"Schwabacher Brothers": Spurensuche in den USA

13.11.2017, 05:58 Uhr

© Foto: Joe Mabel

Wenn jemand behauptet, die Stadt Schwabach besäße einen Hafen und dies sogar noch am Pazifik, dem größten Ozean der Erde, würde man ihn wohl für einen Spinner halten.

Doch im ersten Moment könnte man in Seattle durchaus auf solche Gedanken kommen, wenn man als Schwabacher Urlauber nach dem Besuch des berühmten Pike Place Marktes mit seinem besonderen Flair, des Waterfront Parks mit seinen Shops und Fahrgeschäften oder gar des weltbekannten Aquariums vergnüglich an der Uferpromenade der Elliott Bay und ihrer zahlreichen Piers entlang schlendert.

Den Goldrausch ausgelöst

Plötzlich verweist ein Schild auf das "Schwabacher Dock", eine ehemalige Schiffsanlegestelle, und ihre historische Bedeutung, die sie vor ziemlich genau 120 Jahren im amerikanischen Westen erlangte. Am 17. Juli 1897 hatte das Schiff "S.S. Portland" mit mehr als einer Tonne Gold an "Schwabacher’s Wharf" (Schwabacher’s Werft) festgemacht und damit den "Klondike Gold Rush" ausgelöst – einen Rausch, der mehr als hunderttausend Goldsucher, sogenannte Stampeders, zumeist von Seattle aus über gefährliche, lange Routen zum Klondike River in Kanada ins Yukon-Territorium führte. Von den Glücksrittern wurden jedoch nur wenige wirklich reich.

Doch damit war die Herkunft der Bezeichnung "Schwabacher Dock" bei weitem noch nicht geklärt. Hatte sie gar etwas mit unserer Goldschlägerstadt zu tun?

Eine erste schlüssige Antwort fand sich in der Seattler Abteilung des "Klondike Gold Rush Historical Parks", der auch in Kanada und Alaska vertreten ist. Weitere Informationen ließen sich im Washington State History Museum Tacoma ausfindig machen.

Louis, Sigmund und Abraham

Der Name kommt von drei aus Bayern stammenden jüdischen Brüdern namens Schwabacher, um Louis (1837-1900), Sigmund (1841-1917) und Abraham (1838-1909). Zu den Stationen ihres Wirkens zunächst als Banker gehörten San Francisco, Walla Walla im Südosten des Bundesstaates Washington und schließlich Seattle. Im Jahr 1860 hatten sie bereits in Walla Walla ein Unternehmen als Ausrüster für Goldsucher im Bundesstaat Idaho eröffnet.

Die "Schwabacher Bros. & Company" wurde ab 1869 Seattles erster Großhändler und ihr Geschäftsgebäude war nach Bränden 1872 der erste Backsteinbau in der jungen, kaum tausend Einwohner umfassenden Stadt, die ursprünglich vom Holz- und Kohlenhandel lebte. "Von der Nadel bis zum Anker" war bei den Schwabacher Brothers alles zu haben.

Bauliche Zeugnisse des deutschstämmigen Geschlechts wie zum Beispiel das "Schwabacher Hardware Building" lassen sich noch heute in Seattle entdecken. Andererseits sind auch die Verdienste der Einwanderer um das Wohl der Stadt etwa in di-
versen Wohltätigkeitsorganisationen sorgfältig dokumentiert. Der Ehemann der einzigen Schwester der Schwabacher Brüder, ein Mann namens Bailey Gatzert, wurde sogar der erste jüdische Bürgermeister der aufstrebenden Stadt.

Groß profitierte die Schwabacher-Sippe nach dem Beginn des Yukon-Goldrausches vom Gesetz der kanadischen Regierung, dass jeder Goldsucher Lebensmittel und Ausrüstung für ein Jahr in das menschenleere Yukongebiet mitzubringen habe. Diese Vorschrift machte Seattle zum zentralen Startpunkt im Nordwesten der USA, wo während des Goldrauschs über 70 000 Menschen ihre Vorräte erstanden.

Trotz ihres Namens kommen die Schwabacher Brothers jedoch nicht aus unserer Stadt. Sie stammen – wie es kurz und bündig das Historische Schwabacher Stadtlexikon unter der Herkunft von Familiennamen anmerkt – aus dem nahegelegenen Zirndorf.

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