Wie ein alter Bekannter: Weilers kleine Welt ist überall

9.11.2011, 08:25 Uhr
Wie ein alter Bekannter: Weilers kleine Welt ist überall

© Weinig

Völlig wurscht, ob letztendlich die Spiegelneuronen daran schuld sind. Aber irgendwann im Laufe des Abends kratzt man sich unwillkürlich am Kopf und fragt: Hat der muntere Parleur da vorne tatsächlich erzählt, er sei Journalist? Nicht Schauspieler oder Kabarettist?

Muss wohl so sein: Denn Jan Weiler ist ein Name, der lange Jahre das Magazin der Süddeutschen Zeitung zeichnete, heute unter anderem im Stern und in der Welt am Sonntag zu finden ist und der auf einer eigenen Homepage dafür bürgt, beim vierten Anlauf die Aufnahme an der Deutschen Journalistenschule geschafft zu haben. Also doch!

Und viele wissen’s längst. Denn Jan Weilers Markenzeichen sind Kolumnen. Viel gelesen, viel geschätzt. Die hat der blonde Rheinländer mit dem Schulbubencharme nämlich dergestalt kultiviert, dass er inzwischen — ganz hackelike — Bücher, CDs und Säle damit füllt.

So hüpft er denn am Montag dohlenhaft auf die Bühne des Schwabacher Markgrafensaals, wo er mittels Gewinnerlächeln ankündigt, Einblicke in sein „neues Leben als Mensch“ zu gewähren. Die Sympathie der Zuhörer ist ihm da schon gewiss. Und die erhalten im Gegenzug zwei Stunden Amüsement, das sich aus scheinbaren Belanglosigkeiten speist, die mit abstrusen Perspektiven, Italo-Flair und viel Sprachwitz gewürzt sind.

Gute Portion Ironie

Denn Jan Weiler kann das: Begebenheiten, die en passant den Alltag durchlaufen, aufspießen und mit einer guten Portion Ironie samt italienischem Schwiegervater, Hamster oder „Pubertier“ genüsslich durch den Unterhaltungswolf drehen. Er kann das so gut, dass Identifikation und Spaß am Lesen nicht fern bleiben wollen. Und er hat — wie sich in Schwabach herausstellt — noch etwas perfektioniert: die Art des Vortrags, um seine Alltagsreflexionen an den Mann und die Frau zu bringen.

Man kennt das

So „beiläufig“ sich das Dargestellte seiner schriftlich fixierten Histörchen ein ums andere Mal aufbaut, so „beiläufig“ erzählt Weiler auch davon. Mit derartigem Verve und einer kabarettistischen Lust allerdings, die bisweilen das Gefühl vermitteln, man säße einem guten, alten Bekannten gegenüber.

Das funktioniert, weil die Wehwehchen des Kolumnisten nicht kalt lassen. Man kennt „das“ oder darf sich’s zumindest – der Weiler’schen Feder sei Dank — lebhaft vorstellen. Wenn Bonuspapa und „Gastrentner“ Antonio immer wieder „auftaucht wie Schimmel“ oder die pubertierende Tochter Carla (das „Pubertier“) dem Vater plötzlich ihre Poly-Pocket-Welt vor die Füße schmeißt, so sind das keine großen Unbekannten. Im Gegenteil. Es menschelt gewaltig. Und wir kommen zu dem Schluss: Weilers kleine Welt ist überall.

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