Schweinepest: Jäger klagen über Wildschwein-Hysterie

24.1.2018, 05:17 Uhr
Schweinepest: Jäger klagen über Wildschwein-Hysterie

© dpa

"Die infizierten Wildschweine laufen keine großen Strecken mehr. Auf diesem Weg kann das Virus nicht eingeschleppt werden, die Wildschweine bringen die Seuche nicht ins Land", ist BJV-Sprecherin Gertrud Helm überzeugt. Wenn sich ein Wildschwein mit dem Schweinepest-Virus infiziert, bricht die Krankheit innerhalb weniger Tage aus. Das Tier bewegt sich kaum noch, wird immer schwächer, verendet innerhalb einiger Tage.

Vielmehr sei es der Mensch, der das Virus einschleppe, sei es über Lkw oder über Saisonarbeitskräfte aus Osteuropa, wie Helm meint: "Die halten ein paar Schweine unter relativ unhygienischen Verhältnissen im Hinterhof, verarbeiten die Tiere und bringen dann eine Brotzeit mit, in der das Virus steckt."

Eine echte Hysterie sei das, eine panische Angst vor Wildschweinen, die gerade losgetreten werde, sagt Helm. „Dabei werden bei uns die meisten Hausschweine ja in Ställen gehalten, da kommt kein Wildschwein hin“, betont die BJV-Sprecherin.

Beim bayerischen Verbraucherschutzministerium ist man trotzdem vorsichtig. „Ein infiziertes Tier fällt ja nicht sofort tot um. Es kann schon noch vorher andere Tiere anstecken. Auch sein Kadaver dient noch als Reservoir für das Virus“, sagt ein Sprecher des Ministeriums. Auch so könne sich das Virus, wenn auch langsam, räumlich ausbreiten.

Und auch der Jagdverband muss einräumen: Selbst wenn der Mensch das Virus einschleppt, begünstigt eine hohe Wildschwein-Population vor Ort die schnelle Ausbreitung.

Niemand weiß, wie viele Tiere es gibt

Gerade deshalb hat der Bauernverband jüngst gefordert, 70 Prozent der Wildschweine zu erlegen. Das Problem: Kein Mensch weiß auch nur annähernd, wie viele Tiere es überhaupt gibt. Bekannt ist lediglich die Zahl der getöteten Individuen. Im Jagdjahr 2015/2016 gab es in Bayern mit 85.436 erlegten Tieren einen Allzeitrekord, im vergangenen Jahr ging die Zahl wieder auf knapp 61.000 zurück. In diesem Jagdjahr werden es wohl wieder an die 70.000 Tiere sein.

"Das sind ganz normale Schwankungen. In Mastjahren, wenn es viele Eicheln und Bucheckern gibt, lassen sich die Schweine schwerer bejagen, da bewegen sie sich nicht so viel", erklärt BJV-Sprecherin Helm.

Schon seit langem versucht man, der Wildschwein-Population Herr zu werden, die im Freistaat in Franken und der Oberpfalz am größten ist und in Richtung Südbayern deutlich abnimmt. Die Tiere bringen das Gefüge im Wald durcheinander, fressen die Eier von Bodenbrütern und machen sich über Mais- oder Rapsfelder her.

Bejagungsschneisen in Maisfeldern

Das ist zugleich einer der Gründe für ihre massenhafte Ausbreitung. "Die Tiere leben wie im Schlaraffenland", meint Helm. Noch dazu finden sie in den Maisfeldern hervorragend Deckung. Deshalb fordert der Jagdverband die Landwirte dazu auf, in großen Maisfeldern zwei bis drei Meter breite Bejagungsschneisen einzurichten, in denen nur Gras oder Klee wächst. "Dort können die Schweine dann erlegt werden", sagt Helm. Auch dürften die Äcker nicht bis direkt an den Waldrand reichen.

Während früher etwa die Hälfte aller Frischlinge im Winter starb, kommen durch den Klimawandel überdies deutlich mehr Jungtiere durch die (gar nicht mehr so) kalte Jahreszeit. Alle Bemühungen, die Wildschwein-Bestände deutlich zu reduzieren, brachten in den vergangenen Jahren kaum Verbesserungen. Der Jagdverband hält Drückjagden für die effektivste Methode. Doch auch damit erwischen die Jäger immer noch deutlich zu wenige Tiere.

220 neue Schweinepest-Fälle in Osteuropa

Derweil meldet das Friedrich-Loeffler-Institut für die vergangene Woche 220 neue infizierte Tiere in Osteuropa, insgesamt sind es damit 505 in diesem Jahr. 496 davon sind Wildschweine, nur neun Hausschweine waren bisher nachweislich mit dem Virus infiziert.

Die neuen Ausbrüche wurden vor allem in Ostpolen (95 Wildschweine) und Litauen (87 Tiere) vermeldet, aber auch im äußersten Osten Tschechiens wurden fünf infizierte Wildschweine gefunden.

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