Das Delfin-Dilemma

Tiergartenleiter Dag Encke erklärt: Deshalb sind im Nürnberger Delfinarium Delfinbabys gestorben

Carolin Heilig

Volontärin

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16.4.2024, 05:00 Uhr
Delfin-Legende Moby (gut erkennbar an dem weißen Fleck auf seiner Stirn) und Tiergartenleiter Dag Encke verbrachten einige Jahre gemeinsam im Nürnberger Tiergarten.

© Harald Sippel; Carina Kremer Delfin-Legende Moby (gut erkennbar an dem weißen Fleck auf seiner Stirn) und Tiergartenleiter Dag Encke verbrachten einige Jahre gemeinsam im Nürnberger Tiergarten.

„Rätselhafte Todesserie“, so titeln die Nürnberger Nachrichten im Jahr 2007. Es geht um Delfinkälber. In kurzer Zeit sterben damals im Nürnberger Tiergarten zahlreiche Delfinbabys. Die Umstände: meist ungeklärt.

Heute, Jahre später, gibt Tiergartenleiter Dag Encke zu: „Das war der Übermut eines Anfängers.“ Nachdem Encke 2005 zum Tiergartenleiter wird, möchte er Zuchterfolge im Delfinarium vorweisen. Dabei unterschätzt er, wie kompliziert Delfingeburten sind. Die Tiere und die Pfleger brauchen Pausen und eine gezielte Vorarbeit. Jede Geburt muss für sich minutiös vorbereitet werden. Und deshalb entscheidet Encke irgendwann: Das üben wir jetzt - und zwar mit einem Baby-Delfin aus Plastik. Und das zahlt sich tatsächlich aus.

Von Beginn an, seit Eröffnung des Delfinariums 1971, mit dabei ist auch Chefdelfintrainer Hans-Jürgen Klinckert. Er ging 2003 in Rente. Über die Anfänge der Delfinhaltung sagt er heute: „Was wussten wir denn? Wir wussten, dass Delfine im Wasser leben und dass die was zu fressen brauchen. Mehr wusste man nicht.“

Erster Delfin wird geboren – unter kuriosen Umständen

Und so kam es zu Szenen, die man aus heutiger Sicht kurios oder bedenklich nennen könnte. Wie beispielsweise die erste Delfin-Geburt im Nürnberger Tiergarten. Während einer Vorführung, erzählt Klinckert, mussten die Delfine an Land rutschen. Dabei sei ihm dann aufgefallen, dass bei einem Tier „hinten etwas raushing“. Klinckert erkannte sofort: Das Delfinweibchen war trächtig und aus ihr hing die Spitze einer Schwanzflosse. Zwei Stunden später kam ein kleines Delfinkalb zur Welt. Es überlebte nicht lange.

Hans-Jürgen Klinckert will immer nur das Beste für seine Tiere. Dass es an der Delfinhaltung laute Kritik gibt, die sich teilweise gegen ihn persönlich richtet, trifft ihn. Einmal habe ihn eine Jugendliche gefragt: „Herr Klinckert, was haben Ihnen die Tiere eigentlich getan, dass sie sie ihr Leben lang so quälen müssen?“

Dabei liegen ihm die Tiere am Herzen. Eine ganz besondere Bindung hat Klinckert zu Delfin-Legende Moby. Der große Tümmler lebte 47 Jahre lang im Nürnberger Tiergarten. Er kam 1971 als einer der ersten Delfine ins Delfinarium. Er war ein Wildfang aus dem Atlantik vor der Küste Floridas. „Der Moby, das war ja ganz was Besonderes. Er war von Anfang an souverän. So wie ich was von ihm wollte, wollte er was von mir. Und er war einfach schon zahm. Das war ganz schnell, dass man ihn überall anfassen konnte“, erinnert sich Klinckert an seinen Schützling.

Folge 1: Wildfang

In der ersten Podcast-Folge von „Das Delfin Dilemma“ geht es zurück zu den Anfängen des Nürnberger Delfinariums. Als noch niemand genau wusste, wie Haltung von Delfinen funktioniert – und viele Fehler gemacht wurden. Mittendrin: Delfin-Legende Moby. Die erste Folge heißt „Wildfang“ und ist jetzt zu hören – überall da, wo es Podcasts gibt.

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