Weigand: "Schwarz-Grün: Es wäre Zeit gewesen!"

24.4.2019, 05:58 Uhr
Zentrum der legislativen Macht in Bayern: das Maximilianeum in München. Die Abgeordneten der Grünen, also auch Sabine Weigand, sitzen aus dieser Perspektive gesehen ganz rechts, neben den Vertretern der SPD.

© Peter Kneffel Zentrum der legislativen Macht in Bayern: das Maximilianeum in München. Die Abgeordneten der Grünen, also auch Sabine Weigand, sitzen aus dieser Perspektive gesehen ganz rechts, neben den Vertretern der SPD.

Frau Dr. Weigand, macht’s Ihnen Spaß im Landtag, ist es noch aufregend, oder hat schon die Routine eingesetzt?

Im Gegenteil, es beginnt jetzt gerade erst, Spaß zu machen. Zunächst war ja alles neu. Vorher war ich selbständig als Autorin, jetzt musste ich mein komplettes Leben umstrukturieren – angefangen mit der Krankenversicherung und solchen Dingen. Ich musste drei persönliche Mitarbeiter einstellen, zwei Büros suchen und eröffnen. Am Anfang hatte ich keine Übernachtungsmöglichkeit in München, da kann man täglich vier Stunden fürs Pendeln einplanen. Außerdem habe ich nebenher meinen neuen Roman fertig geschrieben.

Weigand:

© Grüne

Klingt alles sehr anstrengend.

An Weihnachten war ich echt k. o., aber jetzt ist alles gut. Alles hat sich eingespielt und ich habe sogar meinen bevorzugten Bereich bekommen: als Sprecherin für Denkmalschutz und Mitglied des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst. Da gehört jemand wie ich hin.

Gab es spannende Momente, etwa Abstimmungen, die Ihnen persönlich sehr wichtig waren?

Ich genieße die Sacharbeit in den Ausschüssen – gerade beim Denkmalschutz. In den Ausschüssen wird wirklich regiert. Im Plenum, das ist für außen, das ist Show. Ich habe es noch nicht erlebt, dass sich jemand von einer besonders mitreißenden Rede eines politischen Gegners umstimmen hätte lassen. Im Ausschuss kann man die Leute überzeugen. Eine kleine Sternstunde war eine Petition, die auf mein Betreiben hin direkt angenommen wurde. Im Nachhinein haben ich erfahren, dass das äußerst selten passiert, vielleicht einmal im Jahr. Da freut man sich natürlich, wenn man die anderen mit Argumenten überzeugen konnte.

Wie wichtig ist es Ihnen, Ihren politischen Fußabdruck zu hinterlassen?

Ich mache das mit Haut und Haar, das bin ich den Menschen schuldig, die mich gewählt haben. Ich bin sehr gewissenhaft und versuche, im besten Sinne für die Bevölkerung zu entscheiden. Denkmalgeschützte Bauwerke prägen unsere Städte und Orte so wie die Flora und Fauna unsere Landschaft prägt. Schöne historische Ortsbilder müssen erhalten bleiben, dass kann man nicht hoch genug einschätzen.

Viele Kommentatoren hielten im Oktober vergangenen Jahres die Zeit für eine schwarz-grüne Koalition in Bayern gekommen. Sind sie froh oder traurig, dass daraus nichts wurde?

Es wäre tatsächlich Zeit gewesen! Insofern bin ich traurig, dass es nicht dazu kam. Natürlich wäre es nicht einfach gewesen, beileibe keine Liebesheirat. Aber die Umwelt hat keine Zeit mehr. Wir müssen jetzt in die Puschen kommen, um den Klimawandel aufzuhalten, so schnell wie möglich. In der Regierung hätten die Grünen mehr bewirken können.

Wie gehen Sie persönlich mit den Abgeordneten der AfD um?

Ich sehe die AfD momentan nicht als Partei, die auf dem Boden unseres Grundgesetzes steht. Das wird in den Reden im Plenum nur allzu deutlich. Wir haben in der Fraktion vorher diskutiert, wie wir mit den AfD-Abgeordneten umgehen wollen. Wir grüßen sie, diesen Respekt muss man jedem Menschen entgegen bringen. Und dann schauen wir, was sie sagen und tun.

Was sagen und tun sie?

In den Ausschüssen sagen sie meistens nichts, sind still und brav. Im Plenum provozieren sie massiv. Die wissen genau, was sie da machen. Es fällt manchmal wirklich schwer, diese Reden anzuhören. Der Ton im Parlament ist dadurch auch ein anderer. Es ist unter den Parteien eigentlich nicht üblich, den Weg eines Sprechers zum Rednerpult mit Johlen und Klatschen zu begleiten. Die AfD macht es. Sie rufen ständig dazwischen und versuchen, die Redner aus dem Konzept zu bringen. Das ist blanke Provokation. Wir arbeiten, die machen Show.

Haben aber auch interne Konflikte.

Offensichtlich verlieren die gemäßigten Kräfte an Einfluss. Raimund Swoboda oder Markus Plenk, die jetzt ausgetreten sind, waren keine von den schlimmen Rabauken. Wenn die einigermaßen Anständigen herausgetrieben werden, dann bedeutet das einen weiteren Rechtsruck in der Partei.

Haben Sie eigentlich noch genügend Zeit für Ihren eigentlichen Broterwerb, das Schreiben von Büchern?

Wie gesagt, meinen neuen Roman habe ich im März fertig geschrieben, parallel zum Landtag. Das war schon eine Herausforderung. Jetzt bin ich wieder auf der Suche nach einer neuen Idee. Es wird sicher langsamer gehen, aber ich werde immer schreiben. Das ist ein wesentlicher Teil meines Lebens, den ich nicht einfach abschneiden will. Ich habe aber auch in der Politik einiges vor.

Was sind die Pläne?

Erst einmal wollen wir das Schwabacher Büro eröffnen als Anlaufpunkt. Außerdem ist eine Bayern-Tour geplant – ich will überall hinfahren, wo für den Denkmalschutz kritische oder interessante Gebäude stehen. Wichtig ist mir die Verbindung von Denkmalschutz und nachhaltiger Sanierung. Dabei müssen wir besonders die kleineren Bauherren unterstützen. CSU und Freie Wähler wollen im nächsten Haushalt Zuschüsse gerade für die kleineren Sanierer kürzen. Das ist fatal.

Was liegt Ihnen mehr, die Arbeit im Landtag oder die Arbeit im Schwabacher Stadtrat, in dem Sie ja weiterhin vertreten sind?

Im Stadtrat geht es um Veränderungen, die man schnell sehen kann. Aber an den großen Entscheidungen beteiligt zu sein, die ein Land vorwärts bringen, das macht – ich gebe es zu – ein bisschen mehr Spaß. Man kann einfach mehr verändern. Im Stadtrat geht es dafür flexibler zu. Im Landtag ist alles sehr formell, man muss sich ans Protokoll halten. Das liegt mir als Grüne nicht so sehr. Im Stadtrat höre ich halt auf zu reden, wenn die anderen eingeschlafen sind. Im Landtag sitzt mir nach vier Minuten Redezeit der Karl Freller (der Vizepräsident des Landtags; Anm. d. Red.) im Nacken (lacht).

Nächstes Jahr ist Kommunalwahl, auch in Schwabach. Oberbürgermeister Matthias Thürauf (CSU) hat unlängst erklärt, dass er nicht mehr antritt. Die Schwabacher Grünen haben noch niemanden nominiert. Wäre das was für Sie?

Denkbar ist es, ich würde es mir auch zutrauen. Aber ob ich es machen werde, das ist eine ganz andere Sache. Wir haben einen Zeitplan: Vor dem Bürgerfest wird jemand nominiert. Wir haben mehrere Leute, die willens und auch fähig sind. Und im Gegensatz zu anderen Parteien stimmen wir über unseren Kandidaten oder unsere Kandidatin ab, ehe wir an die Öffentlichkeit gehen.

Klingt zumindest so, als wollten Sie die Stadtpolitik nicht aus dem Blick verlieren.

Ich bin zwar jetzt drei Tage in der Woche in München, aber mein Ziel war von Anfang an, mich in meinem Wahlkreis (dem Stimmkreis Nürnberg-Süd/Schwabach; Amn. d. Red.) um die Dinge zu kümmern. Ich bin für die Leute hier da. Deshalb sitze ich auch weiterhin im Stadtrat, ich will ganz nah bei meinen Schwabachern bleiben.

Für den 3. Mai laden die Grünen zum Bürgerdialog mit Sabine Weigand in die Gaststätte Gartenlaube in Schwabach. Ab 19.30 Uhr berichtet Weigand dort von ihren Erfahrungen im Landtag und beantwortet Fragen der Bürgerinnen und Bürger.

Keine Kommentare