Schwabach: Ist Corona eine Strafe Gottes?

19.2.2021, 06:00 Uhr
Schwabach: Ist Corona eine Strafe Gottes?

© Foto: Günther Wilhelm

Alle sitzen mit großem Abstand zueinander, alle tragen FFP-2-Masken, keiner singt. Am Eingang hat Mesnerin Gaby Trinks die rund 60 Besucherinnen und Besucher mit einem Handzettel begrüßt. Der Liedtext zum Mitlesen.


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Ausnahmezustand als neue Normalität. Dennoch – oder gerade deshalb – wünscht Pfarrer Dr. Paul-Hermann Zellfelder zur Begrüßung "einen Gottesdienst, der uns guttut und uns stärkt".

 

Es ist Aschermittwochabend, die Kirchengemeinde St. Martin feiert den Auftakt der Passionszeit. Während beim "politischen Aschermittwoch" die in diesen Tagen besonders bemüht wirkende Stichelei zelebriert wird, pflegt man in St. Martin seit inzwischen vielen Jahren eine Tradition ruhiger Nachdenklichkeit: die "Kanzelrede".

Die hält normalerweise kein Geistlicher, schließlich soll sie gerade keine Predigt sein. Diesmal ist das anders. Aus gutem Grund: Der Auftakt in die Passion ist in diesem Jahr zugleich der Start der Aktion "Grüner Gockel". In der Kirchengemeinde Unterreichenbach und auch in St. Lukas in Penzendorf gibt es dieses "Umweltmanagement für Kirchengemeinden" bereits, nun macht sich die gesamte Kirchengemeinde St. Martin auf den Weg.

Corona ein "Segen für die Umwelt"?

Ein quasi erster Begleiter ist ein angesehener Gast aus München: Kirchenrat Dr. Wolfgang Schürger, der Beauftragte für Umwelt- und Klimaverantwortung" der evangelischen Landeskirche Bayern. Für sein Engagement erhielt er 2018 die "Bayerischen Staatsmedaille für besondere Verdienste um die Umwelt".

Seine Kanzelrede ist kein konkretes Konzept eines Umweltpolitikers, sondern doch eher eine Predigt, eine theologische Auseinandersetzung mit dem großen Thema dieser Zeit. Dabei stellt er provokante Fragen: "Ist Corona eine Strafe Gottes für uns Menschen?" "Schlägt die Natur zurück?" Weniger Luftverschmutzung, Delphine in der Lagune von Venedig: "Ist es womöglich sogar ein Segen für die Klimapolitik?"

"Ein Weckruf"

Seine Antwort ist unmissverständlich: "Nein, Corona ist kein Segen. Für niemanden." Angesichts von 60 000 Toten alleine in Deutschland wäre eine solche Sicht schlicht zynisch. "Corona ist aber auch keine Strafe Gottes, auch das wäre zynisch. Immer wieder haben Menschen Krankheiten als Strafe Gottes verstanden, aber das wäre fürchterlich falsch" , betont Pfarrer Schürger. "Wir können und dürfen stöhnen und Gott sogar anschreien in unserer Not – in der Hoffnung, dass von Neuem die Nähe Gottes sichtbar wird."

Schwabach: Ist Corona eine Strafe Gottes?

© Foto: Günther Wilhelm

Wolfgang Schürger sieht Corona als "Weckruf", denn: "Ein gekröntes Virus, das bedeutet Corona ja, macht deutlich, wie verletzlich die Krone der Schöpfung, für die wir Menschen uns halten, in Wirklichkeit ist."

Gleichzeitig macht Schürger Mut: Corona habe auch große Hilfsbereitschaft und Kreativität hervorgebracht. "Wenn wir etwas gelernt haben in diesem Jahr, dann wie schnell wir unseren Alltag geändert haben, weil wir die Notwendigkeit einsehen." Noch sei das Ende der Pandemie nicht absehbar, doch Wolfgang Schürger ist sicher: "Wir können die Krise meistern. Gemeinsam schaffen wir das."

Kirchliche Vorbildfunktion

Eine gemeinsame Aufgabe sei auch der "Grüne Gockel", betont anschließend Roland Wolkersdorfer, der Umweltbeauftragte von St. Martin. Der Gockel auf den Kirchturm stehe symbolisch für die Wachsamkeit und auch für die Verantwortung jeder Kirchengemeinde: "Wir haben eine Vorbildfunktion im Umgang mit Gottes Schöpfung."


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Deshalb wolle St. Martin seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dabei setzt man "nicht auf externe Experten", sondern auf Ideen der Gemeindemitglieder, so Wolkersdorfer weiter.

Sein Appell: "Sprechen Sie uns an, unterstützen Sie unser neu gebildetes Umweltteam, damit wir vielleicht noch heuer die erste Zertifizierung feiern können."

Für den stimmungsvollen Ausklang sorgten Klaus Peschik (Orgel) und Wolfgang Herfied (Saxophon) mit Louis Armstrongs wunderbar gespieltem "What a wonderful World".

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