Schwabacher Industriebrache wird Vorzeige-Viertel

1.2.2021, 15:00 Uhr
Schwabacher Industriebrache wird Vorzeige-Viertel

© Entwurf: Högner Bau GmbH

Es ist eines der wichtigsten Projekte der Schwabacher Stadtentwicklung: die Neugestaltung des ehemaligen Drei-S-Werk-Geländes an der Nördlichen Ringstraße. Seit Jahren ist es Industriebrache, nun soll daraus das neue "Quartier Drei-S" werden. So heißt der Bebauungsplan, der derzeit im Genehmigungsverfahren ist und am Freitag im Stadtrat einen weiteren Schritt vorangekommen ist. Die wichtigsten Fragen:

Wer plant was?

Neuer Grundstückseigentümer ist die Firma Högner-Baugesellschaft. Die Diakoneo (ehemals Diakonie Neuendettelsau) plant darauf soziale Einrichtungen für alle Altersstufen: ein "Haus für Kinder" mit Krippe, Kindergarten und Hort, ein Wohnheim für Menschen mit Behinderung, ein Seniorenzentrum mit stationärer Pflege, Tagespflege sowie Demenzpflege. Darüber hinaus sind auf dem Gelände Wohnungen und ein Café vorgesehen.

Wie weit ist das Verfahren?

Im vergangenen Sommer lagen die Pläne aus. Bürger und Behörden konnten dazu Stellung nehmen. Die Bauverwaltung hat Kritik und Vorschläge abgewogen und dem Stadtrat einen in Teilen geänderten Entwurf zur Billigung vorgelegt. Die ist am Freitag einstimmig erfolgt. Der nächste Schritt ist eine erneute Auslegung. Einsprüche können allerdings nur noch gegen die geänderten Passagen vorgebracht werden.

Was wurde geändert?

Dabei geht es um eine Reihe formale Dinge sowie um einige Details. Beispielsweise kann durch die geplante Tiefgarage die überbaubare Grundstücksfläche um 1552 Quadratmeter überschritten werden. Dies sei vertretbar, da die Tiefgarage begrünt werden muss. So entstehe ein autofreier, lärmgeschützter und grüner Innenhof. Zudem werden eine Garage und ein Baum verschoben.

Was wurde nicht berücksichtigt?

Der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club), der Bund Naturschutz und Karin Holluba-Rau (Grüne) als Stadtratspflegerin für Umwelt, Naturschutz und Klima haben einen durchgängigen Radweg gefordert. Stadtbaurat Ricus Kerckhoff verwies auf den Höhenunterschied von 2,70 Meter auf dem Gelände. Für einen Radweg müsste deshalb eine Rampe gebaut werden, die aber deutlich zu viel Platz erfordere.

Deshalb kann es nur einen Fußweg mit Treppe geben. Karin Holluba-Rau bat, an der Treppe zumindest eine Schräge einzubauen, damit Fahrräder geschoben werden können.

Deutliche Kritik kam von drei privaten Anliegern. Die Bebauung sei zu hoch und zu nah. Sie befürchten eine Verschattung und damit eine Wertminderung ihrer Grundstücke. Abgelehnt wurden zudem ein Baum, eine Garage und ein Müllstandort.

Baum und Garage werden verschoben, der Müllstandort wird zumindest eingehaust, um die Geruchsbelästigung zu reduzieren. Nichts geändert wird dagegen an den Plänen für die Gebäude. "Alle gesetzlichen Abstandsflächen werden eingehalten", betonte Stadtbaurat Kerckhoff.

Was sind die größten Probleme?

Es gibt vor allem zwei: die Verkehrssituation und die Lärmentwicklung. Und beide hängen miteinander zusammen.

Problem Verkehr:

Um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, schlägt ein Gutachter in der Nördlichen Ringstraße zwei Ampeln vor: eine an der Abzweigung zur Galgengartenstraße, die andere an der Staedtlerstraße.

Die Stadt ist dagegen, unter anderem weil sie durch das Halten und Anfahren noch mehr Lärm befürchtet. Inzwischen hat man sich mit dem Staatlichen Straßenbauamt (die B2 ist Bundesstraße) nach jahrelangen Diskussionen auf einen provisorischen Kreisverkehr am Nürnberger Torplatz geeinigt. Für die Staedtlerstraße, die Hauptzufahrt zum Drei-S-Quartier auch für dem Baustellenverkehr, soll es eine provisorische Linksabbiegespur geben. Der endgültige Straßenumbau soll auf Basis der gemachten Erfahrungen zwischen Stadt und Straßenbauamt abgestimmt werden.

Langfristiges Ziel der Stadt ist, die Nördliche Ringstraße, bisher Bundesstraße, herabzustufen. Der Durchgangsverkehr soll auf die Fürther und Weißenburger Straße verlagert werden. Die Nördliche Ringstraße soll ampelfrei bleiben.

Problem Lärm:

Ein Schallgutachten zeigt, dass schon jetzt die Schallwerte teils überschritten werden, insbesondere an einigen Gebäuden in der Nördlichen Ringstraße. Durch das neue Projekt werde der Verkehr und damit der Lärm weiter zunehmen. Dies führe zu "zwingendem Handlungsbedarf", heißt es in den Unterlagen.

Was tun?

Die geplante Verlagerung des Verkehrs soll erst mit dem neuen Mobilitätskonzept für ganz Schwabach vollzogen werden, das aber noch in den Anfängen steckt. Erste Maßnahmen könnten deshalb Tempo 30 in der Nördlichen Ringstraße oder Schallschutzfenster sein, erklärte Stadtbaurat Kerckhoff.

Was sagen die Fraktionen?

Das Vorhaben wird parteiübergreifend unterstützt. Das machte auch die Diskussion erneut deutlich.

CSU-Fraktionschef Oliver Memmler sprach von einem "ganz großartigen Projekt", für das man aber auch "bittere Pillen schlucken" müsse: So nehme der Lärm weiter zu, zudem sei eine Verlegung des Verkehrs nur eine Verschiebung der Probleme. "Der Verkehr ist damit ja nicht weg."

Auch für Martin Sauer (SPD) handelt es sich um "ein zukunftsweisendes Projekt", denn: "Wir bekommen soziale Einrichtungen für Menschen von null bis hundert Jahre. Das ist schon etwas Besonderes." Positiv sei zudem, dass am Nürnberger Torplatz ein Kreisverkehr zumindest als Provisorium komme. Auch er findet, dass es nicht reiche, den Verkehr zu verlagern. "Wir müssen Verkehr vermeiden und auf andere Verkehrsträger wie Busse bringen." Amüsiert zeigte er sich darüber, dass das von der Regierung zuletzt verhinderte Tempo 30 in der Nördlichen Ringstraße nun doch kommen könne.

"Eine wirklich tolle Entwicklung für Schwabach" sieht auch Karin Holluba-Rau (Grüne). Sie hofft, dass das Projekt möglichst schnell umgesetzt werden kann.

Das sehen auch die Freien Wähler so. Einen anderen Akzent setzte Bruno Humpenöder aber beim Thema Verkehr: "Der ist nach wie vor da." Sein ernüchternder Appell: "Vergessen wir, dass wir alles verkehrsberuhigen können."

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