Supermarkt oder Kindergarten?

2.7.2011, 09:37 Uhr
Supermarkt oder Kindergarten?

© Kathrin Lewerenz

Die meisten Bürger müssen ihren Lebensmittelbedarf in den Nachbargemeinden decken. Am Ort gibt es außer einem Tante-Emma-Laden und einem Bäcker nur noch einen kleinen Drogeriemarkt. Der letzte Einkaufsmarkt schloss bereits vor zehn Jahren.

Grundstücke gäbe es schon. Aber jedes ist mit einem Haken versehen. Entweder ist es zu weit vom Ortskern entfernt, oder es liegt im Hochwasserschutzgebiet. Tatsächlich liegt der einzige Platz, der für den Bau eines Supermarktes in Frage kommt, neben dem historischen Rathaus an der Durchfahrtsstraße im Ortskern. Die CSU im Gemeinderat allerdings meldet Bedenken an: Sie befürchtet, der historische Ortskern mit der 1000-jährige Linde, der historischen Wehrkirche und anderen denkmalgeschützten Gebäuden könne leiden.

Auch der erste Bürgermeister Richard Schmidt von den Freien Wählern kann sich „Schöneres“ vorstellen: „Aber wenn der Bürger es so will, dann soll es mir recht sein.“ Doch ihm fehlt die Mehrheit im Gemeinderat. Die teilen sich CSU und ÖWG. Fakt ist: Die Kaufinteressenten, von denen es genug gab, wollten nur auf dem 7500 Quadratmeter großen Gelände neben dem Rathaus bauen — und nirgendwo anders.

Nach sechs Jahren Hickhack und Frust gründeten genervte Gemeindemitglieder die Bürgerinitiative „Einkaufsmarkt Effeltrich“. Kathrin Heimann, eine geborene Effeltricherin, kann nicht verstehen, warum der Einkaufsmarkt von der CSU blockiert wird: „90 Prozent der Bevölkerung sind für den Standort am Rathaus“, sagt sie und fügt hinzu: „Es gibt ja auch keinen anderen.“

Es macht sie sauer, dass die Gemeinde, nach Ablehnung verschiedener Interessenten wie etwa der Discounterkette Norma, das Grundstück selbst für eine Million Euro erwarb und sich so hoch verschuldete: „Und trotzdem war die Gemeinde mit einer Verkaufsklausel einverstanden, die den Verkauf nur gestattet, wenn er für soziale, wirtschaftliche oder kulturelle Zwecke genutzt wird!“ empört sich Kathrin Heimann. Kurze Zeit später beschloss der Gemeinderat gegen den erklärten Willen der Bürger, einen Kindergarten auf dem umstrittenen Bauplatz zu bauen, obwohl er an der Durchgangsstraße von 6000 Fahrzeugen täglich stark frequentiert ist.

Pünktlich zu Ostern kochte der Unmut der Bevölkerung über: Die Gemeinde erhielt ein Bürgerbegehren, mit der Forderung, auf dem Platz vor dem Rathaus einen Einkaufsmarkt zu realisieren. Innerhalb von zwölf Tagen unterschrieben 600 verärgerte Bürger. „Das entspricht einem Drittel der wahlberechtigten Gemeindemitglieder“, betont Kathrin Heimann von der Bürgerinitiative. Auch der erste Bürgermeister zeigt sich beeindruckt: „Sie hätten nur 200 Stimmen gebraucht“, bekennt er und fügt hinzu: „Ich bin der Meinung, das Bürgerbegehren ist rechtens.“ Doch die Mehrheit der Gemeinderäte schaltete trotzdem auf stur: Ende Mai wurde das Bürgerbegehren abgelehnt und für unzulässig erklärt.

Nun müssen die Richter entscheiden. Mitte Juni reichte die Bürgerinitiative mit Rückendeckung von Landrat Reinhard Glauber (FW) Klage beim Verwaltungsgericht Bayreuth gegen den abgelehnten Zulässigkeitsbescheid der Gemeinde Effeltrich ein. Um sicherzugehen, dass das Grundstück während des schwebenden Verfahrens nicht verkauft wird, wurde auf Betreiben der Bürgerinitiative beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Verfügung gegen die Verkaufsabsichten der Gemeinde erwirkt. Doch Bürgermeister Schmidt ist unglücklich: „Das gibt Feindschaften, die werden ewig dauern.“

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