US-Truppenabzug: Verlassen die Amerikaner Grafenwöhr?

7.6.2020, 17:36 Uhr
Dass Tausende US-Soldaten aus Grafenwöhr abziehen, will man vor Ort momentan noch nicht so recht glauben. Zu bedeutend ist der Truppenübungsplatz für die US-Armee, zu modern ist er ausgestattet, zu viel wurde zuletzt investiert.

© imago images/R. Wittek Dass Tausende US-Soldaten aus Grafenwöhr abziehen, will man vor Ort momentan noch nicht so recht glauben. Zu bedeutend ist der Truppenübungsplatz für die US-Armee, zu modern ist er ausgestattet, zu viel wurde zuletzt investiert.

Bürgermeister Edgar Knobloch mag nicht daran glauben, dass US-Soldaten schon bald zu Tausenden aus Grafenwöhr abziehen werden. "Was die hier in Jahrzehnten an Technik und Infrastruktur aufgebaut haben, das verlegt man nicht so schnell – auch nicht als US-Armee. Viele Amerikaner sagen, dass hier sei der modernste Truppenübungsplatz weltweit", meint er.

10.000 bis 12.000 US-Soldaten sind auf dem 233 Quadratkilometer großen Truppenübungsplatz in der Oberpfalz stationiert, etwa 30.000 Angehörige leben in der Umgebung. An die 3000 Arbeitsplätze für Einheimische gibt es bei der US-Army, viel amerikanisches Geld fließt in Wohnungen, Supermärkte oder Gastronomie der Umgebung.

Zuletzt eher Stärkung des Übungsplatzes

"Ich bin optimistisch, dass die Amerikaner hierbleiben. Aber es ist schon schade, dass es immer wieder Rückzugsdrohungen gibt. Das verunsichert die Arbeitskräfte und die Wirtschaft", sagt Knobloch.

Die Signale vor Ort würden eher auf eine Stärkung des Truppenübungsplatzes hindeuten, nicht nur von amerikanischer Seite. "Immer mehr Nato-Staaten üben hier im Verbund, das war früher nicht so", verdeutlicht Knobloch.
Zuletzt sei viel investiert worden, von neu verlegten Kabeln über neue Simulationszentren und Schießanlagen bis hin zu großen Wartungshallen und Waschplätzen für die Fahrzeuge. Ende 2018 wurde in Grafenwöhr das Hauptquartier der reaktivierten 41st Field Artillery Brigade installiert, die sich in dieser Woche den Medien bei einer Übung präsentieren wird.

"Hier werden in großem Maßstab computergestützte Übungen durchgeführt", erzählt Knobloch. In riesigen Gebäuden und auf gewaltigen Bildschirmen werden Übungen verfolgt, Szenarien entwickelt und Truppen im Gelände bewegt. "Dadurch ist es nicht mehr immer nötig zu schießen", sagt Knobloch.

Anfang 2021 soll zudem die neue Grundschule für 400 Schüler fertig sein, die gerade für 38 Millionen Dollar gebaut wird. Alles nicht gerade Investitionen in einen Abzug.

"Das hier sind die Kronjuwelen der US-Armee"

"Ich sehe das momentan gelassen", sagt Hans-Martin Schertl, Bürgermeister von Vilseck (Landkreis Amberg-Sulzbach) am Südrand des Übungsplatzes, wo sich das zweite große US-Lager befindet. "Da werden immer wieder Sprüche geklopft. Mit dem Abzug würde sich die US-Armee keinen Gefallen tun. Das hier sind die Kronjuwelen der US-Armee. Ich glaube nicht, dass die Militärs da mitspielen würden", meint er.

Als wahrscheinlicher gilt da schon ein Abzug der US-Hubschrauber aus Ansbach-Katterbach und Illesheim (Kreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim). Kein Wunder, dass die lärmgeplagte Bürgerinitiative "Etz langt’s" schon jubiliert und von einer Erweiterung der Hochschule auf dem Gelände in Katterbach und Freiraum für bezahlbare Wohnungen träumt. "Mit einem Abzug kann Ansbach einen Quantensprung machen – und das ganz ohne Flächenfraß", ist Sprecher Boris-André Meyer überzeugt.

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