Abitur unter Coronabedingungen

Schweres Mathe-Abi? Mittelfranken ist Schlusslicht im bayerischen Durchschnitt

27.7.2021, 05:15 Uhr
Die sogenannte Günstigerregelung verschaffte dem diesjährigen Abi-Jahrgang vermutlich einen besseren Gesamtdurchschnitt.

© Armin Weigel, NNZ Die sogenannte Günstigerregelung verschaffte dem diesjährigen Abi-Jahrgang vermutlich einen besseren Gesamtdurchschnitt.

Nur im Jahr 2019 war der Schnitt im Matheabitur in Bayern noch schlechter als 2021. Damals absolvierten die Schüler des G8 die Abiturprüfung im Fach mit 3,26. In diesem Jahr lag der Wert bei 3,17.

Schon 2019 hatte es viel Kritik von Mathe-Abiturienten wegen vermeintlich zu schwerer Aufgaben gegeben, auch damals hatten sich Zehntausende einer Online-Petition angeschlossen - so wie dieses Jahr auch. Geholfen hat das nicht.

Heuer galt die extra wegen der Coronapandemie eingeführte sogenannte Günstigerregelung für alle Abiturienten. Diese besagt, dass die Noten in der 12. Klasse nicht mehr schlechter gestuft werden konnten als im ersten Halbjahr der 11. Klasse - in dieser Zeit fand Unterricht noch unter Normalbedingungen statt. Die Günstigerregelung wird auch noch für den Abiturjahrgang 2021/22 angewendet.

"Mit dieser Regelung hat sich Herr Piazolo Ruhe erkauft", wird der bildungspolitischen Sprecher der FDP im Landtag, Matthias Fischbach, deutlich. Der Erlanger hat das Gefühl, dass das Kultusministerium etwas verschleiern will: Dass Bildungschancen in der Pandemie noch ungleicher verteilt wurden und die Kluft zwischen schwachen und starken Schulen noch weiter auseinanderklaffen wird.

Das denkt auch Fritz Schäffer, Leiter der Abteilung Schul- und Bildungspolitik im Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband BLLV: "Für Schülerinnen und Schüler, die gut mit der Herausforderung des Distanzunterrichts klargekommen sind, die gelernt haben, eigenverantwortlich zu lernen, die von zu Hause Unterstützung erfahren haben und die aufgrund ihres sozialen Hintergrundes über günstige räumliche und technische Voraussetzungen für digitalen Unterricht verfügen, gingen gut vorbereitet und fit ins Abitur."

Anders sähe es jedoch mit denen aus, die sich weniger gut selbst motivieren konnten, die über keine geeigneten technischen Geräte verfügten und nicht über Örtlichkeiten, in denen sie Ruhe und Konzentration arbeiten konnten.

Die Günstigerregelung sei in seiner Form schon in Ordnung. "Durch die Pandemie ist ein absoluter Sonderfall eingetreten. Da braucht es dann eben entsprechende Sonderregelungen", sagt Schäffer. Das größte Problem sei nicht die Regelung und dem daraus resultierenden besseren Notendurchschnitt. "Die Kehrseite der Medaille ist: Den vielen überdurchschnittlich guten Ergebnissen stehen nämlich, zumindest nach den bisher bekannten Ergebnissen, außergewöhnlich hohe Zahlen von Durchfallern gegenüber."

Mathe-Abi fällt in Mittelfranken am schlechtesten aus

Am 12. Juli ist die Frist verstrichen, an denen die Gymnasien die Notendurchschnitte in den einzelnen Fächern ans Ministerium übersenden mussten und konnten. Matthias Fischbach hat hierzu eine Anfrage gestellt und die Daten vom Ministerium erhalten.

Deutlich wird, dass die mittelfränkischen Abiturienten in diesem Jahr mit einem Durchschnitt von 3,30 das schlechteste Mathe-Abi geschrieben haben. Die weiteren Schlusslichter sind Oberfranken (3,27) und Niederbayern (3,21). Oberbayern Ost liegt mit 3,08 auf Platz 1, gefolgt von Oberbayern West und Schwaben mit jeweils 3,14.

Doch auch in den vergangenen Jahren liegt die Durchschnittsnote der Mittel- und Oberfranken im Mathe-Abitur immer über dem bayernweiten Schnitt. Beide Bezirken schieben sich das Schlusslicht hin und her.

Schweres Mathe-Abi? Mittelfranken ist Schlusslicht im bayerischen Durchschnitt

© NN/NZ

Für Fischbach wird deutlich, dass die Gründe tiefer liegen. Nur auf Androhung einer Verfassungsklage schickt ihm das Ministerium die Durchschnittsnoten aller mittelfränkischen Gymnasien für die Jahre 2018 bis 2020. Auch für 2021 hätte er nun gerne die Zahlen - die das Ministerium ihm nicht kurzfristig liefern konnte, als dieses Mathe-Abitur kürzlich im Bildungsausschuss debattiert worden ist. "Wenn wir genaue Daten über die Noten haben, könnten wir als Abgeordnete besser verstehen, was in den Schulen los ist", sagt der FDP-Politiker aus Erlangen. Man müsse analysieren, wo es vor Ort zu Problemen kam. "Nur so können wir vielleicht unterstützen und schauen, an was es mangelt. Ist die digitale Ausstattung zu schlecht oder mangelt es an anderen Stellen?"

"Unser Bildungssystem hat nicht unbedingt dazu beigetragen, dass sich das Lernen während der Pandemie im Kern verbessert hat", resümiert Fischbach. Auch das Zögern bei der Rückkehr in den Präsenzunterricht kann er nicht verstehen. "Nach Pfingsten wurden alle in den Sommer der Freiheit entlassen. Und die Schulen sind irgendwie im Corona-Winter hängengeblieben."

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