Siebenfaches Minus: Schulden-Explosion in Altdorf

18.4.2020, 15:09 Uhr
Siebenfaches Minus: Schulden-Explosion in Altdorf

Die Haushaltsberatungen in Altdorf stehen kurz vor dem Abschluss. Kämmerer Werner Reichelt hat deshalb dem Ferienausschuss des Altdorfer Stadtrats den aktuellen Stand der städtischen Finanzen erläutert und einen Ausblick auf die Entwicklung der kommenden Jahre gegeben. Die Schulden der Stadt werden bis 2023 massiv steigen - und in dieser Berechnung des Kämmerers sind die Einnahmeausfälle durch die Corona-Krise noch gar nicht berücksichtigt. Immerhin hatte Reichelt bei einer so schwierigen Perspektive auch eine positive Nachricht. Derzeit ist bei den größeren Vorhaben der Stadt, dem Kinderhortbau der AWO, der Dreifachturnhalle an der Grundschule und den Sozialwohnungen im Baugebiet an der Rascher Straße, kostenmäßig alles im grünen Bereich.

15 Millionen Euro für drei Bauprojekte

Allein für diese drei großen Bauvorhaben bewegt die Stadt insgesamt rund 15 Millionen Euro. Derzeit hat Altdorf 3,34 Millionen Schulden und Rücklagen in Höhe von 8,16 Millionen, steht also noch ganz gut da. Bis Ende des Jahres werden die Schulden auf 5,5 Millionen gestiegen sein, 2021 sollen sie laut Reichelt geringfügig zurück gehen auf 5 Millionen, gleichzeitig schmelzen die Rücklagen von über 8 auf 1,7 Millionen Ende 2021. Im Jahr 2022 steigen die städtischen Schulden dann auf 14,8 Millionen und im Jahr darauf auf fast 24 Millionen Euro an. Damit steigt der prognostizierte Schuldenstand der Stadt binnen dreier Jahre um mehr als das Siebenfache. Einnahmeminderungen durch die Corona-Krise sind in diese Schätzungen nicht aufgenommen.

Dabei sind deren Auswirkungen brutal. Angesichts einbrechender Einkommen- und Gewerbesteuereinnahmen wird es für die Stadt sicher schwierig, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen. Trotzdem bleiben die Stadträte zuversichtlich, dass es schon irgendwie zu stemmen ist. Insgesamt 76 Anträge zum Haushalt hatten die einzelnen Fraktionen eingebracht. Nach knapp vierstündiger Diskussion sattelten sie dann damit noch einmal rund zwei Millionen an Ausgaben auf den Planentwurf von Reichelt drauf.

"Den brauchen wir aber"

Dabei geht der Altdorfer Kämmerer für 2021 von einem Rückgang bei der Einkommensteuer um rund 15 Prozent und bei der Gewerbesteuer um 35 Prozent aus. Insgesamt würden den Altdorfern damit rund 4,3 Millionen Euro in der Kasse fehlen. Kann die Stadt so einen genehmigungsfähigen Haushalt aufstellen? Wohl eher nicht. "Den brauchen wir aber“, betont Horst Topp, Sprecher der Grünen. Was für die Stadträte aber nicht heißt, jetzt alle Schotten dicht zu machen und auf sämtliche Ausgaben zu verzichten, sondern im Gegenteil maßvoll zu planen. Das unterstrichen Thomas Dietz (FW/UNA) und Thomas Kramer (CSU). "Es gibt viele Maßnahmen, die wichtig sind, die gehören in den Haushalt“, sagt Kramer.

Stände Altdorf nicht besser da, wenn der Haushalt schon Anfang des Jahres verabschiedet worden wäre? "Nein“, sagt Bernd Eckstein (CSU), "wir hätten dann große Probleme“. Jetzt müsse die Stadt die neuen Rahmenbedingungen zur Kenntnis nehmen.

"Können mit Rücklagen einiges ausgleichen

Die sind in finanzieller Hinsicht zwar in der Tat gruselig. Andererseits gibt es ja aktuell noch Rücklagen in Höhe von über acht Millionen Euro. „Und damit können wir einiges ausgleichen“, sagt Bürgermeister Erich Odörfer. Peter Kellermann sieht das zwar auch, mahnt aber zur Vorsicht: Auf der Ausgabenseite müsse man jetzt kürzen und streichen. Aber nicht zu sehr, ist dabei die überwiegende Meinung der Stadträte. Ernst Bergmann (SPD) sieht Altdorf dabei nicht in einer Sondersituation, es geht ja allen Kommunen so. Deshalb sei er trotz der schwierigen Lage "verhalten positiv gestimmt“.

Und wie sieht es mit den von Reichelt prognostizierten Mindereinnahmen bei Einkommen- und Gewerbesteuer in Höhe von rund 4,3 Millionen Euro aus? Dabei handelt es sich ja nur um eine Schätzung für 2020. Reichelt hat sich an Schätzungen des Bayerischen Gemeindetags orientiert. Ein Worst-Case-Szenario vermutet Margit Kiessling (Grüne), die sich aber von Bürgermeister Odörfer eines Besseren belehren lassen musste. "Gerade bei der Gewerbesteuer gehen die Einnahmen dramatisch zurück.“ Deshalb seien die geschätzten 4,3 Millionen Mindereinnahmen eher noch optimistisch, klagt der Rathauschef.

Aber schon bei einem Minus von 4,3 Millionen könnte die Stadt ihre Tilgungen für Darlehen nicht mehr erwirtschaften, erläuterte Reichelt, Altdorf wäre über kurz oder lang bankrott. Wie also raus aus diesem Dilemma? Kürzen von Haushaltsansätzen und keine weiteren Ausgaben ohne Gegenfinanzierung wären das Gebot der Stunde. Dazu hatte Reichelt eine lange Liste von Kürzungsvorschlägen zusammen gestellt, die in Summe eine Einsparung von rund 641.000 Euro brächten. Kürzungen für den Straßenunterhalt und für den Unterhalt der Kläranlage nahmen die Stadträte aber wieder heraus, so dass am Ende Einsparungen von 440.000 Euro zu Buche standen. Diese Kürzungsliste hat der Ausschuss dann einstimmig beschlossen.

Info: Am Dienstag, 28. April, wird der Stadtrat den Haushalt für 2020 in öffentlicher Sitzung diskutieren. Beginn ist um 18.30 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses in der Röderstraße.

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