Westernreiten: Von der schweren Aufgabe, alles leicht aussehen zu lassen

25.9.2018, 13:15 Uhr
Westernreiten: Von der schweren Aufgabe, alles leicht aussehen zu lassen

© Fotos: Robert Gerner

"Meine Mutter hat einen guten Kaffee gekocht. Das kann nicht jeder. Stark muss er sein und heiß. Gut. So ist er gut." (Aus dem Westernklassiker "Spiel mir das Lied vom Tod").

Nach dieser Verfahrensanweisung kochten die Damen vom OCR-Verein schon ab 6 Uhr unermüdlich guten Kaffee. Kurz nach sechs Uhr kamen die ersten Hänger. Es war noch nicht hell. Das kleine Dorf schlief noch. Links vom Reitplatz waren die Maisfelder abgeerntet. Dunkel liegen die Felder da. Ackerboden, der nach einem heißen Sommer auf das Aussähen der Wintergerste wartet. Oben, am Waldrand, parken die Hänger, die Pferde freuen sich, dass sie etwas Gras finden. Cowboys und Cowgirls gehen den steinigen Pfad hinunter zum Coffee-Shop.

Das ganze Programm

Es wird langsam etwas heller. Das Wetter soll gut werden. Keine Hitze, kein Regen, ein angenehmer ruhiger Herbsttag. Acht Uhr: Anpfiff. Der Sprecher eröffnet das Turnier. Richter Adi Wagner hat schon auf seinem Richterstuhl Platz genommen. Mit unbeweglichem Gesichtsausdruck richtet er 30 Wettkämpfe mit 60 Pferd/Reiterkombinationen im Zeitfenster von 8 bis 18 Uhr. Er ist ein Mann von hoher Professionalität und hat auch die Lizenz, Weltmeisterschaften im Westernreiten zu richten. Wer ihn beobachtet sieht, dass er selbst den Kinder-Führzügelwettbewerb mit einer einzigartigen Aufmerksamkeit verfolgt.

Klar, es gab auch viel zu gewinnen: Pokale, Geld- und Sachpreise.

Klar, es gab auch viel zu gewinnen: Pokale, Geld- und Sachpreise.

Auf dem Programm stehen die Westernreitdisziplinen Showmanship at Halter, Trail, Horsemanship, Ranch Riding, Pleasure, Saddle under Hunter und der Reining, die ausschließlich im Galopp gerittene Westerndressur.

Traditionell bildet die Showmanship at Halter den Auftakt. Hier steht nicht das Reiten im Vordergrund, sondern korrekte Bodenarbeit wird als Bewertungsmaßstab zu Grunde gelegt. Bewertet wird der Teilnehmer selbst, wie er sein Pferd am Halfter vorstellt.

In der Any Horse any Rider Showmanship sichert sich Franziska Götz mit Josie den ersten Platz, der zweite Platz geht an Nina Gun aus Worzeldorf mit Whoopi Lark.

Trail durch den Obstgarten. Für die Pferde eher ungewohnt.

Trail durch den Obstgarten. Für die Pferde eher ungewohnt.

Es folgen die Walk and Trot Prüfungen, danach die Any Horse any Rider Wettkämpfe in Horsemanship, Pleasure and Trail. In der Horsemanship sichert sich Franziska Götz mit Josie den ersten Platz, Lisa Grätz mit Arina den zweiten und Mirja Meißner aus Schwabach mit Lancer den dritten Platz.

Der Sitz zählt

Die Horsemanship ist im Wesentlichen eine Reiterprüfung, in der Sitz, Feinheit der Hilfengebung und eine enorme Kontrolle des Pferdes bewertet werden. Vor allem der Sitz des Reiters steht im Fokus des Richters – was bei den anderen Westerndisziplinen sonst nicht Gegenstand richterlicher Bewertung ist. Mirja Meißner fiel durch einen auffallend ruhigen und sehr geraden Sitz auf, souverän steuerte sie ihr Pferd Lancer mit angemessen losem Zügel durch die Prüfungsaufgabe.

In der Pleasure holte sich Sabine Gruner den ersten Platz, Franziska Götz den zweiten und Lisa Grätz den dritten Platz.

Leicht soll es aussehen

Minimale Hilfengebung, eine ruhige Performance und die Fähigkeit, sein Pferd in natürlicher Selbsthaltung zu versammeln sind Voraussetzungen für eine geglückte "Pleasure". Schwere Arbeit steckt dahinter, dass ein
Pferd "wie zum Vergnügen" zu reiten ist.

Es ist nun später Vormittag. Bei fahler herbstlicher Sonne werden die Trailprüfungen absolviert. Der Trail (Geschicklichkeitspark) in Ottersdorf ist eine Streuobstwiese, auf der zahlreiche alte Apfelsorten wachsen. Es ist für die Pferde ein ungewohntes Erlebnis. Normalerweise wird im Gelände auf den Waldwegen geritten. Die Apfelbäume gehören zwar nicht zu den Trail-Hindernissen, aber es ist schon für viele Pferde so, dass sie sich daran gewöhnen müssen. Im Trail müssen die Pferde Gelassenheit beweisen. Alles sieht leicht aus, ist aber wahrlich nicht einfach. Ein großes Gatter für die imaginären Viehherden (der Reiter muss dieses Tor vom Sattel aus öffnen), eine gezimmerte massive Bohlenbrücke und ein steiler künstlich aufgeworfener Hügel bilden den Hintergrund für die Geschicklichkeitsaufgaben, die aus der Arbeit des Ranchers abgeleitet sind. Hierbei ist es wichtig, dass sich das Pferd extrem ruhig und kontrolliert ohne große Einwirkung des Reiters durch die Hindernisse bewegt.

Mehrfach vorne

Hervorragende Ergebnisse zeigten Annika Oelsner mit Small Town Silence (1. Platz), Manuela Kunze mit Monty (2. Platz) und Anna Stengel aus Rednitzhembach mit der Haflingerdame Nolita (3. Platz). Im Jugend Trail sicherte sich Anna Stengel, Schülerin am AKG, den ersten Platz. Auch in der Jugend Horsemanship war Anna Stengel Erstplatzierte mit 62 Punkten von 70. Bei Anna Stengel fiel der gute Sitz auf sowie die leichte Manövrierbarkeit ihres Pferdes Nolita. Das machte sich dann auch in der Disziplin Ranch Riding bezahlt. Mit 70,5 Punkten konnte Anna Stengel sich den 2. Platz sichern, Erstplatzierte war Diana Ewald mit Duals Flip To Pep (71 Punkte).

Zuschauer, zwei- und vierbeinig

Zuschauer, zwei- und vierbeinig

Beim Walk and Trot Trail dirigierte Victoria Szowtucha den Quarter-Horse-Wallach Lancer souverän durch die Hindernisse. Von 70 möglichen Punkten sicherte sie sich 69. Damit war die Realschülerin aus Heilsbronn Erstplatzierte, dicht gefolgt von Ayleen Kunze, die mit dem Shetlandpony Skipper eine überzeugende Leistung zeigte und mit 68,5 Punkten belohnt wurde.

Rasante Dressur

Der Nachmittag war wie immer für die Reining reserviert. In der Any Horse any Rider Reining erzielte Barbara Morgenroth aus Bamberg mit ihrem QH Wallach Icegun 67,5 Punkte, was ihr einen ersten Platz bescherte. Sabine Reichhart aus Ottersdorf war Zweitplatzierte mit ihrem Hengst Gunner (64,5 Punkte). Barbara Morgenroth überzeugte durch eine hervorragende Galopparbeit und perfekte Wechsel.

Weitere Ergebnisse Katrin König-Daberger gewann die Reining-Einsteiger, Katrin Dönig-Daberger die "NICE Trophy Reining Non-Pro", Timo Reichart die "NICE Trophy Reining Open".

Die Reining ist die Dressur im Westerneitsport. Sie wird nach definierten Lektionen geritten. Verlangt werden schnell und langsam zu reitende Zirkel mit fliegenden Galoppwechseln, Spins (360 Grad Drehungen um die Hinterhand), Runs (rasant schnelle Galoppgeraden, die mit einem Sliding Stop enden. Sliding Stops – das ist ein Stoppen aus der vollen Galoppgeraden mit Gleiten der Hinterhand, wobei die Vorderhand schon wieder Vorwärtsaktionen zeigen soll). Reinings werden bei aller verlangter Präzision rasant schnell geritten und zwar ausschließlich im Galopp. Die Reining ist seit 2002 feststehende Disziplin bei den Weltreiterfestspielen. Bei den gerade zu Ende gegangenen Weltreiterfestspielen in Tryon, North Carolina, überzeugte die deutsche Nationalmannschaft im internationalen Wettbewerb mit einem hervorragenden dritten Platz.

HEIDRUN TEUMER

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