Schwabach: Ein halbes Jahrundert Ruf-Schule

20.10.2018, 06:00 Uhr
Bei der Feier gab es zahlreiche kreative Mitmach- und Aktions-Angebote.

© Fotos: Robert Schmitt Bei der Feier gab es zahlreiche kreative Mitmach- und Aktions-Angebote.

Das wurde mit einem kreativen Mitmach- und Aktions-Fest im Schulgebäude an der Waikersreuther Straße gefeiert. Der Renner waren dabei die dreirädrigen Motorräder des Nürnberger Vereins "Old Triker". Ein Dutzend seiner Mitglieder waren mit ihren chromglänzenden Maschinen nach Schwabach gekommen, um mit den Kids Ausfahrten zu machen.

Als größten Erfolg von fünf Jahrzehnten pädagogischer Arbeit sehen es die Verantwortlichen an, dass heute niemand mehr an der Bildungsfähigkeit von Menschen mit mentalem Handicap zweifelt. "Dafür war eine Schule mit einem Anforderungsprofil sehr wichtig", sagt Leiter Richard Häckel. "Wir leisten hier nicht ausschließlich Betreuung, denn Menschen mit geistiger Behinderung sind bildungs- und förderfähig."

Vorteilhafte Konstruktion

Die beiden Einrichtungen sind dabei zwar finanztechnisch und organisatorisch getrennt. Die Lebenshilfe-Schule erhält Zuwendungen des Freistaats Bayern. Teile ihres pädagogischen Personals sind Staatsbeamte. Die Tagesstätte hingegen befindet sich voll in der Trägerschaft der Lebenshilfe. Das Geld für Sach- und Personalaufwand kommt aus Ansbach. Der Bezirk leistet Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung. "Die einheitliche Trägerschaft aber ist ein Vorteil in der Kooperation", sagt HPT-Leiterin Ulia Heuberger. Die Tagesstätte hat die gesetzliche Aufgabe, die Behinderung von Kindern und Jugendlichen durch heilpädagogische, therapeutische und medizinische Maßnahmen zu mildern und ihnen den Besuch der Schule sowie die Teilhabe an der Gesellschaft nachhaltig zu ermöglichen.

Gegenwärtig besuchen 140 Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis 19 Jahren die Schule und 125 die Heilpädagogische Tagesstätte einschließlich Kindergarten, der dort "Schulvorbereitende Einrichtung" heißt. Seit 2009 hat die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention durch die Bundesrepublik zu einem Rückgang geführt, "der aber nicht so stark war wie befürchtet", sagt Richard Häckel. In dem Regelwerk wird die Inklusion als Miteinander von Kindern mit und ohne Behinderung in pädagogischen Einrichtungen von Anfang an gefordert. "Eltern haben nun das Wahlrecht, ob ihre Kinder die Regelschule oder ein Förderzentrum besuchen sollen, wir beraten nur mehr", erklärte Häckel.

An Fähigkeiten orientiert

Die Schüler erhalten in einem Förderzentrum eine umfassende Bildung und Erziehung gemäß ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten. Dabei soll das Kind eine Persönlichkeit entfalten, die von größtmöglicher Selbstständigkeit und Selbstbestimmung getragen ist. Die aktive Lebensbewältigung in sozialer Integration ist das Hauptziel der Schule. Unterricht in den Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen findet je nach individuellem Leistungsvermögen ebenfalls statt.

"Im Gegensatz zu anderen Bundesländern erhält Bayern seine Förderschulen und damit die fachliche Kompetenz sowie die Infrastruktur zur Bildung von Menschen mit geistiger Behinderung", erklärte Häckel. Dadurch bleibe ein System erhalten, das viele Eltern nach wie vor wollten, und das eine Rückkehr ermögliche, wenn die Schere doch zu groß sei. Insbesondere könne die Schule den Heranwachsenden in Verbindung mit der Berufsstufe und der Werkstatt "mehr Zukunftsperspektiven" bieten, ist der Förderpädagoge überzeugt.

Ehepaar Ruf als Initiator

Die Schule der Lebenshilfe Roth-Schwabach verdankt ihre Existenz dem Schwabacher Pädagogen-Ehepaar Marianne und Hans Peter Ruf. Ende der 1950er Jahre bekamen sie eine Tochter mit Down-Syndrom. Das war der Impuls, Bildung für Menschen mit Behinderung einzufordern. Hans Peter Ruf hat dazu die Lebenshilfe Schwabach gegründet und beim Aufbau weiterer Lebenshilfen in Bayern geholfen. Seit 1968 ist das Förderzentrum der Lebenshilfe einschließlich Tagesstätte an der Waikersreuther Straße untergebracht.

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