Schwabacher Bombendroher muss hinter Gitter

24.3.2017, 06:00 Uhr
Schwabacher Bombendroher muss hinter Gitter

© Foto: Sebastian Kahnert /dpa

Am 22. August 2016 war der Badetag bereits um 17 Uhr vorbei. Ein Mann hatte im Schwimmbad angerufen und gesagt: "In einer halben Stunde geht eine Bombe hoch, viel Spaß."

Die Bademeisterin, die den Anruf entgegengenommen hatte, wusste erst nicht, ob sie ihn ernst nehmen sollte. "Ich war mir nicht sicher", sagt sie später vor Gericht. Aber sie hatte einen Verdacht: Der Anrufer musste der Bademeister sein, der erst kürzlich seinen Job im Parkbad verloren hatte. Sie glaubte, ihn an der Stimme erkannt zu haben.

"Ruhig und verunsichert"

Die Polizei wurde alarmiert und war sofort mit drei Streifen vor Ort. Per Durchsage wurden die Badegäste informiert, dass es im Bad einen technischen Defekt gebe, sie das Gelände unverzüglich verlassen sollen. "Die Leute waren ruhig, aber verunsichert", erinnert sich einer der am Einsatz beteiligten Polizisten vor Gericht. Viele Badegäste hätten gefragt, was wirklich passiert sei.

Die Beamten suchten das Freibad ab. "Wir mussten sicherheitshalber von einem Ernstfall ausgehen", sagt der Polizist. Als die halbe Stunde, die der Anrufer am Telefon genannt hatte, abgelaufen war, habe man noch 20 Minuten gewartet, dann wurden Sprengstoffspürhunde durch das Gelände geführt.

Restrisiko

Um 18 Uhr war der Einsatz beendet – der Badetag ebenfalls. "Eigentlich haben wir das Bad wieder freigegeben", sagt der Beamte, "aber wir haben davon abgeraten, es an dem Abend wieder zu eröffnen". Ein Restrisiko habe schließlich immer noch bestanden.

Während der Einsatz im Schwimmbad lief, rund 30 Badegäste teils in Bikinis und Badehosen das Areal verlassen mussten und die Straße vor dem Bad gesperrt wurde, rückte auch eine Streife der Polizeiinspektion Nürnberg-West aus. Sie fuhr zu einer Tankstelle im Nürnberger Knoblauchsland, von der aus der Anruf kam. Die Sichtung des Videomaterials erhärtete schnell den Verdacht gegen den frisch geschassten Bademeister – und der gesteht schnell.

"Das Leben läuft nicht rund"

"Ich hatte Zeit zum Nachdenken", sagt der vor Gericht als erstes. Seit einigen Wochen verbüßt er eine Haftstrafe, zu der er in einer anderen Sache verurteilt worden war. "Das Leben läuft nicht rund", sagt er.

Im Sommer 2016 fühlte er sich, als würde ein Damoklesschwert über ihm hängen. Strafverfahren gegen ihn waren noch nicht endgültig entschieden worden. "Ich wollte aber nicht daheim sitzen und auf ein Urteil warten", sagt er. Der Saisonjob im Bad sei genau das Richtige für ihn gewesen. "Ich war 30 Jahre Rettungsschwimmer, die Stelle war genau mein Ding". Mit der Euphorie war es jedoch schnell vorbei.

"Es passte einfach nicht", sagt er heute. Die Kollegen hätten einfach andere Vorstellungen davon gehabt, wie man im Bad arbeiten müsse. Immer wieder sei er ermahnt worden. "Ich hab mich wie ein Schuljunge gefühlt", sagt er. Der 49-Jährige wollte trotzdem durchhalten – sonst hätte er wieder beim Jobcenter anklopfen müssen.

An dem Freitag vor der Bombendrohung aber sei er erneut mit der Schichtführerin im Bad aneinander geraten – und wurde freigestellt. Am Montag dann erhielt er vom Betriebsleiter den Laufpass. "Und dann stand ich da und hatte nichts mehr", erinnert sich der Angeklagte.

"Jetzt ärgere ich die auch"

Er setzte sich auf sein Fahrrad, fuhr durch die Gegend, betrank sich auf einer Kirchweih. Als er später an einer Tankstelle vorbei kam, sei ihm spontan der Gedanke gekommen: "Die haben mich so geärgert, jetzt ärger ich die auch." An die Folgen seines Anrufes habe er damals nicht ansatzweise gedacht. Später schlief er seinen Rausch auf einer Bank vor dem Mietshaus aus, in dem er eine Wohnung bezogen hatte.

Dass sich der 49-Jährige bei seiner Tat derart dilettantisch anstellt, die Telefonnummer beim Angerufenen sichtbar ist, er auch noch gefilmt wird – man mag es kaum glauben, wenn man den Mann im Gerichtssaal sieht.

Er drückt sich gewählt aus. Vor 30 Jahren noch hätte man geglaubt, dass er eine große Karriere hinlegen würde. Er war Profisportler, nahm ein Medizinstudium auf. Dann jedoch gab es einen Schicksalsschlag in seiner Familie, er griff zur Flasche. Eine Ausbildung zum Industriekaufmann hat er noch abgeschlossen, in den vergangenen Jahren beruflich aber nicht unbedingt ein Bein auf den Boden bekommen. Der Grund: Alkohol.

Massives Alkoholproblem

"Mein Mandant ist kein böser Kerl", sagt Verteidiger Malte Magold, "er hat nur ein massives Alkoholproblem". Wenn er getrunken habe, begehe er Straftaten. Zwölf davon stehen mittlerweile im Bundeszentralregister. "Die Taten legen nahe, dass er bestraft werden will", sagt Magold. Etwa, als er bei der Bundespolizei aufkreuzte und behauptete, eine ältere Dame ermordet zu haben.

Im Gefängnis hat der 49-Jährige nun Zeit, über sein Leben nachzudenken. Von Amtsrichterin Sabine Pilartz bekam er weitere sechs Monate aufgebrummt.

Die Stadt Schwabach hat als Betreiberin des Bades indes versucht, den entstandenen Schaden vom Angeklagten bezahlt zu bekommen. Die Kosten für den Betriebsausfall etc. wollte man in einem Adhäsionsverfahren – also ein an den Strafprozess angehängtes Verfahren – wiederbekommen.

Da die exakten Kosten dafür jedoch nur sehr schwer zu berechnen sind, wurde das Verfahren schnell zurückgenommen. Stattdessen einigte man sich auf einen Täter-Opfer-Ausgleich, bei dem der 49-Jährige 250 Euro bezahlt.

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