Ständige Strahlung: Macht uns das Telefonieren krank?

21.10.2017, 05:45 Uhr
Egal, wo wir uns befinden: Das Handy ist heute alltäglicher Begleiter. Ob das langfristig ein Gesundheitsrisiko bedeutet, dafür gibt es noch keine unumstößlichen wissenschaftlichen Beweise.

© dpa Egal, wo wir uns befinden: Das Handy ist heute alltäglicher Begleiter. Ob das langfristig ein Gesundheitsrisiko bedeutet, dafür gibt es noch keine unumstößlichen wissenschaftlichen Beweise.

15 Jahre lang nutzte Roberto Romeo aus beruflichen Gründen täglich drei bis vier Stunden sein Handy. "Ich hatte keine Wahl und musste ständig telefonieren, von zu Hause aus, vom Auto aus", sagt der 57-Jährige, bei dem 2010 ein gutartiger Gehirntumor festgestellt worden war. Bei der Operation wurde auch sein Hörnerv entfernt, im April dieses Jahres hat ein italienisches Gericht die damit verbundene Erwerbsminderung als Folge häufigen beruflichen Telefonierens anerkannt und damit für eine Weltpremiere gesorgt. Zum ersten Mal wurde ein mutmaßlich durch Handy-Strahlung verursachtes Leiden als Berufskrankheit anerkannt.

Seit es Handys gibt, wird darüber diskutiert, ob uns ihre elektromagnetische Strahlung krank machen kann oder nicht. Verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen geben Hinweise darauf, andere widerlegen die Tumorgefahr. Immerhin gibt es aber Hinweise auf Risiken durch die übermäßige Nutzung von Mobiltelefonen. So hatte eine Studie der US-Regierung aus dem Jahr 2016 einen schwachen Zusammenhang zwischen Handy-Strahlen und dem Entstehen von zwei Tumorarten festgestellt. Im Jahr zuvor waren Forscher der Jacobs Universität in Bremen zu dem Schluss gekommen, dass elektromagnetische Strahlung – wie sie eben auch beim Telefonieren mit Handys entsteht – das Wachstum bereits vorhandener oder entstehender Tumore verstärkt.

Nur langfristige Studien sind aussagekräftig

Nahezu zeitgleich mit der Veröffentlichung der US-amerikanischen Forschungsergebnisse legten australische Wissenschaftler die Ergebnisse einer rund 30 Jahre laufenden Langzeitstudie vor, die keinen signifikanten Anstieg von Gehirntumoren in diesem Zeitraum auswies. Allerdings ist auch diese Untersuchung, für die das verpflichtende Krebsregister Australiens genutzt wurde, umstritten. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die oft extrem lange Latenzzeit von Tumoren hin, wirklich aussagekräftige Daten zu den Langzeitfolgen des mittlerweile massenhaften Gebrauchs von Mobiltelefonen könne es erst in einigen Jahren geben.


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Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Handys bereits 2011 in die Liste der Krebserreger aufgenommen, und für sogenannte Elektrosensible besteht überhaupt kein Zweifel, dass Handys krankmachen können. Nach einer Schätzung des Bundesamtes für Strahlenschutz reagieren zwischen sechs und neun Prozent der deutschen Bevölkerung mit körperlichen Symptomen wie Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen und schwankendem Blutdruck, wenn sie hochfrequenter Strahlung ausgesetzt sind.

Allerdings liefern die bisherigen Studien zu diesem Thema ebenfalls widersprüchliche Ergebnisse. Bei einigen Probanden traten die entsprechenden Symptome paradoxerweise bei der Abwesenheit von elektromagnetischen Feldern auf und nicht bei deren Anwesenheit.

Gleichwohl haben sich in Deutschland mittlerweile Hunderte von Bürgerinitiativen dem Kampf gegen Elektrosmog verschrieben.

Telefonieren aus dem Funkloch ist extra riskant

Wenn man gesundheitliche Risiken durch hochfrequente Strahlen fürchtet, ist paradoxerweise gerade ein Funkloch ein riskanter Ort – zumindest dann, wenn man auch dort sein Handy benutzen will. Um auch bei schlechtem Empfang die Verbindung aufrechtzuerhalten, senden Mobiltelefone dann nämlich mit erheblich höherer Leistung. In diesem Fall könnte man mit dem Schreiben einer SMS die Strahlenbelastung erheblich reduzieren, weil dann die Antenne des Geräts weiter vom Körper entfernt ist.


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