Zusammenstoß mit anderem Zug

Tote bei Zugunglück in Tschechien: Auch Retter aus der Oberpfalz im Einsatz

4.8.2021, 16:03 Uhr
Rettungskräfte stehen an einem zerstörten Waggon. 

© Chaloupka Miroslav, dpa Rettungskräfte stehen an einem zerstörten Waggon. 

Bei einem schweren Zugunglück in Tschechien nahe der bayerischen Grenze sind drei Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Ein aus München kommender Expresszug stieß am Mittwoch frontal mit einem entgegenkommenden Regionalzug zusammen. Neben den beiden Lokführern - beide tschechische Staatsangehörige - kam nach Polizeiangaben eine Frau aus dem Regionaltriebwagen ums Leben.

Zehn Menschen seien mit schweren bis lebensgefährlichen Verletzungen in Krankenhäuser gebracht worden, sagte eine Sprecherin des Rettungsdienstes. Mehr als 30 Personen erlitten leichtere Verletzungen wie Schürfwunden und Prellungen. Vier Deutsche wurden zur weiteren Behandlung nach Bayern gebracht.

"Alles ist durch die Gegend geflogen"

Zu dem Unglück kam es auf einer eingleisigen Strecke bei Domazlice (Taus) im Südwesten des Landes. Verkehrsminister Karel Havlicek eilte an die Unglücksstelle. "Die Situation ist ernst", sagte er vor Ort. Er lobte die Reaktion der Rettungskräfte, die schnell mit Dutzenden Helfern und vier Hubschraubern am Ort gewesen seien.

Bilder machten die ungeheure Wucht des Aufpralls deutlich. Die Führerstände der Lokomotive und des Triebwagens wurden völlig zerstört und tief eingedrückt, ganze Waggons waren verzogen. "Plötzlich gab es einen furchtbaren Schlag und alles ist durch die Gegend geflogen", sagte ein Augenzeuge der Zeitung "Pravo". "Einfach schrecklich", meinte ein anderer.

Nach ersten Erkenntnissen habe der Expresszug München-Prag zunächst ein Langsamfahrt- und dann ein Haltesignal missachtet, erläuterte Verkehrsminister Havlicek. Er sei dann auf der eingleisigen Strecke mit dem entgegenkommenden Triebwagenzug kollidiert, der auf dem Weg von Pilsen (Plzen) nach Domazlice an der deutschen Grenze war.

Die offiziellen Ermittlungen zur Unfallursache dürften Monate in Anspruch nehmen. Auch ein technischer Defekt werde nicht ausgeschlossen, hieß es. Zu dem Zusammenstoß kam es bei dem Dorf Milavce. Viele der Fahrgäste mussten psychologisch betreut werden. Sie kamen in einem Gemeindehaus unter, bevor ihre Weiterreise organisiert werden konnte.

Retter aus der Oberpfalz im Einsatz

Einsatzkräfte des Bayerischen Roten Kreuz rückten nach Tschechien aus. Mehrere Einheiten aus dem Landkreis Cham in der Oberpfalz seien im Rahmen des grenzüberschreitenden Rettungsdienstes alarmiert worden, erklärt BRK-Sprecher Sohrab Taheri-Sohi. Sie hatten nur wenige Kilometer Anfahrt. Über 40 Einsatzkräfte halfen aus dem Freistaat - darunter Sanitäter und Notärzte. Zudem wurde eine Schnelleinsatzgruppe zur Behandlung und Sanitätseinsatzleitung an die Unglücksstelle geschickt. Tobias Muhr vom Bayerischen Roten Kreuz lobte die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. "Jeder weiß, was hier zu tun ist", sagte er dem BR-Fernsehen.

Der grenzüberschreitende Rettungsdienst wird seit geraumer Zeit massiv ausgebaut. "Hilfe am Menschen darf nicht an der Staatsgrenze Halt machen", sagt Taheri-Sohi. Gerade bei Großlagen wie dem Zugunglück bei Domazlice sei das wichtig. "Das hilft in einer solch dramatischen und auch anfänglich chaotischen Lage weiter." In Furth im Wald wurde dafür etwa ein Koordinierungszentrum aufgebaut, in dem 25 Rettungswachen aus acht grenznahen Landkreisen zusammenarbeiten.

"Es sind schreckliche Bilder"

Der verunglückte Zug war in München als "Alex" der Länderbahn gestartet. "Es sind schreckliche Bilder, die uns aus Tschechien erreichen", sagte Wolfgang Pollety, der Geschäftsführer der Länderbahn. Personal der tschechischen Staatsbahn Ceske Drahy (CD) hatte den Zug an der Grenze übernommen. Eisenbahnrechtlich habe der Zug daher in der Verantwortung der CD gestanden, hieß es.

Der Sachschaden geht nach ersten Schätzungen in die Millionen Euro. Die Strecke muss mindestens bis Freitagabend gesperrt bleiben. Seit Jahren wird über einen Ausbau der Bahnverbindung zwischen München und Prag gesprochen. Derzeit beträgt die Fahrzeit zwischen den beiden Städten, die nur knapp 300 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt sind, noch fast sechs Stunden.

Auf tschechischen Eisenbahnstrecken kommt es immer wieder zu Unfällen. Die Sicherheitstechnik gilt vielerorts als veraltet. Die Regierung hat ein Modernisierungsprogramm auf den Weg gebracht. Erst vor einem Jahr waren im Erzgebirge nahe der deutschen Grenze zwei Züge frontal zusammengestoßen. Dabei waren zwei Menschen gestorben, darunter ein Deutscher.

Die Regierung in Prag hatte daraufhin ein Modernisierungsprogramm für die Signaltechnik angekündigt. Das moderne europäische Zugsicherungssystem ETCS ist nach aktuellen Angaben erst auf rund 500 Kilometern des Streckennetzes installiert. Bis 2025 soll es zumindest auf allen Hauptkorridorstrecken vorhanden sein.

Hotlines für Angehörige eingerichtet

Die Hotline für Angehörige ist ab sofort unter der Telefonnummer 0961/401-5500 erreichbar.

Die Deutsche Bahn hat ebenfalls eine Hotline für Fahrgast- und Angehörigenfragen eingerichtet. Diese ist unter der Telefonnummer 0341/9135 4040 erreichbar.

Für Verwandte der Verletzten und Reisenden hat zudem die Feuerwehr der Pilsner Region eine Informationshotline eingerichtet. Diese ist unter der tschechischen Nummer 0042 0950 330 330 zu erreichen.


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