Schwabach: So liefen 75 Jahre CSU

6.1.2021, 14:00 Uhr
Schwabach: So liefen 75 Jahre CSU

© Foto: Archiv Freller

Herr Freller, lassen Sie uns die Gründung der CSU vor 75 Jahren ein wenig einordnen. Was war besonders wichtig?

Wichtig und nötig war, nach dem Krieg eine Demokratie aufzubauen. Auch gab es die große Chance, eine soziale Marktwirtschaft zu entwickeln. Keinen Kapitalismus, keinen Sozialismus. Das hat man in der CSU früh erkannt. Zudem sind die Konfessionsgrenzen in der Partei gefallen. Auch das war ein wichtiger Schritt.

 

Anders als etwa die SPD war die CSU eine Neugründung. Hat das den Anfang auch in Schwabach besonders schwierig gemacht?

Zu Beginn hatte die CSU einen schweren Stand in der Stadt. Die Unternehmer waren bei der FDP, die damals in Schwabach sehr stark war, und die Arbeiter wählten noch SPD. Da war zunächst wenig Platz für die CSU.

 

Schon wenige Wochen nach der Gründung des Ortsvereins stand bereits die erste Stadtratswahl am 27. Januar 1946 an. Die SPD gewann mit 42,2 Prozent, die CSU kam auf 30,8 Prozent, die FDP auf 20,8 und die KPD auf 6,1. Ein gelungener Start für die CSU?

Ja, sie hat aus den schwierigen Bedingungen viel gemacht. Das kann man im Rückblick sagen.

 

In Schwabach fällt auf, dass die CSU sich bei Landtags- und Bundestagswahlen immer mehr zur Nummer eins entwickelt hat, in der Kommunalpolitik aber nicht. Eduard Krieger, der mittlerweile verstorbene ehemalige Kreisvorsitzende, schrieb in einem Aufsatz, der Grund sei, dass die CSU keine so herausragenden Persönlichkeiten gehabt habe wie die SPD mit Hans Hocheder und Hartwig Reimann. Sehen Sie das auch so?

Es liegt immer an Personen. Wenn man so lange im Amt ist, schafft das Kontinuität, Identifikation und Vertrauen. Das hat lange der SPD geholfen, so wie es jetzt uns und mir als Landtagsabgeordnetem hilft. Dass eine Galionsfigur wie Reimann der CSU Stimmen gekostet hat, ist klar.

 

Auch Sie selbst haben 1996 gegen Reimann die OB-Wahl verloren. Gibt es noch so etwas wie Phantom-Schmerz, nicht Schwabachs Oberbürgermeister geworden zu sein?

Ich hatte nicht unbedingt mit einem Sieg gerechnet, aber mit einem besseren Ergebnis. Deshalb war ich zuerst enttäuscht. Im Nachhinein aber bin ich extrem froh. Für mich ist es danach optimal gelaufen. Als Landtagsvizepräsident kenne ich in München alle entscheidenden Leute und werde gehört. Ich habe Spielraum wie nie und kann auch für Schwabach viel bewirken, die neue FOS ist ein aktuelles Beispiel.

 

Begonnen hat Ihre Karriere als 22-Jähriger mit der Wahl in den Stadtrat 1978. Was ist der größte Unterschied zwischen damals und heute?

Denken Sie an die Kämpfe zwischen Strauß und Wehner. Auch im Stadtrat war das Klima viel stärker polarisiert, da hat es mehr geknirscht. Der Streit um die Tiefgarage war schon vorbei, große Themen wurden etwa die B2a und die Sondermüllverbrennung.

 

Nur vier Jahre später schafften Sie als erster Schwabacher CSU-Politiker den Einzug in den Landtag. Dabei standen Sie als 26-Jähriger auf der Liste ganz unten.

Und genau das war meine Chance, genau damit hatte ich geworben. Das war die Idee meines Lebens. Das war eine einmalige Chance.

 

1991 sind Sie Nachfolger von Hermann Stamm als Kreisvorsitzender geworden. War er für Sie Vorbild?

Er war ohne Zweifel ein Vorbild. Hermann Stamm, Rosy Stengel und zuvor schon Günther Klötzing und Karlheinz Hofbeck haben die moderne CSU von heute geprägt. Das wollte ich fortsetzen und weiterentwickeln.

 

Wie hat sich die CSU Schwabach verändert?

Sie war ja doch eine sehr konservative Partei. Dann ging es in eine liberalere Richtung. Heute präsentiert sich die CSU Schwabach als moderne, offene Partei. Auch die Wahlkämpfe wurden sehr viel professioneller.

 

Von den 75 Jahren haben Sie 30 als Kreisvorsitzender geprägt. Was ist das für ein Gefühl?

Ein sehr gutes. Wir waren immer eine gute Mannschaft und haben Schwabach mit vorangebracht. Kontinuierliche Arbeit zahlt sich auch in Wählerstimmen aus.

Schwabach: So liefen 75 Jahre CSU

© Foto: Sandor Mohacsi

2002 erhielt die CSU auch bei einer Stadtratswahl erstmals die meisten Stimmen, 2008 schaffte sie mit Matthias Thürauf den ersten Sieg bei einer OB-Wahl.

Bei allen Höhen und Tiefen gab es doch eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung. Darauf bin ich schon ein Stück weit stolz.

 

Wie groß war die Enttäuschung über den Rückzug von Matthias Thürauf. Er hat der CSU ja auch bei der Stadtratswahl 2014 zu einem Rekordergebnis verholfen. Jetzt regiert wieder ein SPD-Oberbürgermeister.

Matthias Thürauf hat der Partei viel gebracht, aber die Partei hatte auch viel in ihn investiert. Das war schon eine Enttäuschung. So überraschend und innerhalb dieser kurzen Zeit kann man keinen neuen eigenen Kandidaten aufbauen.

 

Deshalb hatten sie Michael Fraas aus Nürnberg geholt. Ist die Niederlage abgehakt?

Er wäre ein exzellenter OB gewesen. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Nürnberger in Schwabach als Fremder wahrgenommen wird. Er hat knapp verloren, aber ja, das ist abgehakt.

 

Wie ist Ihr Draht zu Peter Reiß?

Wir haben ein wirklich gutes Verhältnis. Da kann man viel miteinander machen. Wir haben das gemeinsame Ziel, dass sich Schwabach in der Städteachse behaupten kann.

 

Matthias Thürauf hat sich nach zwölf Jahren zurückgezogen, Sie sind jetzt 30 Jahre Kreisvorsitzender. Kommen da ähnliche Gedanken?

Ich klebe an nichts. Im März ist die nächste Wahl. In der jetzigen unruhigen Situation zu wechseln, macht keinen Sinn. Aber ich werde wissen, wann es Zeit ist. In München habe ich jetzt so viele Möglichkeiten, etwas zu bewirken, wie noch nie. Das will ich weiter für Schwabach nutzen.

 

Das schließt einen Generationswechsel im Kreisverband aber doch nicht aus.

Ich habe bisher viele junge Talente gefördert und werde das auch weiter tun. Auch im nächsten CSU-Kreisvorstand werden wieder junge Menschen in Verantwortung stehen.

 

Im neuen Jahr steht im Herbst die Bundestagswahl an. Die CDU tut sich sichtlich schwer mit ihrer Kandidatenkür, Markus Söder hat dagegen sehr gute Umfragewerte. Wird es nicht Zeit für einen CSU-Kanzler?

Für Bayern wäre es schade. Aber er wäre ein sehr guter Kanzler.

 

Zur Person

Karl Freller (64) hat die erstaunlichste und erfolgreichste Karriere aller Schwabacher CSU-Politiker gemacht. Nach der Schule war er zunächst Redakteur beim Schwabacher Tagblatt, anschließend wurde er Religionslehrer. 1982 schaffte er als jüngster Abgeordneter den Einzug in den Landtag, wurde Kultusstaatssekretär und ist heute Vizepräsident des Landtags.

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