Schwabach: Als "Seilschaft" ins Klassenzimmer

9.5.2020, 06:00 Uhr
Schwabach: Als

© Foto: Robert Gerner

Aber Sechs- und Siebenjährige kommen am Montag ja nicht in die Schule. Vorreiter spielen in den Grundschulen die Viertklässler, also diejenigen, die ab September auf eine andere Schule wechseln werden. Sie werden wieder zur Schule gehen, sie werden wieder Freunde sehen. Aber ein Unterricht, wie man ihn bisher kannte, wird das nicht sein.

Das beginnt schon im Pausenhof. Der Hausmeister hat gitterförmig in eineinhalb Meter Abstand orangefarbene Punkte auf den Asphalt gesprüht. Jeder Klecks ein "Standpunkt" für einen Schüler.

Einfach Tür auf, Jacke an die Garderobe hängen und ab ins Klassenzimmer? Das geht in Corona-Zeiten nicht. Stattdessen werden die Schüler von ihren Lehrern vor der Schule abgeholt. Im Gänsemarsch geht es dann zum Unterricht. Und damit der Mindest-Abstand auf dem Weg dorthin bloß nicht unterschritten wird, haben die Pädagogen ein bis zu 20 Meter langes Seil dabei. Alle 150 Zentimeter fasst ein Kind hin, und dann setzt sich der Zug in Bewegung. So werden manchmal Kindergartenkinder durch die Stadt geführt. Aber Viertklässler?

Und das ist noch nicht alles. Die Reihenfolge am Seil muss schon im Pausenhof stimmen. Derjenige, der im Klassenzimmer hinten sitzt, muss die Gruppe anführen. Denn die Klassenzimmer müssen von hinten aufgefüllt werden, sagt das Kultusministerium. Damit sich die Schüler im Klassenzimmer nicht zu nahe kommen. "Ich gebe zu, das hört sich alles ein bisschen wahnsinnig an", sagt Schulleiterin Blomeyer.

 

Vorerst nur zwei Fächer

 

Auch wenn es erst einmal losgeht, wird es keinen klassischen Unterricht geben. Unterrichtet werden nur Deutsch und Mathe, später vielleicht Heimat- und Sachkundeunterricht. Vorerst geht es vor allem darum, für einen möglichen Probeunterricht an Gymnasien oder Realschulen zu trainieren, obwohl das nur sehr wenige Schüler betrifft. "Wir haben, wie soll ich es sagen, sehr übertrittsfreundliche Zeugnisse geschrieben", sagt Blomeyer vorsichtig.

Sechs vierte Klassen gibt es an der "Lui", inklusive der vierten Klasse in der Außenstelle Unterreichenbach. Ab Montag werden die in zwölf Gruppen aufgeteilt. Es gilt Schichtbetrieb. Die erste Schicht startet um 8 Uhr und hat um 10.30 Uhr Feierabend. Die zweite beginnt um 9.30 Uhr und macht um 12 Uhr Schluss. Für jeden gibt es zunächst 75 Minuten Unterricht, dann 15 Minuten Pause, dann noch einmal 60 Minuten Unterricht. Die alte 45-Minuten-Taktung ist aufgehoben. Unter dem Strich kommt man so auf drei klassische Unterrichtsstunden pro Tag, 15 pro Woche.

Die "Lui" verfügt über genügend Räume, um die Viertklässler und in der übernächsten Woche auch die erste Hälfte ABC-Schützen in kleinen Gruppen unterzubringen. Auch die drei Notgruppen für Kinder von Eltern in systemrelevanten Berufen, die es bisher schon gibt, machen das Kraut noch nicht fett.

Doch was ist, wenn nach Pfingsten die Zweit- und Drittklässler dazukommen sollen? Müssen dann andere wochenweise wieder zu Hause bleiben? Wahrscheinlich schon.

Silke Blomeyer ist selbst gespannt, wie der Betrieb am Montag anläuft. "Natürlich müssen die Viertklässler ein wenig Versuchskaninchen spielen", erklärt sie. Man werde testen, was funktioniert und was nicht. Zu den Hygienemaßnahmen zählen neue Regeln für Toiletten, eine Einbahnregelung durchs ganze Schulhaus mit unterschiedlichen Ein- und Ausgängen, besondere Pausengestaltung und, und, und.

Manche Vorschläge und Anweisungen kamen aus dem Kultusministerium. Blomeyer würdigt aber auch das Engagement einer Mutter, einer Diplomingenieurin für Ernährungs- und Hygienetechnik, die lieber im Hintergrund bleiben und ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Zusammen mit Lehrerin Gisa Jenchen-Leps habe sie ganz viele sinnvolle Vorschläge gemacht und umgesetzt.

Wie es dann so wird, wird man ab Montag sehen. Schulleiterin Silke Blomeyer gibt sich vorsichtig optimistisch. "Ich bin jedenfalls froh, dass sich das Haus nach und nach wieder füllt."

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