Baugebiet Oberlohe

Schwanstetten: Hier gibt es Ärger mit Ansage

22.7.2021, 11:00 Uhr
Um dieses Gebiet geht aus. An der Sperbersohe Straße soll das Baugebiet "Oberlohe" entwickelt werden. Die Nachbarn sind mäßig begeistert, vorsichtig ausgedrückt.

© Robert Gerner, NN Um dieses Gebiet geht aus. An der Sperbersohe Straße soll das Baugebiet "Oberlohe" entwickelt werden. Die Nachbarn sind mäßig begeistert, vorsichtig ausgedrückt.

Schwanstetten, das haben Berechnungen ergeben, benötigt in den nächsten 20 Jahren wohl um die zehn Hektar für neue Baugebiete. Einwohnermäßig wächst die Marktgemeinde zwar nur sehr moderat. Aber der Trend zu mehr Quadratmeter Wohnfläche pro Kopf macht auch vor Schwanstetten nicht halt. Mit 2,4 Hektar könnte man sich also schon einmal einen ordentlichen Schluck aus der Pulle nehmen.

Ärger auf 900 Metern Länge

Doch wenn auf 900 Meter Länge der Ortsrand um ein Stück nach Osten verschoben wird, dann gibt es logischerweise entlang dieser 900 Meter zahlreiche Hausbesitzer, die bisher von ihrer Terrasse aus in die freie Landschaft blicken. Und die damit von den Plänen direkt betroffen wären. Denn mit der Ruhe und dem freien Blick könnte es in zwei bis drei Jahren, wenn das Bauleitverfahren abgeschlossen, der Flächennutzungsplan geändert und ein Bebauungsplan aufgestellt und beschlossen ist, natürlich vorbei sein.

Das sorgt für reichlich Konfliktpotenzial. Bürgermeister Robert Pfann will dem heraufziehendem Ärger mit möglichst großer Transparenz begegnen. Deshalb hat er die direkten Anlieger an das neue Wohnbaugebiet zu einer ganz besonderen Versammlung eingeladen. Es sollte das Stimmungsbild eingefangen werden, noch bevor sich die Planer an mehr machen als an erste Skizzen. „So etwas hat es in diesem frühen Stadium in der Geschichte der Marktgemeinde noch nie gegeben“, so Pfann.

Von allen Seiten beleuchten

Und: Pfann hat, was er wirklich selten tut, sogar bei der örtlichen Zeitung angerufen und gefragt, ob das Schwabacher Tagblatt nicht über diesen Abend berichten wolle. Man habe nichts zu verbergen, und es sei wichtig, auch die Sichtweise der Leute kennenzulernen, die dort wohnen und die Pläne mit großer Skepsis verfolgen.

Der Begriff „große Skepsis“ ist noch geschönt. Es ist eine Mischung aus Unverständnis, Ängsten und Wut, die in der Gemeindehalle dem Rathauschef und seiner Verwaltung, dem beauftragten Planungsbüro Markert und dem als Mittler und Moderator eingekauften Dr. Tobias Preising von der Firma „Planwerk Stadtentwicklung“ entgegenschlägt.

Dass die Gemeinde überhaupt auf die Idee gekommen ist, östlich von Schwand diesen bisher als Grün- und Ackerfläche genutzten Schlauch zu kaufen um ihn bebauen zu lassen, das können die künftigen Nachbarn noch einigermaßen nachvollziehen, mit zugedrückten Augen und zusammengebissenen Zähnen jedenfalls.

Niemals dürften dort aber Reihenhäuser und Wohnblöcke entstehen. Niemals dürften bei den Einfamilien- und Doppelhäusern mehr als Erdgeschoss und Dachgeschoss erlaubt werden.

Und dann: die Erschließung

Größter Knackpunkt des Abends ist aber die schwierige Verkehrserschließung. Man muss sich das immer wieder so genau zu Gemüte führen, weil es ja nicht ein Schwan-stettener Phänomen ist. Es soll über das Wohnen der Zukunft debattiert werden. Über neuen Wohnraum für junge Familien, die derzeit nichts finden oder wenn, dann nur zu horrenden Preisen.

Aber zu gefühlt 90 Prozent geht es an diesem Abend um die Straßen, den Verkehr, die Parkerei und den dadurch entstehenden Lärm.

Die Erschließung ist natürlich eine Herausforderung, um die man die Planer nicht beneidet. Soll man die Autos nur von Norden her, also von der Sperbersloher Straße (die vom Gemeindezentrum Richtung Furth führt) in das neue Wohnbaugebiet einfahren lassen? Sieht auf der Planskizze ein wenig seltsam aus mit einer extrem langen Stichstraße samt Wendehammer.

Oder doch von zwei Seiten?

Oder soll man den langen Wohnschlauch in zwei Teile filettieren, mittendrin fast in Höhe der Schule ein durchgehender Grünzug? Dann würde der größere Teil des Verkehrs von der Sperbersloher Straße einfahren. Und der kleinere über die „Alte Straße“ und von dort über bisherige Sackgassen, die Namen wie Ginster-, Köhler- oder Zeidlerweg tragen. Die Sackgassen müsste man natürlich öffnen, was ein schwieriges Unterfangen ist bei Straßenbreiten von kaum mehr als drei Metern.

Wohlgemerkt: Die Sackgassen würden keine neuen Durchgangsstraßen. Sie würden nur um 50 oder 100 Meter zu den neuen Häusern verlängert.

Solche Überlegungen sorgen bei den dort lebenden Schwanstettenern aber mindestens für Fassungslosigkeit. So hat sich mit dem „Team Oberlohe“ schon so etwas wie eine Bürgerinitiative gebildet, die vernünftige Argumente für eine zurückhaltende Bebauung zusammengetragen und die selbst schon mal den Verkehr in der Alten Straße und der Sperbersloher Straße gezählt hat.

Weil durch die Alte Straße dreimal so viele Autos rollen wie durch die Sperbersloher Straße, steht für das Team Oberlohe fest: Die Erschließung kann nur über die Sperbersloher Straße erfolgen. Der Gerechtigkeit wegen. Dazu „gibt es von unserer Seite keinen Kompromiss“, heißt es in einem entsprechenden Positionspapier.

Zum Verständnis: Die Schwanstettener aus dem „Team Oberlohe“ wohnen alle an der Alten Straße beziehungsweise an den davon abzweigenden Sackgassen.

Die Menschen, die an der Sperbersloher Straße wohnen, sind von solchen Positionen erwartungsgemäß eher mittelmäßig begeistert. Sie würden eine Aufteilung irgendwie besser finden.

Wir gegen Euch?

Interessant ist in diesem Zusammenhang zumindest für Außenstehende die mehrfach zu hörende Aussage, dass man sich von der Gemeinde nicht in zwei Lager auseinanderdividieren lasse in eine Gruppe Alte Straße und eine Gruppe Sperbersloher Straße. Interessant, weil das gar nicht die Gemeinde macht, zumindest nicht an diesem Abend, sondern die Schwanstettener selbst.

Es ist nicht so, dass die Leute aufeinander losgehen. Doch die Stimmung ist schon einigermaßen aufgeheizt. Und bei etlichen Wortbeiträgen merkt man, wie es unter der Oberfläche brodelt.

Von wegen Tagesordnung!

Moderator Preising, der sich eine schöne Tagesordnung zurecht gelegt hat, um möglichst viele Anregungen aufnehmen zu können, kann diese Tagesordnung jedenfalls im Laufe des Abends knicken. Er hatte sich das so schön vorgestellt. Die Begrüßung durch den Bürgermeister, die Vorstellung erster Skizzen durch das Büro Markert (die Pläne sollen ja gewissermaßen erst gemeinsam mit den Bürgern erarbeitet werden), dann Fragen zu den Skizzen und zum Schluss schöne Workshops in kleineren Gruppen direkt an drei aufgestellten Schautafeln mit Luftbildern vom zu überplanenden Gebiet.

Doch die kleinen Gruppen und die Diskussionen kommen nicht zustande. Die Leute wollen dem Bürgermeister und dem Planer lieber vor versammelter Mannschaft die Meinung geigen.

Die Zusammenfassung

So geht das dann knapp zwei Stunden lang, bis im Prinzip alles gesagt worden ist, nur noch nicht von jedem. Preising gelingt jedoch noch eine ganz gute Zusammenfassung, mit der die meisten Gäste einigermaßen leben können:

Die Straßenführung ist von elementarer Bedeutung, eine Herausforderung für die Planer. Das Neubaugebiet soll sich harmonisch ins Schwander Ortsbild einfügen. Das heißt: keine Wohnblöcke. Die Leute am jetzigen Ortsrand wollen wissen, wie viel Abstand sie noch vom künftigen Nachbarn haben werden. Und die Sache mit dem Lärm muss auch geklärt werden. Grundsätzlich soll es so ruhig bleiben wie jetzt auch.

Immerhin: Letzteres zumindest regelt eine Verordnung. In reinen Wohnbaugebieten darf eine bestimmte Dezibelstärke nicht überschritten werden. Egal, ob derjenige schon 40 Jahre dort wohnt oder soeben eingezogen ist.

So geht es weiter

Nach der Veranstaltung wird draußen fleißig weiter diskutiert. Der Marktgemeinderat wird sich demnächst ebenfalls wieder mit dem Thema beschäftigen, wahrscheinlich in Form eines Workshops.
Eines aber dürfte Kommunalpolitikern und Bürgern, Verwaltungsmitarbeitern und beauftragten Planern deutlich geworden sein. Eine Lösung, bei der alle „Hurra“ schreien, wird es nicht geben. Zumindest nicht im Baugebiet Oberlohe.

1 Kommentar