Tauchen im Talerbad: Mit dem Rad auf Donalds Spuren

26.3.2016, 15:12 Uhr
Tauchen im Talerbad: Mit dem Rad auf Donalds Spuren

© Foto: Judith Weibrecht

Kawumm, die Beschilderung am Wegesrand schiebt sich mit Macht ins Bewusstsein: Schwarzenbach an der Saale? Fichtelgebirge? Kleinschloppen?

"Bei einem Bauern in Kleinschloppen ist ein Gänschen mit vier Beinen aus dem Ei geschlüpft!", las einst Donald Duck im "Entenhausener Tagblatt".

Kann es sein, dass es da um genau dieses Kleinschloppen ging? Ja, es kann! Denn im oberfränkischen Schwarzenbach an der Saale steht das Erika­Fuchs­Haus — und das nicht ohne Grund: Die 2005 verstorbene Erika Fuchs war die Übersetzerin der weltberühmten Donald­Duck­Comics. Die Namen der Orte, an denen sich der freche Enterich herumtrieb, entnahm sie ihrer realen Umgebung, dem Fichtelgebirge, genauso wie Namen von Geschäften, Cafés oder Ärzten.

Selbst wohnte sie in Schwarzenbach an der Saale, das sie als Schwarzenburg an der Saale in den Heften verewigte, und so ist es nur folgerichtig, dass Deutschlands erstes Comic-Museum genau dort steht.

Von 1951 bis 1988 war Fuchs Chefredakteurin der deutschen Micky-Maus-Hefte. Ihr Nachdichtungen sind legendär, sie war nie nur Übersetzerin, sondern vielmehr Gestalterin der unverwechselbaren Sprache in den Comics, die auch unsere Alltagssprache maßgeblich beeinflusste. So erfand sie durch Verkürzung auf den Verbstamm die Verbform des Inflektivs — ihr zu Ehren auch Erikativ genannt: "Grübel und studier!" Und sie gab eine Prise Lautmalereien ("Kawumm!" "Zosch!" "Peng!" "Bumm!" "Kracks!"), Kunstwörter, ausufernde Alliterationen, Sprüche und Zitate dazu.

Im Museum erfährt man, dass die Klassikerzitate daher rühren, dass die Nachdichterin eine äußerst gebildete Frau war. Der Comic-Zeichner Simon Schwartz gestaltete die Biografie Fuchs’ als mannshohe Illustrationen, die in einem Raum des Museums zum Schauen einladen: Die Grande Dame des deutschen Comics absolvierte einst ein Studium der Kunstgeschichte, Archäologie und mittelalterlichen Geschichte in Lausanne, München und London. Eine Frau von Welt also, die ihre Promotion über den Bildhauer Johann Michael Feichtmayr schrieb und ihres Mannes wegen nach Schwarzenbach an der Saale zog, der dort eine Ofenfabrik leitete. Potzblitz, was für ein Kaff!

Begehbares Entenhausen

Dort nahm sie dann Aufträge für Übersetzungen an. Das multimediale Museum bietet auf 600 Quadratmetern in sieben Räumen interaktive Elemente, um die Kunstform Comic zu erfahren: Das 130 Quadratmeter große, begehbare Entenhausen mit Talerbad steht gleich am Anfang des Rundgangs. Außerdem: eine Alliterations­Anreiz­Abteilung mit Buchstabenwürfel sowie ein onomatopoetisches Kabinett, in dem man selbst Entsprechungen für Geräusche erfinden und dann mit Fuchs’ Wortschöpfungen vergleichen kann.

Das Translatorium, der Gefühlsinterpret oder der Zitatwirbler laden außerdem zum spielerischen Lernen und zum Mitmachen ein. Auch eine Bibliothek mit Comics und Literatur darüber lädt zum Schmökern ein.

Die Donaldisten erforschen all dies auf wissenschaftliche Weise, wie Gerhard Severin betont: "Denn Entenhausen ist real existent, man weiß nur nicht, wo." Dazu gebe es verschiedene Theorien, unter anderem die, dass es ein Paralleluniversum ist. Die Schnittstelle dazu liege in Schwarzenbach. Donaldisten nennen sich die über 1000 Mitglieder der 1977 gegründeten "Deutschen Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus", kurz: "D.O.N.A.L.D." Severin, 2009 und 2010 "PräsidEnte" der Vereinigung, ist extra aus Ingolstadt nach Schwarzenbach an der Saale gezogen. Er ist Richter von Beruf und will als Rentner eine Promotion über das Entenhausener Rechtssystem schreiben.

"Ich studierte jahrelang die Grundlagen der Welt von Entenhausen. 1994 hatte ich zum ersten Mal die Zeitschrift 'Der Donaldist‘ in Händen", erzählt Severin. Im Laufe der Zeit habe er an die 3000 Figuren und Berge von Entenhausen-Literatur angehäuft. Die Sammlung wurde zu groß und er wollte sie der breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Diese gehört nach Schwarzenbach, dachte er sich, und der Bürgermeister des Ortes sah das genauso. Aus dieser Idee wurde dann das Erika-Fuchs-Haus.

DonaldOrte überall

"Ins Fichtelgebirge?", "Wo ist das überhaupt?" und "Warum willst du gerade da hin?" fragen Tick, Trick und Track Donald Duck in einem der berühmten Comics. Die Antwort ist leicht, denn grün und von Radwegen durchzogen ist das Fichtelgebirge — und vor allem: überall findet man Donald­Orte.

Auf einer etwa 50 Kilometer langen, hügeligen Rundtour um Schwarzenbach an der Saale kann man diese wunderbar miteinander verbinden. Vorbei geht’s auf der Tour am Schiedateich, der ebenfalls im Comic vorkommt. "Da ist der sogenannte Wackelstein", erklärt Donald Duck an anderer Stelle.

Die Route soll künftig ausgeschildert werden, derzeit sollte man aber noch eine Karte parat haben, wenn man diese Orte in der angegebenen Reihenfolge auf kaum befahrenen Nebenstraßen abradelt: Schwarzenbach an der Saale, Fattigau, Fletschenreuth, Posterlitzbach, Seulbitz, Förbau, Hallerstein, Großschloppen, Kleinschloppen, Kirchenlamitz, Niederlamitz, Wackelstein, Dörflas, Martinlamitz, Schwarzenbach an der Saale.

Ausklingen lassen kann man den Ausflug im Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach an der Saale, Bahnhofstraße 12. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr. Bis 29. Mai läuft noch die Ausstellung "Die Besten deutschen Comics — Max-und-Moritz-Preis 2014". Infos: www.erika-fuchs.de

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