Tuffeks Lebenswerk wächst ein Leben lang

24.12.2011, 09:05 Uhr
Tuffeks Lebenswerk wächst ein Leben lang

© Gerner

Selten hat der Begriff „Lebenswerk“ besser gepasst als zu Tuffeks Passion. Der aktuelle Stand der immer weiter wachsenden Krippe ist ab heute bis zum 2. Februar in der katholischen Nikolaus-Kirche in Wendelstein, Tuffeks Heimatgemeinde, zu bewundern.

Tuffeks Lebenswerk wächst ein Leben lang

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Wie es damals wirklich war im Stall zu Bethlehem, das wissen wir natürlich nicht. Wir wissen aber, dass es bestimmt nicht so war, wie es Norbert Tuffek zeigt. In seiner barocken Krippe geht es nicht schlicht, einfach und ärmlich zu. Vielmehr dominierten Pracht und Prunk. Maria und Josef tragen teuere Gewänder, die auf Josefs Herkunft aus dem Hause David schließen lassen. Das Jesuskind ist ein gut genährter Jüngling. Der Stall ist nicht mehr nur ein Stall, sondern ein burgähnliches Gebäude, über dem ein mächtiger vergoldeter Stern thront.

Von rechts nähern sich nicht nur die Heiligen drei Könige. Sie haben in ihrem Gefolge auch unzählige Diener, von denen etliche mit ihren gedrechselten Perücken und ihren roten Uniförmchen aussehen, als hätte sie der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. ausgeliehen.

Tuffeks Lebenswerk wächst ein Leben lang

Die barocken Krippendarstellungen wollen auch gar nicht die Wirklichkeit abbilden. Sie überzeichnen ganz bewusst und präsentieren die Heilige Familie so, wie es für sie standesgemäß wäre: Das Beste ist gerade gut genug.

Lob und Zurückhaltung

In Südbayern und im Schwäbischen, wo solche Barockkrippen eine größere Tradition haben als hier in der Region, erhält Norbert Tuffek viel anerkennendes Lob. „Bei uns sind viele Leute zunächst einmal fränkisch-zurückhaltend“, erzählt der Holzbildhauermeister.

Doch Norbert Tuffeks Darstellung der Weihnachtsgeschichte beschränkt sich ja nicht nur auf den üppigen barocken Teil. Mindestens genauso interessant ist links neben dem mächtigen Stall der volkskundliche Abschnitt der Krippe. Hier haben die Figuren zum Teil verblüffende Ähnlichkeit mit lebenden Personen. Norbert Tuffek hat sich im Verwandtschafts- und Freundeskreis – und bei sich selbst — bedient. Sein alter Ego sitzt auf einer Bank vor einer Hütte – und schnitzt.

Verblüffende Ähnlichkeit

In diesem Teil hat Tuffek heuer auch einige neue Figuren eingebaut. Wendelsteins Pfarrer Michael Kneißl kommt als 55 Zentimeter großer Hirte zu Ehren. Organist Hermann Lahm schwingt in der „Schwabacher Tracht“ aus der Zeit um 1830 das Akkordeon, etwas abseits ist Mesner Bogdan Urban zu sehen. Zu recht viel mehr neuen Figuren ist Norbert Tuffek heuer nicht gekommen. Wegen des Umzugs mit seiner Familie und seiner Werkstatt blieb heuer vergleichsweise wenig Zeit für sein großes Hobby.

Der Wendelsteiner hantiert schon seit seiner Kindheit mit dem Schnitzmesser. Als Achtjähriger hat er von seinem Patenonkel sein erstes Werkzeug erhalten. Seitdem hat ihn die Faszination für den Werkstoff Holz nicht mehr losgelassen. Nach der Schule machte er zwar eine „artfremde“ Lehre, entschied sich dann aber, aus seinem Hobby seinen Beruf zu machen. Er besuchte die Berufsfachschule für Holzbildhauer in Bischofsheim und sattelte später noch die Meisterschule drauf.

Tuffek lebt davon, sakrale Figuren oder historische Krippen zu restaurieren. Auftraggeber sind Kirchen und Diözesen, aber auch Privatleute. „Vom Bodensee bis nach Lübeck“ ist er im Einsatz, manchmal auch, um etwas völlig neues zu schaffen. Der wunderbare Wendelsteiner Millenniumsstab ist beispielsweise das Ergebnis einer solchen Arbeit.

Schnitzen, nähen und klöppeln

Bei seinen Krippenfiguren arbeitet der 39-Jährige in der Regel nur Kopf, Hände und Füße filigran aus. Verbunden werden diese mit einem Holz-Drahtgestell, das unter der Kleidung verschwindet, die Tuffek wie selbstverständlich selbst näht. Nicht mit der Nähmaschine, sondern per Hand. Er stöbert dafür in Stoff- und Handarbeitsläden, bedient sich bei ausgemusterten Damast- oder Brokatvorhängen und ist Stammgast auf dem Gredinger Trachtenmarkt.

Tuffek schnitzt nicht nur und setzt Nadel und Faden geschickt ein. Für die prächtigen Gewänder benötigt er auch feinste Spitze. Auch hier gilt: Selbst ist der Mann. „Solche Spitzen sind kaum irgendwo zu bekommen, deshalb habe ich mich vor zehn Jahren in Abenberg angemeldet und einen Klöppelkurs gemacht.“

Auch bei (fast) allen Arbeitsschritten verlässt sich Tuffek vor allem auf Tuffek. Er bemalt seine Figuren selbst, und wenn die Flächen nicht allzu groß sind, dann ist er mitunter auch als Vergolder im Einsatz.

Seine inzwischen auf mehr als 25 Quadratmeter angewachsene Krippenlandschaft, in der das Auge des Betrachters stundenlang spazieren gehen kann, ist ab heute erstmals seit einigen Jahren wieder in Wendelstein zu sehen. Und vorerst auch zum letzten Mal. 2012 wird sie Norbert Tuffek im Freilandmuseum Bad Windsheim aufbauen, 2013 in Ingolstadt.

Für Laien ist die Krippe das beeindruckende Ergebnis erstaunlicher Handwerkskunst. Für Tuffek selbst ist sie auch ein Spiegelbild seiner eigenen Entwicklung. „So, wie ich Figuren vor zehn Jahren angelegt habe, würde ich sie heute nie mehr schnitzen.“

Immer weiter machen

Bis zum (kirchlichen) Feiertag Mariä Lichtmess (2. Februar) lässt Norbert Tuffek seine Krippe – aus Sicherheitsgründen hinter Glas – stehen. Dann verschwinden die über 200 Figuren fein säuberlich verpackt in Schachteln in seinem Keller – oder als Ausstellungsstücke in einer Vitrine in seiner Werkstatt. Tuffek selbst kann jedoch nicht einfach abschließen. „Die Krippe“, vermutet der Künstler und erinnert an die zahllosen Ideen, die ihm durch den Kopf schwirren, „wird mich vermutlich mein ganzes Leben lang begleiten.“

Zu einer Krippenführung lädt Norbert Tuffek am Neujahrstag um 16 Uhr und am 6. Januar nach dem 10-Uhr-Gottesdienst in die Nikolaus-Kirche ein. Zusätzliche Termine von Gruppen können bei Norbert Tuffek, Telefon (09129) 287071 oder im Pfarrbüro, Telefon (09129) 4245, vereinbart werden.

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