

Unter dem Titel „Das Ego träumt“ zeigt der Ansbacher Maler Udo Winkler seine in Farbe ausgearbeitete Version der Holzschnitt-Passion Albrecht Dürers und ein Karfreitags-Triptychon, für das er 2005 mit dem Kunstpreis der Stadt Ansbach ausgezeichnet worden ist.

Die Bewerbung des Künstlers aus Westmittelfranken beim Künstlerbund für eine Ausstellung in der Städtischen Galerie Schwabach war die Initialzündung für die Zusammenarbeit zwischen Kunstverein und Kirche. „Seine Werke schienen uns sehr geeignet für eine Kirche“, sagt Künstlerbund-Chefin Margot Feser. Da traf es sich gut, dass mit der Renovierung der Stadtkirche dort ein eigener kleiner Ausstellungsbereich geschaffen worden war.

Stadt der bildenden Kunst

So suchte Feser kurzerhand das Gespräch mit Paul-Hermann Zellfelder, dem geschäftsführenden Pfarrer des Dekanats, und stieß dort auf offenen Ohren. Nun sind für dieses Jahr bereits drei Ausstellungen vereinbart. 2017 soll eine große gemeinsame Werkschau zum Jubiläum der Reformation stattfinden. „Es ist eine Win-Win-Situation“, sagt Feser, denn es gebe ausschließlich Vorteile für beide Seiten, findet sie. Insbesondere festigt Schwabach damit seinen Ruf als Stadt der bildenden Kunst.

Udo Winkler ist sehr froh über den außergewöhnlichen Ausstellungsort. „Er passt toll zu meinen Bildern“, hat der 67-Jährige festgestellt. Schließlich seien sie sehr groß, und man brauche ein wenig Distanz beim Betrachten. Die kolorierten und neuinterpretierten Passionsbilder haben Platz im Eingangsbereich gefunden. Acht weitere Werke in der Technik alter Meister sind in der Kirche zu sehen.

„Ich habe Bilder ausgesucht, die viel mit Religion zu tun haben“, erklärt Winkler, der 40 Jahre als Kunsterzieher an einer Ansbacher Hauptschule gearbeitet hat.

Betrachter ein Suchender

Eines aber erklärt er von vorneherein: „Meine Bilder sind keine Illustration von Religion.“ Vor allem will Winkler religiöses Gedankengut nicht auf einen allgemeingültigen Nenner bringen. „Der Bildinhalt soll dem Betrachter das Gefühl geben, sich als Suchender zu fühlen, ja man sollte sich einlassen und seinen Weg im Bild erkennen“, so Winkler. So versteht er selbst Religion. „Einen Sinnsucher“ nannte ihn die Fränkische Landeszeitung deshalb einmal. „In den Bildern habe ich meine eigene Ideenwelt aufgebaut.“

Im Abendmahl-Bild der Passion wird dies besonders deutlich. Es steht in der Tradition des Manierismus. Winkler hat es jedoch ohne Jünger gemalt. Jesus allein am Tisch. Er scheint zu schweben wie ein Buddha. Um ihn herum schwirren Elektronen. Rechts vorne ist das Tischtuch verschoben und macht den Holztisch sichtbar, der auf einem strahlend roten, orientalischen Teppich steht. Für Winkler würde ein komplettes Abendmahl nicht den gegenwärtigen Zustand der Kirche abbilden. „Wir befinden uns ja in einer Zeit der Kirchenaustritte, in der Kirchen zu Ausstellungshallen und Diskotheken umgebaut werden“, sagt er. „Die kirchlichen Gemeinschaften sind zum Teil in Auflösung.“

Mit dem Inhalt beschäftigen

Weil die Suche nach dem Sinn im Leben ganz häufig in Abgeschiedenheit erfolge, „tritt uns Jesus auch allein gegenüber und nicht in der Gemeinschaft seiner Jünger“. Das Bild ist also sowohl in seiner Darstellung als auch in Farbigkeit und Aufbau mehr auf Kontemplation, Vertiefung und inhaltliche Beschäftigung ausgerichtet als auf Abbildung. In ihm paart sich die bestechende Analyse des religiösen Zeitgeists mit künstlerischem Ausdrucksvermögen und malerischer Perfektion auf ebenso ideale wie beispielhafte Weise. Einen besseren Auftakt für ihre Kooperation hätten Künstlerbund und Kirchengemeinde kaum gestalten können.

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