VAG über neuen Fahrplan: "Wir greifen in Leben ein"

14.12.2020, 10:24 Uhr
"Es ist wie Halma spielen", sagt Norbert Müller, während er vor seinem 43-Zoll-Bildschirm sitzt. Etwa fünf Sonderfahrpläne konzipiert er im Schnitt pro Woche. 

© Michael Matejka "Es ist wie Halma spielen", sagt Norbert Müller, während er vor seinem 43-Zoll-Bildschirm sitzt. Etwa fünf Sonderfahrpläne konzipiert er im Schnitt pro Woche. 

Es ist ein auffällig großer Flachbildschirm, an dem Norbert Müller in seinem Büro sitzt. Die 43 Zoll sind aber auch nötig. Während Laien nur unzählige Linien erkennen, weiß der VAG-Sachbearbeiter für Fahr- und Dienstpläne ganz genau, wo er anzusetzen hat. "Es ist wie Halma spielen", sagt Müller. Die Linien erinnern an das beliebte Brettspiel. Es geht jedoch nicht darum, Figuren zu überspringen, sondern anhand der Zeit-Weg-Diagramme die Fahrten der U-Bahnen zu koordinieren. Innerhalb des Plans kommt es auf jede Sekunde an. Liegt ein Fehler vor, zeigt ihn das System sofort an. Dann muss Müller nachjustieren.

Während die breite Öffentlichkeit vor allem vom großen Fahrplanwechsel Mitte Dezember Kenntnis nimmt, stellt Müller das ganze Jahr über die verschiedensten Pläne auf. Bis zu fünf Sonderfahrpläne pro Woche bearbeitet er im Schnitt.

365 Fahrplanwechsel im Jahr

John Borchers ist der Chefplaner der VAG. Seit inzwischen 29 Jahren beschäftigt er sich damit, Fahrpläne zu erstellen.

John Borchers ist der Chefplaner der VAG. Seit inzwischen 29 Jahren beschäftigt er sich damit, Fahrpläne zu erstellen. © Michael Matejka

"Letztlich machen wir 365 Fahrplanwechsel im Jahr", erklärt VAG-Chefplaner John Borchers, der seit 29 Jahren an den Fahrplänen der VAG mitwirkt. Mal sind es von langer Hand geplante Großprojekte, mal führt eine neu eingerichtete Tempo-30-Zone zu Verzögerungen auf Buslinien, auf die es zu reagieren gilt.

Häufig bekommen Fahrgäste von Bauarbeiten kaum etwas mit, zum Beispiel wenn sie nach 21 Uhr oder sogar weit nach Betriebsschluss in den U-Bahn-Schächten vorgenommen werden. Einschränkungen lassen sich aber selten komplett vermeiden. "Ich sage immer, wenn der Baustellenfahrplan besser laufen würde als der normale, bräuchten wir den ja gar nicht", erklärt Norbert Müller.

Bekannte ziehen ihn gerne mal damit auf, wenn sie eine Anschlussfahrt, etwa am Rathenauplatz, knapp verpasst haben: "Was hast‘n da wieder gemacht?" Doch so sehr sich Müller auch bemüht: An jeder Haltestelle die ideale Umsteigemöglichkeit anzubieten, ist schlichtweg unmöglich.

Um den Kontakt nach draußen und zu den Kollegen auf den Linien nicht zu verlieren, kommt es Müller zugute, dass er nach wie vor regelmäßig selbst hinter dem Steuer sitzt. "Das macht mir auch immer noch Spaß", sagt er über die willkommene Abwechslung zum Büroalltag.

Kälte macht es schwerer

Der Fahrplanwechsel stellt aber nicht nur die Planer – und wenn es irgendwo hapern sollte – die Fahrer selbst vor Herausforderungen: Auch Thomas Kübler, der die Werbe- und Informationsabwicklung koordiniert, und sein Team haben richtig viel zu tun. Sie haben die Aufgabe, rund 2500 Haltestellen mit neuen Fahrplänen auszustatten. Und das binnen weniger Tage, schließlich soll der neue Plan nicht viel zu früh hängen, während noch der alte gilt.

Doch selbst wenn sich an den Abfahrtszeiten gar nichts ändern sollte, ist ein Austausch nötig. Denn die Witterungsverhältnisse – im Sommer knallt die Sonne drauf, im Winter macht der Frost zu schaffen – setzen dem Papier ganz schön zu. Nicht nur Thomas Kübler hält den Zeitpunkt des Fahrplanwechsels für alles andere als ideal. Der richtet sich allerdings nach dem der Deutschen Bahn. Daran dürfte sich so schnell nichts ändern. So müssen die Mitarbeiter wohl auch in Zukunft einige Fahrplankästen erst einmal freikratzen.

Die Stadt entscheidet

Neue Abfahrtszeiten hier, veränderte Routen dort: "Mit jeder Entscheidung greifen wir ins Leben der Menschen ein", sagt Borchers. Dabei handelt die VAG keineswegs eigenständig. Sie habe, so der Chefplaner, einen engen Draht zum Verkehrsplanungsamt, dem Bürgermeisteramt und weiteren Stellen. Letztlich entscheidet aber die Stadt darüber, wo wann und wie häufig gefahren wird – und wo vielleicht nicht mehr.

Manche Pläne liegen jahrelang in der Schublade. Andere werden bei passender Gelegenheit plötzlich hervorgeholt. "Man muss einen sehr langen Atem haben", stellt Borchers klar. Den beweisen die Nürnberger Planer stets aufs Neue.

Infos zu den Fahrplanänderungen finden Sie auf der Homepage vag.de unter Fahrplan. Unter start.vag.de können Sie die Abfahrtszeiten in Echtzeit nachvollziehen.

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