Wenn`s ums Geld geht: Mitreden auch während der Pandemie

4.11.2020, 13:10 Uhr
Wenn`s ums Geld geht: Mitreden auch während der Pandemie

© Foto: Robert Gerner

Die erste Frage lautet: Muss das wirklich sein? Ist es nötig, mitten in der Pandemie, mitten in einer Zeit, in der vieles verboten und manches eingeschränkt ist, eine Bürgerversammlung abzuhalten? Viele Bürgermeister, die ansonsten große Stücke auf diese bayerische Urform der direkten Demokratie halten, haben solche Veranstaltungen coronabedingt ins nächste Jahr verschoben. Auch Susanne König, die Rathauschefin in Abenberg, wird auf die regulären Bürgerversammlungen heuer verzichten.

An diesem Montag und diesem Dienstag geht’s in der Abenberger DJK-Halle, dem wohl geräumigsten Ort, den man in der Großgemeinde finden kann, aber nicht um das große Ganze. An diesen zwei Abenden geht es nur für Beerbach (Montag) und nur für Wassermungenau (Dienstag) um die Zukunft der Abwasserentsorgung in diesen beiden Stadtteilen. "Sonder-Bürgerversammlung", sagt König deshalb.

Es geht vor allem: ums Geld

Es geht nicht nur um die Zukunft der Abwasserentsorgung. Es geht auch um enorm viel Geld. Geld, das letztlich die Bürger bezahlen müssen. Und wer zahlt, soll auch mitreden können.

Holen wir an dieser Stelle ein wenig weiter aus. Abenberg ist abwassertechnisch ein Flickenteppich. Es gibt eine zentrale Kläranlage im Kernort, an der auch Kleinabenberg, Obersteinbach, Dürrenmungenau, Ebersbach und Kapsdorf hängen. Handlungsbedarf? Keiner.

Es gibt eine kleine Teichkläranlage in Bechhofen, die noch mindestens zehn Jahre lang betrieben werden darf. Handlungsbedarf: nicht akut.

Wenn`s ums Geld geht: Mitreden auch während der Pandemie

© Foto: Robert Gerner

Als nächstes hat Wassermungenau eine eigene Kläranlage, für die der Wasserrechtsbescheid aber schon 2018 abgelaufen ist. Das Wasserwirtschaftsamt könnte den noch einmal für ein oder zwei Jahre verlängern. Allerdings muss die Stadt Abenberg allmählich ein Konzept vorlegen, wie sie gedenkt, die immer strenger werdenden Vorschriften einhalten zu wollen. Handlungsbedarf: ja, sehr.

Je später, desto teurer

Und dann gibt es noch Beerbach, das wie Bechhofen eine kleine Teichkläranlage betreibt, die aber eigentlich schon seit Ende 2017 nicht mehr betrieben werden dürfte. Der mehrmals verlängerte Wasserrechtsbescheid läuft Ende Dezember aus. Wenn die Stadt Abenberg bis dorthin kein Konzept vorlegt, dann könnte das richtig teuer werden. Unter anderem drohen bei der späteren Umsetzung eines neuen Konzeptes 160 000 Euro an Fördergeldern verloren zu gehen. 160 000 Euro, die die Beerbacher dann zusätzlich aufbringen müssten.

Zeit drängt, Konzept steht

Das mag für einen großen Ort ein Klacks sein. Für ein Dorf mit vielleicht 60 oder 70 Anwesen ist das eine Riesensumme. "Die Zeit drängt also", sagt Bürgermeisterin König.

Gemeinsam mit dem Spalter Ingenieurbüro Klos hat der Stadtrat nach Abwägung vieler Alternativen schon ein Konzept ausgearbeitet. Die endgültige Entscheidung darüber soll in der nächsten Sitzung am 16. November fallen.

Zuvor wollte die Rathauschefin aber die betroffenen Bürger informieren und diskutieren lassen. Unter strengen Hygiene-Auflagen – großer Abstand, nur eine Person pro Haushalt – auch in Corona-Zeiten.

Anschluss nach W’mungenau

Für Beerbach sieht der eigentlich ganz einfache Plan so aus: Schließung der eigenen Kläranlage und Anschluss nach Wassermungenau. Blöd nur: Stauraumkanäle zu bauen und eine lange Pumpleitung zu verlegen, ist teuer: rund 850 000 Euro. Abzüglich der vergleichsweise hohen Zuschüsse, die aber nur fließen, wenn heuer noch eine Entscheidung fällt und nächstes Jahr gebaut und abgerechnet wird, müssen die Beerbacher rund 450 000 Euro selbst aufbringen. Entweder in Form einer Sonderumlage. Oder in Form rasant steigender Gebühren.

Angesichts der Zahlen für Beerbach sind die geschätzten Kosten von 730 000 Euro, die für die Aufrüstung der Kläranlage Wassermungenau (die auch ohne den Beerbacher Anschluss nötig wäre) anfallen, fast ein Schnäppchen. Abzüglich von Zuschüssen muss Abenbergs größter Stadtteil zwar rund 660 000 Euro schultern. Doch Wassermungenau ist dafür ja auch fünf- oder sechsmal so groß wie Beerbach.

Noch größer denken?

Die Kläranlage selbst braucht eine Phosphatfällung. Die auf dem Weg zur Kläranlage verbuddelten Stauraumkanäle, die dafür sorgen, dass die Kläranlage bei starkem Regen nicht zu viel Wasser auf einmal verarbeiten muss, müssen dringend in Ordnung gebracht werden. Denn bei hohem Wasserstand der Rezat, und das ist in Wassermungenau gar nicht so selten, läuft ein Teil des Flusswassers in diese Stauraumkanäle – und damit später gewissermaßen durch die Kläranlage.

Natürlich könnte man noch größer denken. Kammerstein und Büchenbach schicken einen Teil ihres Abwassers über den Aurachtalsammler bis nach Roth. Könnte man dann nicht auch wenigstens alle Abwässer aus dem Abenberger Stadtgebiet zentral klären lassen?

Unterschiedliche Systeme

"Nein", sagt Ludwig Book vom beauftragten Ingenieurbüro Klos. Wer das erklären will, muss ganz tief in die Abwassermaterie einsteigen. Vereinfacht gesagt, sind die Abwasserkanalsysteme in Abenberg (Trennsystem) und Wassermungenau/Beerbach (Mischsystem) nicht so einfach kombinierbar. Wenn es regnet, würde viel zu viel Wasser (vor allem Regenwasser) aus dem Raum Wassermungenau auf die Kläranlage Abenberg einströmen. Die wäre dann überfordert.

Außerdem hat die Abenberger Anlage seit jeher das Problem, dass sie das geklärte Wasser nur schlecht wieder los wird. Es gibt in Abenberg nämlich keinen größeren aufnehmenden Fluss, einen sogenannten Vorfluter.

"Wenn man das überhaupt überlegt, dann müsste man eher das Abenberger Abwasser nach Wassermungenau pumpen", sagt Book. Das ist, auch angesichts des weiten Weges, einigermaßen unrealistisch. Und spielt in den aktuellen Plänen deshalb keine große Rolle mehr.

Wenn überhaupt, dann stünde in fernerer Zukunft eher einmal ein Zusammengehen von Wassermungenau mit Spalt auf dem Programm. Doch wie gesagt: Das ist Zukunftsmusik.

Tief drin in der Materie

Die Beerbacher und die Wassermungenauer fragen fleißig nach und steigen auch tief ein in die Materie bei ihren zwei Sonder-Bürgerversammlungen. Einen Vorwurf gibt es hin und wieder herauszuhören. Es sei ja schon alles mehr oder weniger auf den Weg gebracht. Richtig mitreden könnten die, die den Spaß bezahlen müssten, deshalb nicht mehr.

Bürgermeisterin König kann das Argument schon nachvollziehen. Sie sagt aber auch: "Wenn wir im Frühjahr zu Ihnen gekommen wären mit einer Fülle von Alternativen, dann hätte man uns vorwerfen können, dass wir ohne jedes Konzept zur Sonderbürgerversammlung eingeladen hätten." Deshalb: "Wie wir es machen, es ist immer verkehrt."

König sagt aber auch, dass es durchaus noch Mitwirkungsmöglichkeiten gebe. Jeder könne mit Stadtratsmitgliedern und mit der Verwaltung reden. Und man werde selbstverständlich wieder vor die Bürger treten. Denn nach der grundsätzlichen Entscheidung, wie man baue, stehe nächstes Jahr noch die nicht minder wichtige Entscheidung an, wie abgerechnet wird. "Können wir dann mit abstimmen", fragt einer aus der Bürgerversammlung. "Nein", schränkt Bürgermeisterin König ein. "Das ist ausschließlich Aufgabe des Stadtrates, den Sie gewählt haben. So funktioniert Demokratie."

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