So meistern Nürnberger Buchhandlungen die Corona-Krise

16.11.2020, 05:24 Uhr
Die Beratung darf auch in Corona-Zeiten nicht zu kurz kommen. Manuela Mankus nimmt sich für ihre Kunden stets Zeit, damit sie gerne in ihre Buchhandlung Bücherwurm in Zerzabelshof kommen - und sie zufrieden wieder verlassen.

© Stefan Hippel Die Beratung darf auch in Corona-Zeiten nicht zu kurz kommen. Manuela Mankus nimmt sich für ihre Kunden stets Zeit, damit sie gerne in ihre Buchhandlung Bücherwurm in Zerzabelshof kommen - und sie zufrieden wieder verlassen.

Wie Renate Braun ging es sicherlich den meisten in der Branche. Als die Inhaberin der Buchhandlung Johannis im Frühjahr ihren Laden zuschließen musste, war sie zunächst völlig verunsichert. Der coronabedingte Lockdown weckte jedoch schnell ihren Kampfgeist. "Buchhändlern ist es zu allen Zeiten gelungen, Bücher unter die Leute zu bringen", sagte sich die 65-Jährige und wollte sich auf keinen Fall unterkriegen lassen.

Zunächst spielte sie den Lieferdienst und brachte den Kunden die gewünschte Literatur nach Hause. So lernte sie den Stadtteil St. Johannis noch einmal von einer ganz anderen Seite kennen. Gleichzeitig stellte sie fest, dass viele von weither kommen, um in ihrem Laden zu stöbern.

Dankbar ist sie vor allem auch dafür, dass sie in einem benachbarten Lotto-Laden Bücher für ihre Kunden hinterlegen konnte. Das habe toll funktioniert. Offene Rechnungen seien umgehend beglichen worden, die Kunden weiterhin treu. "Bis jetzt liegt mein Umsatz etwas über dem des Vorjahres", freut sich Braun. Ihr persönliches Engagement, betont sie jedoch, sei aber auch ungleich höher gewesen.

Sehnsucht nach guten Geschichten

Inwiefern aber haben sich die Lockdowns und die viele Zeit zu Hause auf das Leseverhalten ausgewirkt? "Es gibt eine Sehnsucht nach guten Geschichten und guter Unterhaltung", sagt Braun. Derzeit werde deutlich mehr Belletristik nachgefragt.


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Als ob es den Beweis anzutreten gelte, betritt gerade Stammkundin Gisela Schwelling den Laden. Zur Belletristik hatte sie nach eigener Aussage schon immer eine Affinität. Selbst wenn sie wenig Zeit habe, lese sie binnen drei Wochen stets mindestens 1000 bis 1200 Seiten. Den Lockdown habe sie allerdings vor allem dazu genutzt, um zu basteln und Freunden zu schreiben. Heute ist sie auf der Suche nach kleinen Weihnachtsgeschenken.

"Ich kaufe wie wild", gesteht derweil ein 36-Jähriger, der seinen Namen nicht öffentlich nennen möchte. Mindestens ein Buch verschlinge er pro Woche. Auch ihm hat es die Belletristik angetan. Bewusst suche er die kleinen Händler vor Ort auf, um nicht die riesige Online-Konkurrenz zu unterstützen.

Während des ersten Lockdowns hat sich der Germanist allerdings bewusst zurückgehalten. Die Zeit wollte er nutzen, um in seiner Privat-Bibliothek zu stöbern. Dort haben sich inzwischen so viele Bücher angesammelt, dass es Jahre dauern würde, sie alle zu bewältigen.

Leichte Kost bevorzugt

"Viele wollen etwas Leichtes. Etwas für die Seele, keine großen Probleme", sagt Rosemarie Reif-Ruppert. Die Inhaberin der Gostenhofer Buchhandlung hat den Eindruck, dass ihre Kunden vermehrt eine Lektüre suchen, die sie zum Lachen bringt. Krimi-Fans würden freilich auch weiter nicht auf Hochspannung verzichten wollen.

Leute, die gerne lesen, kaufen laut Reif-Ruppert derzeit noch mehr. Aber auch Neukunden würden sich umschauen. Wenn viele - ob am regulären Arbeitsplatz oder im Homeoffice - schon den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitzen, würden sie am Abend lieber ein gutes Buch in Händen halten, als erneut auf den Bildschirm starren zu müssen.

Seit 35 Jahren betreibt Renate Braun die Buchhandlung Johannis. Durch die Corona-Krise ist die grundsätzlich optimistische 65-Jährige bislang erstaunlich gut gekommen.

Seit 35 Jahren betreibt Renate Braun die Buchhandlung Johannis. Durch die Corona-Krise ist die grundsätzlich optimistische 65-Jährige bislang erstaunlich gut gekommen. © Stefan Hippel

Dass sich Versandriesen wie Amazon im ersten Lockdown wochenlang auf Produkte des täglichen Bedarfs beschränkt haben, sei auch Nürnberger Buchhandlungen mit eigenen Online-Shops zugute gekommen.

Veranstaltungen konnten zwar nicht wie gewohnt über die Bühne gehen, dank Online-Videokonferenzen waren Reif-Ruppert und ihre Kollegen aber in der Lage, den Kunden im heimischen Wohnzimmer wertvolle Lesetipps zu geben.

Persönlicher Kontakt wichtig

"Ich bin nicht so der Online-Mensch", sagt dagegen Manuela Mankus: "So gut wie nichts von unseren Veranstaltungen ist übrig geblieben." Die Inhaberin der Buchhandlung Bücherwurm in Zerzabelshof legt traditionell großen Wert auf die persönliche Begegnung. Normalerweise bietet sie monatlich Literatur- und Krimi-Kreise an. Auch Kinderlesungen und Kurse für kreatives Schreiben seien sehr gefragt. Ein Engagement, das ihr in diesem Jahr sogar eine Nominierung für den Deutschen Buchhandlungspreis einbrachte. Die 52-Jährige wartet schon gespannt darauf, über welchen Platz sie sich am Ende freuen darf.

 

 

 

Während des ersten Lockdowns konnte sich Mankus, die übrigens der Interessengemeinschaft der Geschäftsleute von Zabo vorsteht, voll auf die Hilfsbereitschaft ihres Nachbarn verlassen, der einen Dönerladen betreibt. Nachdem die 52-Jährige - wie Renate Braun - zunächst selbst Bücher ausgeliefert hat, bot er ihren Kunden die Gelegenheit, sich bestellten Lesestoff bei ihm abzuholen. "Eine Win-win-Situation", wie sie betont. Schließlich hätten nicht wenige Besucher gleich noch ein Mittagessen mitgenommen.

Über finanzielle Einbußen kann Mankus, die ein Faible für Romane und schwarzhumorige Krimis hat, demnach nicht klagen: "Ich hatte noch nie so ein Jahr wie dieses. Es war das beste seit der Eröffnung 1997."

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