Überschätzte «Neue Mitte»?

25.5.2009, 00:00 Uhr

Müller hat alle Geschäfte in der Fürther Innenstadt abgeklappert und unter anderem nach Geschäftstyp, Größe und Sortiment katalogisiert. Zudem hat er die Nachfragesituation und die Kaufkraft in Fürth anhand valider Zahlen analysiert.

«Die Stadt Fürth führt die immergleichen Thesen für die Neue Mitte ins Feld: die Rückholung von 100 Millionen Euro abgeflossener Nachfrage und die Zunahme der Kaufkraft. Aber auf Nachfragen nach Spezifikationen für diese Behauptungen kommt nichts, eine belastbare Argumentation unterbleibt», begründet der Wirtschaftswissenschaftler seine Motivation. Die Ergebnisse seiner Forschungen liegen jetzt in Form einer 19-seitigen «Analyse des innerstädtischen Einzelhandels» der Stadt Fürth vor. Interessierte können die Studie in der Fürther Buchhandlung Jungkunz kaufen.

In Fürth arbeiten relativ wenige Fürther

Müller zeigt in seiner Untersuchung, dass die Dinge nicht ganz so einfach liegen, wie von der Stadt Fürth und dem portugiesischen Investor Sonae Sierra in der Vergangenheit dargestellt. Aus der Kaufkraftanalyse ergibt sich beispielsweise, dass die erwerbstätigen Fürtherinnen und Fürther überdurchschnittlich oft woanders ihr Geld verdienen. Von 42 004 Fürthern arbeiteten im Jahr 2007 nur 13 695, also lediglich 33 Prozent, in Fürth. Zum Vergleich: In Erlangen hatten zur selben Zeit 64 Prozent der Erwerbstätigen einen Job am Wohnort, in Nürnberg sogar 74 Prozent.

Die Folge ist, dass die auswärts Tätigen eben oft auch auswärts einkaufen, zumal gerade die hochqualifizierten Arbeitnehmer eher arbeitsplatz- als wohnortorientiert leben. Dazu kommt, dass die Fürther mit mittleren und höheren Einkommen eher im Speckgürtel wohnen, wo kleinere Einkaufszentren bereits Vollversorgung bieten. In der Innenstadt leben, anders als beispielsweise in Nürnberg, vorwiegend einkommensschwächere Menschen.

Aus diesen und anderen Gründen hält Müller ein zweites innerstädtisches Einkaufszentrum zusätzlich zum ohnehin seit langem kränkelnden City Center für wenig sinnvoll.

Es bleibt allerdings abzuwarten, ob ein von der Stadt Fürth bei der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Auftrag gegebenes Gutachten zu ähnlichen Ergebnissen kommt. Die Studie sollte inzwischen fertig sein, wurde aber bis dato von der Stadt noch nicht veröffentlicht. Thomas Nagel

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