Stadtrat Schwabach kritisiert Einzelhandels-Gutachten

1.11.2019, 05:58 Uhr
Stadtrat Schwabach kritisiert Einzelhandels-Gutachten

© Foto: Günther Wilhelm

Der Stadtrat beschloss zwar das Konzept einstimmig als städtebauliches Entwicklungskonzept. Gleichzeitig wurde aber ungewöhnlich deutliche Kritik an dem Konzept geübt, das rund 55.000 Euro gekostet hat. Der Tenor: wenig kreative Ideen, viele Allgemeinplätze und die Wiederholung von bereits Bekanntem.

Die letzten Gutachten zum Einzelhandel in der Innenstadt stammen aus den Jahren 2007 beziehungsweise 2009. Die sollten nun aktualisiert und fortgeschrieben werden. Den Auftrag hatte der günstigste Anbieter erhalten: die Hamburger Gesellschaft für Unternehmens- und Kommunalberatung Dr. Lademann und Partner. Untersucht wurden vor allem zwei Bereiche: Einzelhandel und Tourismus sowie die Frage, wie sich beide ergänzen können.

Die Vorschläge

Das Gutachten schlägt eine ganze Reihe von Maßnahmen vor. Einige wichtige Punkte im Überblick.

Neues Hotel: Dafür sieht das Beratungsinstitut Bedarf und schlägt als möglichen Standort das Markgrafen-/Postareal vor. Konkret empfohlen wird ein "Double Brand Hotel, bestehend aus einem Service-Apartment-Haus für Longstay-Angebote sowie einem 2-Sterne-Plus-Hotel".

Neue touristische Angebote: Als Beispiel werden Segway-Führungen genannt. Zudem solle das "versteckt" liegende Jüdische Museum besser sichtbar werden. Zielgruppe seien Tages- und Wochenendbesucher.

Aufwertung der Bahnhofstraße: Sie sei eine wichtige Verbindung zur Innenstadt.

Umgestaltung des Markgrafen-/Postareals: Gedacht ist an unterschiedliche Nutzungen wie Verwaltung, Einzelhandel und Veranstaltungen.

Quartier Zöllnertor: Im Bereich des ehemaligen Prell-Areals wird ein Vollsortimenter vorgeschlagen.

Aufenthaltsqualität in der Altstadt steigern: Empfohlen werden etwa ein monatlicher Feierabendmarkt und ein großes Ganztagescafé.

"Die sozioökonomischen Rahmenbedingungen der Stadt Schwabach sind überwiegend positiv zu bewerten", so das Gutachten. Gründe: die wachsende Bevölkerung, die überdurchschnittliche Kaufkraft und der gute Arbeitsmarkt.

Die Reaktionen im Stadtrat

Wirtschaftsreferent Sascha Spahic sprach von grundsätzlich begrüßenswerten Vorschlägen, "jedoch gehen sie in Teilen nicht bis in die notwendige Tiefe". Schnell lösbare Themen wie Online-Präsenz, Schaufenstergestaltung oder Öffnungszeiten sollten von den "Kümmerern" aufgegriffen werden.

OB Matthias Thürauf (CSU): "Das sind nicht die Ideen, die wir uns gewünscht haben. Das ist ein gute Grundlage, aber mehr eine Fleißarbeit als Kreativität." Peter Reiß (SPD): "Es ist sehr, sehr schade. Das Gutachten ist mäßig innovativ. Wir hätten uns mehr erwartet als ein Aufwärmen dessen, was man schon weiß." Bürgermeister Roland Oeser (Grüne): "Der Erkenntnisgewinn hält sich in Grenzen. Vor allem im Verhältnis zu den Ausgaben." Roland Krawczyk (CSU): "In meiner Amtszeit als Stadtrat ist das jetzt das dritte Einzelhandelsgutachten. Und es ist das schlechteste, hat aber das meiste Papier gebracht. Dem künftigen Stadtrat gebe ich einen Tipp: Ihr könnt viel Geld sparen, wenn Ihr statt eines Gutachtens ein Bier mit dem Wirtschaftsbeirat trinken geht."

Vernichtendes Urteil

Ein Kommentar von Günther Wilhelm:

Als die Beratungsfirma dem Bauausschuss des Stadtrats das Gutachten vorgestellt hatte, erfolgte dies im nichtöffentlichen Teil der Sitzung. Deshalb wissen wir nicht, wie diese Diskussion gelaufen ist. In der öffentlichen Stadtratssitzung aber war die Resonanz kritisch wie noch nie. "Bei einem gemeinsamen Bier wäre mehr herausgekommen": Vernichtender kann ein Urteil kaum ausfallen.

Tatsächlich sucht man die zündend neuen Ideen vergeblich. Liegt das nun am Gutachter? Oder sind die wichtigsten Problempunkte nicht längst bekannt? Es ist ja auch nicht so, dass nichts passieren würde. In der selben Sitzung wurde die Neugestaltung des Zöllnertorbereichs auf den Weg gebracht. Die Modernisierung des Martin-Luther-Platzes ist bereits beschlossen und in Planung. Für das Markgrafenareal wird es einen städtebaulichen Ideenwettbewerb geben. Das alles sind wichtige Bausteine für die Entwicklung der Innenstadt.

Wirklich klüger ist man durch dieses Gutachten also nicht geworden. Die rund 55 000 Euro, die es gekostet hat, treiben die Stadt nicht in den Ruin. Aber wenn man etwa im Kulturausschuss erlebt, wie in Sachen Kulturförderung um vergleichsweise lächerliche Summen gefeilscht werden muss, ist es schon etwas ärgerlich.

Schade ums Geld.

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